Die Brettljause
Nun ist Südtirols Landespolitik auch mit „friendly fire“ aus dem Vaterland konfrontiert. Dokumente legen nahe, dass LH Arno Kompatscher in Sachen WaltherPark möglicherweise doch nicht neutraler war als die Schweiz.
von Artur Oberhofer
Der mediale Zwischenruf aus dem Vaterland ist politisch interessant.
Die „Kronen-Zeitung“ titelte am Mittwoch: Im Fall Hager-Benko würden auch „zwei Landeshauptleute mitten drin“ hängen. Und das Magazin „News“ legte noch einen Scheit drauf: „Mafia-Ermittlungen: Benkos Italo-Connection.“
Den beiden Austro-Medien liegen Unterlagen aus den Jahren 2013 bis 2018 vor, die im Lichte des jetzt geplatzten Hager-Benko-Skandals eine neue Bedeutung bekommen könnten. Oder auch nicht.
Es geht in diesen Artikeln um die Anfangsphase des Projektes „WaltherPark“, wie es jetzt heißt.
Laut „Kronen-Zeitung“ und „News“ habe Heinz Peter Hager Ende Februar 2013 den Signa-Mastermind Benko darüber informiert, dass er mit dem damaligen Südtiroler Landeshauptmann Luis Durnwalder über das Projekt gesprochen und ein durchwegs positives Feedback bekommen habe: Hager habe an Benko berichtet: „Er wird es nicht verhindern, sondern unterstützen. Er hat mir auch einige Tipps zum Genehmigungsprozess gegeben.“
Am 5. April 2013 habe ein persönliches Treffen zwischen Benko, Heinz Peter Hager und Luis Durnwalder im Benko-Kalender gestanden.
Das Kalkül: Noch-LH Durnwalder sollte dem Kaufhaus-Projekt weiterhin gewogen bleiben und sich später, nach seinem Abschied aus der Politik, sogar für eine Werbetour mit Benko durch Bozen zur Verfügung stellen. „Ein Akt der Loyalität, für den sich Benko und Hager gegenüber dem alten Landeschef offenbar mit einer exklusiven Jagdeinladung bedanken wollten“, schreibt die „Krone“, die aus einer E-Mail von Hager an Benko zitiert:
„Hab mit LUIS geredet. Es ginge ihm am So 24-Mo 25.9 für den Hirsch (23.9 hat er übrigens Geburtstag)“.
Immer an jenem April-Tag im Jahr 2013 sei das Projekt nicht nur dem amtierenden LH Durnwalder, sondern danach auch dem damaligen Bozner Bürgermeister Luigi Spagnolli präsentiert worden.
Am Vormittag sollen Hager und Benko zuerst mit Bürgermeister Spagnolli die „Großwetterlage“ besprochen haben. Für 12.30 Uhr waren Hager und Benko – laut einer der „Krone“vorliegenden Tagesordnung – auf einen „Aperitif mit Dr. Arno Kompatscher, dem voraussichtlich neuen Landeshauptmann“, in einer Bar im Bozner Zentrum verabredet.
Die von „News“ und „Krone“ herausgearbeitete These: Der Austausch zwischen Hager & Co. mit dem aktuellen Landeshauptmann sei „nicht minder intensiv“ (so „News“) gewesen als der mit dessen Vorgänger Durnwalder.
Am 10. September 2014 sei es nämlich zu einer Brettljause auf dem Anwesen des Benko-Investors Hans Peter Haselsteiner in Bozen gekommen. Neben Heinz Peter Hager, René Benko und Signa-Aufsichtsratschef Alfred Gusenbauer soll auch LH Kompatscher zugegen gewesen sein.
Am 25. März 2015 schrieb Heinz Peter Hager an René Benko:
„Hatte am Mo den 23.3.15 eine längere Aussprache mit Citymanager Ing M. (steht wohl für Helmuth Moroder, Anm. d. R.) u BM Gigi Spagnolli zu Projekt Kaufhaus BZ-KHB (…) Fakt ist, dass der BM Angst hat,die Ratifizierung des KHB noch vor den Wahlen in den Gemeinderat zu bringen u es eindeutig vorzieht, dies gleich nach den Wahlen mit dem neuen Gemeinderat zu machen, da er davon ausgeht, dass er dann mächtiger u unangreifbarer als derzeit ist. Infolge werden für uns die Gemeinderatswahlen, die am 10.5.15 stattfinden werden, noch wichtiger u Robert L (PR-Chef der Signa-Gruppe, Anm. d. R.) wird am 31.3.15 diesbezüglich in Bozen sein um mit uns die Strategie u das Bdg für den Wahlkampf u die Kommunikationsstrategie bis Mitte Juni zu erarbeiten.“
„News“ und „Krone“ rätseln jetzt: Sei mit der Abkürzung „Bdg“ etwa „Budget“ gemeint gewesen?
Von Ex-BM Spagnolli wird in den Dokumenten der Satz kolportiert: Der Benko sei „für uns zur richtigen Zeit vom Himmel gefallen“.
