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Kommt jetzt doch Kickl?

Alexander Van der Bellen (FOTO: 123RF)

Der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen könnte nun doch FPÖ-Chef Herbert Kickl mit der Regierungsbildung betrauen.

Alexander Van der Bellen hat sich am Sonntagnachmittag zu Wort gemeldet.

Die Rede Van der Bellens war mit Spannung erwartet worden.

Denn nach dem endgültigen Scheitern der Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS und dem Rücktritt von Karl Nehammer (als Kanzler und als ÖVP-Chef) gibt es im Prinzip nur mehr zwei Möglichkeiten: Neuwahlen oder eine blau-schwarze Regierung.

Offenbar tendiert der Bundespräsident nun doch dazu, den Wahlsieger Herbert Kickl, den er einst als Innenminister entlassen hatte, mit der Bildung einer neuen Regierung zu betrauen.

Der österreichische Bundespräsident sagte am Sonntagnachmittag, in der Politik gebe es „immer wieder neue und unerwartete Situationen“.

Van der Bellen würdigte Karl Nehammers Arbeit als Bundeskanzler und kündigte an, er werde noch in dieser Woche einen interimistischen Regierungschef ernennen (das wird ein ÖVP-Minister oder eine ÖVP-Ministerin sein).

Der Bundespräsident sagte, er werde am Montag mit FPÖ-Chef Herbert Kickl ein Gespräch führen, dabei werde er auf die Einhaltung der Grundpfeiler der Demokratie achten. 

Andreas Babler, Karl Nehammer und Beate Meinl-Reisinger (Foto: FB/Reisinger)

Van der Bellens Worte wurden von politischen Beobachtern so interpretiert: Ja, er werde nun doch den Wahlsieger Kickl mit der Bildung einer Regierung betrauen, zuvor wolle er ihm aber noch ins Gewissen reden.

Der Bundespräsident sagte wörtlich:

„Die Stimmen, die eine Zusammenarbeit der ÖVP unter der FPÖ von Herbert Kickl ausschließen, sind leiser geworden. Daher habe ich Herbert Kickl angerufen und mit ihm vereinbart, am Montag um 11.00 Uhr zusammenzutreffen.“

Indes ist die Frage geklärt, war auf Karl Nehammer als ÖVP-Chef folgt.

Ex-Kanzler Sebastian Kurz hat ein Comeback vorerst ausgeschlossen – er wäre nur im Falle von Neuwahlen bereit gewesen, wieder in den Ring zu steigen, nicht aber als Vize von Herbert Kickl in einer blau-schwarzen Regierung, heißt es aus Kurz’ Umgebung.

Die ÖVP hat sich am Montagvormittag nach Nehammers angekündigtem Rücktritt auf Generalsekretär Christian Stocker als interimistischen Parteichef geeinigt. Sollte Alexander Van der Bellen tatsächlich Herbert Kickl mit der Regierungsbildung betrauen, wäre Stocker auch ein logischer Kandidat für das Amt des Vizekanzlers.

Wichtige Bauern- und Wirtschaftsvertreter innerhalb der ÖVP hatten von Beginn an mit einer FPÖ-ÖVP-Regierung kokettiert, weil ihre Anliegen in einer blau-schwarzen Regierung leichter voranzutreiben sind als in einer schwarz-roten Konstellation.

Neuwahlen will in Österreich außer den Blauen, die laut Umfragen auf 35,5 Prozent liegen, niemand.

Die ÖVP liegt derzeit in den Umfragen bei knapp 20 Prozent. Bei der Nationalratswahl im Oktober vergangenen Jahres waren es noch 26,3 Prozent.

Vor diesem Zahlen-Hintergrund ist für die ÖVP-Strategen eine Juniorpartnerschaft mit den Blauen offenbar das kleinere Übel als Neuwahlen.

Herbert Kickl (Foto: FB/Kickl)

Herbert Kickl postete am Samstag:

Statt Tempo bei der Regierungsbildung haben wir nun drei verlorene Monate, statt Stabilität haben wir Chaos.

Mit Nehammer sind auch Babler und Van der Bellen gescheitert. Sie waren die Architekten der Verlierer-Ampel und stehen nun vor den Trümmern ihrer Kickl-Verhinderungsstrategie.

Der Rücktritt Nehammers ist logisch, aber um vieles zu spät. Babler sollte ihm folgen.

Van der Bellen hat eine maßgebliche Mitverantwortung für das entstandene Chaos und die verlorene Zeit. Er ist nach den Ereignissen des heutigen Tages unter Zugzwang!“

Und am Sonntag, nachdem bekannt wurde, dass Alexander Van der Bellen am Ende wohl doch die Variante Blau-Schwarz wählt bzw. zulässt, postete Kickl auf Facebook:

„Liebe Österreicherinnen und Österreicher,
liebe Freunde!

So wie ganz viele Landsleute beobachte auch ich die aktuellen Entwicklungen und Stellungnahmen anderer Parteien und des Bundespräsidenten.

Manches scheint heute um einiges klarer zu sein als in den letzten Tagen, manches liegt noch im Ungewissen.

Festzuhalten ist jedenfalls, dass wir als FPÖ mit unserer Skepsis gegenüber dem Versuch des ,experimentellen Regierens‘ in Form einer Austro-Ampel Recht behalten haben. Uns trifft keine Verantwortung für verlorene Zeit, für chaotische Zustände und den enormen Vertrauensschaden, der entstanden ist. Im Gegenteil: Klar ist, dass die FPÖ der einzig stabile Faktor der österreichischen Innenpolitik war und ist.

Ich werde morgen vor diesem Hintergrund ein persönliches Gespräch mit dem Bundespräsidenten führen. Eine mediale Stellungnahme von mir über diese Zeilen hinaus wird es vor dieser Unterredung nicht geben. Ich denke, das ist die verantwortungsvolle Vorgangsweise in einem solchen Fall. Dafür ersuche ich um Verständnis.

Ich kann Euch allen versichern, dass die Maßgabe für jeden weiteren Schritt neben den bekannten inhaltlichen Schwerpunktsetzungen der FPÖ die Faktoren Ehrlichkeit, Klarheit, Berechenbarkeit, Stabilität und Glaubwürdigkeit sein werden.

Unsere allererste Verpflichtung besteht gegenüber unserer eigenen Bevölkerung. Es geht dabei um elementare Dinge wie ein leistbares Leben, die Anerkennung von Leistung, Gerechtigkeit, Sicherheit und Frieden, den Schutz unserer Heimat, Freiheit und eine gute Zukunftsperspektive für die kommenden Generationen. Dem ist alles unterzuordnen.

Ich bleibe bei dem, was ich immer gesagt habe: zuerst das Volk und dann der Kanzler.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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