Der Intrigantenstadel
Interessant ist an Bergers „Konklave“ nur das Ende. Sonst ist’s ein Film über Macht in der katholischen Kirche, nichts Neues also.
Von Renate Mumelter
Wie schon angedeutet, ist es das Ende, mit dem „Konklave“ punkten könnte. Bis dort sind allerdings120 Minuten im Schoß der Kirche durchzuhalten. Das wird dank Ralph Fiennes als Dekan Lawrence leichter. Auch die Bilder sorgen für Abwechslung. Sie sind aufwendig gemacht, wirken allerdings wie auf dem Reißbrett entworfen. Was ihnen fehlt, ist die Seele. Aber das war in Edward Bergers letztem Film „Im Westen nichts Neues“ auch so. Das ist offensichtlich Bergers aktuelle Filmsprache.
Die Filmsprache
Für „Im Westen nichts Neues“ bekam der österreichisch-schweizerische Regisseur 2023 vier Oscars (Film, Kamera, Musik, Szenenbild), diesmal ist er für seine Musik auf der Shortlist. Ebenfalls 2022 war Adrian Goigingers „Der Fuchs“ erschienen, der sich wie „Im Westen nichts Neues“ mit dem 1. Weltkrieg befasste, allerdings anders. Goiginger bekam zwar keine Oscars, dafür aber die Anerkennung des Publikums, weil er das Phänomen Krieg eindringlich erzählt ohne wilde Explosionen mit Blut zu benötigen. Diese gab’s bei Berger. Damals fehlte dem Film so etwas wie Seele. Und das Muster wiederholt sich in „Konklave“.
Konklave
Kardinäle aus aller Welt kommen im Vatikan zusammen, werden eingeschlossen und haben in zig Wahlgängen dafür zu sorgen, dass die katholische Kirche ein neues Oberhaupt bekommt. Der Ausgang dieser Wahl bestimmt, welche politische Richtung die Kurie einschlägt, ob sie stockkonservativ oder nur konservativ bleibt. Der Intrigantenstadel ist eröffnet und spielt sich zwischen marmornen Wänden und kolossalen Michelangelo-Fresken ab. Als Dekan muss Kardinal Lawrence (Ralph Fiennes) bei diesem Spektakel mit dem schwarzen und weißen Rauch Regie führen. Fiennes trägt den Film mit seinem zurückhaltenden Spiel.
Für das leibliche Wohl sorgen die Klosterfrauen, allen voran Schwester Agnes (Isabella Rossellini).
Plot, Garderobe, Geld
Der Plot beruht auf einem Roman von Robert Harris. Gedreht wurde in Cinecittà, wo sowohl die Sixtinische Kapelle als auch die Casa Marta, in der die Kardinäle während des Konklaves wohnen, nachgebaut wurde. Neben diesen Kulissen helfen die Farbinszenierungen beim Zuschauen. Kardinalsroben sind von Haus aus telegen, denn inszenieren konnte sich die Kirche schon immer. Das Rot und das Weiß dominieren, nur die Klosterfrauen huschen in unscheinbarem Graublau durch die Gänge.
Die Produktionskosten beliefen sich anscheinend auf 20 Millionen US-Dollar, eingespielt wurden bereits über 38 Millionen. Jetzt zur Weihnachtszeit wird der Film in Südtirol flächendeckend angeboten, ein katholisches Thema zu einem katholischen Fest.
Zwei Stunden lang geht es um Gott, in dessen Namen alles stattfindet und um Macht unter Männern. So etwas muss man erzählen wollen und man muss es anschauen wollen.
Alternativ dazu bieten die Kinos derzeit einen gottgleichen Sigmund Freud, in einer Diskussion über die Frage, ob es einen Gott überhaupt gibt, während in „The Room Next Door“ die Frage erörtert wird, ob Mensch selbstbestimmt sterben darf, auch eine Gottesfrage irgendwie.
Als definitiv weltlich, erholsam weltlich, empfehle ich nach wie vor „Diamanti“.
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