Gegenüber der TAGESZEITUNG sagte Spagnolli: „Der morbide Versuch der ,Kronen‘-Zeitung, die vermutlich dahinterstehenden zwischenpersönlichen Beziehungen negativ darzustellen, ändert nichts an der Tatsache, dass die Stadt Bozen viele Vorteile von den Signa-Initiativen begkommen hat.“ Das Projekt habe 70 Millionen Euro in die Gemeinde-Kassen gespült, die Entscheidung der Gemeinde sei daher begründet gewesen, so der nunmehrige Senator.
War Arno Kompatscher in Sachen WaltherPark tatsächlich neutraler wie die Schweiz, wie er jetzt, nach Hagers „Fall“, selbst gebetsmühlenartig betont?
Die „Krone“ zitiert aus einer E-Mail Heinz Peter Hagers an Arno Kompatscher vom 9. Juni 2015.
Hager schrieb an den „lieben Arno“, dass es sich „hier nicht mehr um ein Bozner Projekt, sondern um ein Projekt, das auch von landesweiter Bedeutung ist, handelt. […] die politische Vorgangsweise im Fall Benko wird auch Zeichen dafür sein, ob weiterhin ein paar Bremser der alten Garde in Südtirol, wenn es darauf ankommt, alles blockieren können oder ob in Südtirol die neue Politik der Erneuerung greift. Ich wäre dir sehr verbunden, wenn Du in deinen vielen Funktionen vor allem aufgrund der landesweiten Bedeutung der Vorgangsweise im Projekt Benko mit dem Verhandlungsführer der SVP BZ Dieter Steger vorstehende Punkte besprechen konntest, wobei ich jederzeit für eine konstruktive Aussprache zur Verfügung stehe.“
Einen Tag später habe sich der Südtiroler Landeshauptmann persönlich bei Hager gemeldet:
„Werde mit Dieter Steger reden und ihn auffordern, sich zurückzuhalten (mehr kann ich von ihm nicht verlangen) – werde auch versuchen, Gigi (Spagnolli) klar zu machen. Welches Risiko er eingeht, wenn er das Projekt in Frage stellt.“
Hager habe seine Mail an den Landeshauptmann nicht nur an Benko weitergeleitet, sondern auch an Falkensteiner-Chef Otmar Michaeler und an den – laut „Krone¶“ – „exzellent vernetzten“ Bürgermeister von St. Lorenzen, Martin Ausserdorfer.
Letzterer meldete sich einen Tag später bei Hager:
„Hallo Heinz, habe heute früh mit Arno gesprochen und ihm meine Position mitgeteilt. Er hat mir versichert, dass er seinen Beitrag dazu leisten wird! Hoffen wir das Beste.“
Gegenüber der TAGESZEITUNG sagte Martin Ausserdorfer: „Ich habe immer eine positive Haltung zum Kaufhaus Bozen gehabt. Von 2007 an, als ich häufiger in Bozen war, habe ich gesehen, wie sehr die Lebensqualität und auch Sicherheit in diesem Viertel abgenommen hatte. Im Vergleich dazu das blühende Innsbruck mit dem Kaufhaus Tirol. Von 2015 bis heute hat sich meine Sichtweise zum Projekt nicht geändert, ich finde es eine Aufwertung für Bozen, das habe ich damals und heute zu allen gesagt. Operative Rolle oder irgendwelche Aufgaben hierzu hatte ich nie. Abgesehen davon glaube ich nicht, dass meine Meinung jene des LH beeinflusst bzw. hat sich dieser im Laufe der Jahre von niemandem beeinflussen lassen, was ihm viele immer wieder verübelt haben.“
Im Jahr 2016 wurde das Projekt „Kaufhaus Bozen“ mit einer Mehrheit der Bozner Einwohner im Rahmen einer Volksbefragung endgültig auf Schiene gebracht.
Kurz nach dem Entscheid, im August 2016, war laut „Krone“ auf Hagers Bauernhof in Eppan ein Abendessen in geselliger Runde geplant.
Dazu geladen: Benko, LH Kompatscher – und Österreichs Außenminister Sebastian Kurz.
Ähnliche Artikel
Kommentare (14)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.
brutus
Naja, …übliches Geschleime gegenüber entscheidungsrelevanten Politikern!
…da müssten andere Indizien auf den Tisch kommen, um etwas loszutreten!
…bis hierher nur „zuckersüßes“ Geplänkel!
criticus
Wie die „Benko-Gang“ in Bozen vorgegangen ist, ist wohl überall auf der Welt zu sehen. Schauen wir doch einmal in den übrigen Gemeinden Südtirols. Dort kamen oder kommen auch immer die „Üblichen“ schneller zum Zug. Baumeister oder Architekten die den Politikern nicht gut gesinnt sind, kommen in die Warteschlange. Eines ist sicher, in Bozen muss es weitergehen, so oder so. Die geplanten sowie ausgeführten Projekte sind ja für Bozen gut. Nicht gut ist, wenn alles nur „Einer“ macht. Ein Stillstand beim Bauen wäre für Bozen fatal.
andreas
Bei Strache mussten die Deutschen den Fall publik machen, bei Benko greifen die Össis auf die Ermittlungen der Italiener zurück.
