Der Fall Bellenzier
Die Einleitung eines Hauptverfahrens gegen Urbanistik-Abteilungsdirektor Paolo Bellenzier bringt die Gemeinde Bozen unter Zugzwang. Sie muss in den nächsten Tagen über einen Entzug seiner Zuständigkeiten für das Bauwesen entscheiden.
von Thomas Vikoler
In der Abteilung für Raumplanung und Entwicklung der Gemeinde Bozen herrscht in diesen Tagen ein ziemliches Durcheinander. Das hat mit zwei Ereignissen zu tun: Anfang Dezember wurde Daniela Eisenstecken, Leiterin des Amtes für die Verwaltung des Gemeindegebiets, unter dem Vorwurf, einer kriminellen Vereinigung mafiösen Zuschnitts um die Unternehmer René Benko und Heinz Peter Hager anzugehören, verhaftet (sie befindet sich weiter im Hausarrest).
Und am 18. Dezember leitete Vorverhandlungsrichter Ivan Perathoner am Landesgericht ein Hauptverfahren gegen ihren Vorgesetzten Paolo Bellenzier, Leiter der Abteilung für Raumplanung und Entwicklung, ein.
Er wird verdächtigt, durch das Ausstellen einer teilweisen Benützungsgenehmigung für das Altstadtlokal Italia & Amore im Oktober 2017 gegen Strafrechtsartikel 319quater, der eine Unterform von Bestechung ahndet, verstoßen zu haben. Bellenzier hatte die Benützungsgenehmigung (zuvor war von einem Gemeindegeometer am Dach des Lokals eine nicht genehmigte Entlüftungsanlage und Verstöße gegen die Grenzabstände festgestellt worden) anstelle der abwesenden Amtsdirektorin Daniela Eisenstecken ausgestellt.
In derselben Verhandlung wurde dagegen das Verfahren gegen den mitbeschuldigten Werner Frick, in jener Zeit Büroleiter des Vizebürgermeisters, eingestellt. Frick war durch ein vom Richter angeordnetes graphologisches Gutachten entlastet worden.
Im Rathaus beschäftigt man sich seit der Einleitung des Prozesses gegen Bellinzier mit der Frage, wie rechtlich damit umzugehen sei. Denn laut einem Rundschreiben der staatlichen Antikorruptionsbehörde ANAC aus dem Jahre 2023 müssen leitende Beamte in einem derartigen Fall in ein anderes gleichrangiges Amt versetzt werden oder in den Wartestand treten. Möglich ist auch, den leitenden Beamten auf Abruf nach Hause zu schicken – bei vollem Gehalt.
Im Bozner Rathaus will man die zweiteren beiden Optionen auf jeden Fall vermeiden. Die Abteilung für Raumplanung und Entwicklung wäre dann nämlich führungslos, zumal auch die für die Baugenehmigungen zuständige Amtsdirektorin Eisenstecken fehlt.
„Die Rechtslage zu diesem Fall ist, wie so oft, nicht eindeutig“, sagt SVP-Vizebürgermeister Stephan Konder, der im Stadtrat für Urbanistik zuständig ist. Er muss in den nächsten Tagen gemeinsam mit Bürgermeister Renzo Caramaschi und Generalsekretär Antonio Travaglia eine Lösung zum Fall Bellenzier finden. Erwogen wird derzeit, dem Abteilungsdirektor die Zuständigkeit für das Bauwesen (nicht die für die Raumplanung) zu nehmen und einer anderen Abteilung zu überantworten.
Offenbar will man eine allzu rigide Maßnahme vermeiden, um sich nicht der Gefahr einer Schadensersatzklage des Betroffenen aussetzen. Der Fall von Kulturamtsleiterin Anna Vittorio hat in der Vergangenheit gezeigt, dass personalrechtliche Entscheidungen gut überlegt sein müssen. Die Gemeinde musste der Beamtin 100.000 Euro Schadensersatz zahlen.
Eines wird die Entscheidung der Stadtverwaltung zur aktuellen Causa auf jedem Fall zur Folge haben: Antragsteller müssen in Bozen länger auf Baukonzessionen warten als es sie ohnehin bereits tun.
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