Weihnachtsfilm mit Rot
Ferzan Ozpeteks „Diamanti“ kommt rechtzeitig in die Kinos um in den Feiertagen große Gefühle zu bedienen.
Von Renate Mumelter
In der ersten halben Stunde saß ich unschlüssig im Saal: Gehen oder bleiben? – das war die Frage. Ich blieb, und nachdem ich mich an den Diamanti-Modus gewöhnt hatte, fiel das Bleiben gar nicht mehr schwer, obwohl der Film 134 Minuten lang und manchmal langsam ist, obwohl die Kamera herumschaut und herumfährt, obwohl die Musik gefühlsbetonend unterstreicht, und obwohl der Film in einem Ambiente spielt, das mich nicht sonderlich interessiert, in der Welt des schönen Scheins, genauer in einem Modeatelier, das auf höchstem kostümbilderischen Niveau für Film und Theater arbeitet. Frauen leiten es und Frauen arbeiten dort. Das war der springende Punkt für Ozpetek.
„Frauen sind die tragende Säule der Gesellschaft“, sagt er und betont, dass er die Welt der Frauen erkunden will.
Le attrici
Ozpetek bringt eine geballte Ladung Frauen aufs Set, fast alles, was die italienische Schauspielkunst zu bieten hat. Es gibt 18 Hauptdarstellerinnen und ein paar ansehnliche Männer in Nebenrollen. Neben Jasmine Trinca und Luisa Ranieri spielen Sara Bosi, Loredana Cannata, Geppi Cucciari, Anna Ferzetti, Aurora Giovinazzo, Nicole Grimaudo, Milena Mancini, Paola Minaccioni, Elena Sofia Ricci, Lunetta Savino, Vanessa Scalera, Carla Signoris, Kasia Smutniak, Mara Venier, Giselda Volodi und Milena Vukotic.
All diese Frauen achten dem Ambiente entsprechend auf ihr Äußeres, sind gut gekleidet und üppig geschminkt – bis auf eine. Die trägt eine Kittelschürze, hat schlaffere Haut und sorgt für das leibliche Wohl im Atelier. Es ist die fürsorgliche Köchin Silvana, die einst Tänzerin war. Verkörpert wird sie von Mara Venier, einer italienischen Ikone des Showbusiness
Zum Promoten des Films hat Venier Regisseur Ozpetek Anfang Dezember in ihre Sendung „Domenica in“ eingeladen.
Ozpetek
ist zu Beginn selbst im Bild, sitzt mit dem Darstellerinnen in einem Sommergarten beim Essen und bespricht das Projekt, das in den 1970er Jahren spielen soll. Er verteilt Drehbücher, die Frauen vertiefen sich darin und das Geschehen kommt ins Jahr 1974, wechselt ins Atelier und bleibt bis auf ein paar Ausflüge in das Zuhause der einen oder anderen Mitarbeiterin dort. In diesen Home-Szenen gibt es die Geschichten abseits der Schneiderei, den schlagenden Mann z.B. oder einen depressiven Sohn. Zwischen den Frauen gibt es Freud und Leid und es gibt Hierarchien, aber alles nicht so schlimm, scheint’s.
„Diamanti“ hat das Zeug, ein richtiger Weihnachtsrenner zu werden, gut gespielt, opulent und farbig inszeniert, mit starken Gefühlen und viel „canzone“. Die in Italien sehr bekannte Giorgia lieferte den Titelsong.
Ob sich der Film auch im deutschen Sprachraum durchsetzen könnte, wage ich zu bezweifeln. Unsereins kann sich, volendo, jedenfalls entspannt hineinsetzen und zwei Stunden zuschauen, wohl wissend, dass Schönheit nicht alles ist.
Maura Delperos
„Vermiglio“-Erfolg wurde bereits ausführlich kommentiert. Dem ist nichts hinzuzufügen außer die Beobachtung, dass sich Südtirol wieder einmal als Nabel der Welt wähnt. Erwähnung verdient auch der Bergklischee-Sager von Rai-Cinema-CEO Paolo Del Brocco: „La gente di montagna sa che per arrivare in cima è importante fare un passo dietro l’altro e Maura Delpero sta compiendo la sua bellissima scalata verso il grande palcoscenico internazionale“.
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