Die 4. Gewalt scheint im Vaterland Knolls erst dann zu funktionieren, wenn andere es schon längst publiziert haben und die Ermittler der Össis scheinen im Fall Benko auch nicht wirklich weiter zu kommen bzw. zahlt Mama immer pünktlich die über 200.000 Euro monatliche Miete für den auf die schiefe Bahn geratenen Filius, welcher sich mit dem Geld Haselsteiners oder Kühnes einen ausschweifenden Lebensstil gönnt.
Gut, beide haben genug Geld und können es verkraften, die halbe Milliarde Kühnes merkt der gar nicht. .
Warum sich hier alle etwas tolpatschig angestellt und manches über Mail oder telefonisch mitgeteilt haben, was eigentlich niemals über solche Kanale laufen sollte, ist mir ein Rätsel.
Dass der LH sich schon vor der Wahl so exponiert hat und Einladungen von Wirtschaftsvertretern angenommen hat, war reichlich naiv oder dumm.
Und ein Hirsch scheint beim Pfalzner Wunder zu wirken…..
Jedenfalls eine amüsante Geschichte, welche noch für eine Weile für Unterhaltung sorgt.
Unerwartet ist das Ganze nicht wirklich, höchstens dass auch dieser Martin Ausserdorfer involviert ist, der Typ, welche bei Corona Jugendliche fotografiert und das Bild publiziert hat.
Wäre nicht überrascht, wenn der annehmen würde, dass er der geeignete Landeshauptmannkandidat wäre.
Unabhängig davon, wie schuldig oder unschuldig der LH ist, seine Glaubwürdigkeit ist dahin.
Aber wenn es so weitergeht, bekommen sie vielleicht doch 4 Polit- und Wirtschaftsgrößen zusammen, um im Knast wenigstens Blindwatten spielen zu können. 🙂
heracleummantegazziani
Die kolportierten Aussagen bzw. Mails erhärten aber genau das, was interessant wäre nicht, nämlich die Vermutung, dass sich die Betroffenen ungesetzlicher Handungen schuldig gemächt hätten. Ich denke wenn ein Medium Handfestes zu den Hintergründen dieser Machenschaften hätte, diese auch veröffentlichen würde. Zumal das Ermittlungsgeheimnis schon dahin ist. Ich glaube auch, dass am Ende wenig von den Anschuldigungen übrig bleiben wird. Berlusconi docet und der hat es wirklich brutal getrieben.
meintag
Wieso fällt mir bei Durnwalder und Kaufhaus eigentlich ein Anderes Richtung Frangart ein?
gulli
Wer einmal lügt dem glaubt man nicht und wenn er/sie auch die Wahrheit spricht.
asd
Bei allen größeren Projekten unterhalten sich Beteiligte in irgendeiner Form über Strategie und Vorgangsweise. Dass man sich da auch mal trifft ist auch normal. Niemand konnte wissen, was irgendwann mit Benko passiert.
Die meisten waren wohl für Fortschritt und Aufwertung der Stadt. Das kann man niemanden verübeln, wenn man sich bestimmte Orte in Bozen angesehen hat, wo es bereits Kriminalität gab.
Es wäre sicher eine Aufwertung der Stadt gewesen, weil heruntergekommener könnten bestimmte Orte auch bez. Sicherheit, Drogenhandel und aggressiven Aktionen dort nicht sein.
tommmi
In wahrscheinlich jeder Südtiroler Gemeinde treffen sich vor Gemeinderatssitzung oder anderen Sitzungen die jeweiligen Gegner oder Befürworter der Projekte um abzusprechen ob sie dafür oder dagegen sind, das hier ist halt eine Größe die Südtiroler nicht kennen,ansonsten diesselbe vorgangsweise
robby
Mir muss jemand erklären was an den obengenannten Aufdeckungen strafrelevant sein soll. Das ist doch reine Wichtigmacherei einiger kleiner Journalisten.
heracleummantegazziani
Zu Klicks und einer Vorverurteilung reicht es. Ob die Vermutung dann wirklich eine Verurteilung nach sich ziehen, ist den meisten vollkommen egal. Dann erscheint eine kleine Richtigstellung auf Seite 35 unten irgendwo, zwischen Werbeanzeigen und Wandertipps. Obwohl das Presserecht eigentlich anderes vorsehen würde.
kirchhoff
Respekt TZ, sie sind der legitime SPIEGEL in Südtirol und verschaffen so manchem involvierten jetzt kopf- und schlaflose Nächte – gut so,, dran bleiben!
andreas
Nicht wirklich, er hat von der Krone abgeschrieben. 😉
bettina75
Ietz werds a wie zenge für den Herrn Londeshauptmonn, tat i meinen.
pingoballino1955
Bettina, ollerdings!!!!