Du befindest dich hier: Home » News » „Erdrückende Hürden“

„Erdrückende Hürden“

Der lvh fordert einen Abbau der zunehmenden und vor allem für kleinere Betriebe existenzbedrohenden Bürokratie. Die in einem Dokument zusammengefassten Verbesserungsvorschläge sollen den Entscheidungsträgern übergeben werden.

von Sandra Fresenius

Bürokratische Hürden erdrücken den Alltag der Handwerks- und Dienstleistungsunternehmen. Überbordende administrative Prozesse und eine Flut an Dokumentationspflichten werden vor allem für Kleinbetriebe zur existenziellen Bedrohung. Aber auch Neugründungen, die als lebenswichtiges Rückgrat für wirtschaftliche Erneuerung und Zukunftsfähigkeit gelten, werden durch diese scheinbar unüberwindbaren Barrieren im Keim erstickt.

„Mit etwa 50.000 Beschäftigten, darunter 4.000 Auszubildenden in 112 Lehrberufen, und einem Umsatz von fünf Milliarden Euro pro Jahr, tragen unsere Betriebe erheblich zur Wertschöpfung bei. Doch zu komplexe administrative Anforderungen und Dokumentationspflichten werden für viele Kleinbetriebe zu einer Existenzfrage“, stellt Martin Haller, Präsident des Wirtschaftsverbandes für Handwerk und Dienstleister (lvh) fest. Trotz guter Konjunktur – mit Ausnahme des Bausektors – würde die Übergabe der Betriebe an die folgende Generation immer öfter an deren großer Befürchtung hinsichtlich der ausufernden Bürokratie scheitern. Den Mitarbeitern ginge es in erster Linie um ihr Handwerk und darum für den Kunden etwas zu gestalten, statt immer mehr Zeit in die Auseinandersetzung mit bürokratischen Anforderungen zu investieren. „Vor allem kleine Betriebe können es sich nicht leisten, ihre Mitarbeiter für administrative Tätigkeiten abzustellen“, meint Haller. In Durchschnitt arbeiten 3,3 Mitarbeiter in den Betrieben Südtirols.

Nun hat der lvh in Zusammenarbeit mit seinen Mitgliedern zahlreiche bürokratische Belastungen gesammelt, analysiert, auf Verbesserungsmöglichkeiten hin geprüft, praxisnahe Vorschläge formuliert und anschließend in einem Dokument zusammengefasst, welches den verantwortlichen Entscheidungsträgern auf den verschiedenen Ebenen übergeben werden soll. „Bevor Gesetze umgesetzt werden, müssen ihre praktischen Auswirkungen überprüft werden. Die Politik muss sich verpflichten in Form eines Praxischecks, die bürokratischen Auswirkungen neuer Regelungen im Vorfeld zu bewerten, denn die Entlastung der Unternehmen ist eine Investition in die Zukunft unseres Wirtschaftsstandortes und darüber hinaus bringt Bürokratie für die Gesellschaft keinen Mehrwert“, so der lvh-Präsident.

Da auf der anderen Seite weniger Bürokratie mehr Spielraum für Innovationen lassen würde, hat der Verband das Thema Bürokratieabbau für 2024 priorisiert. Walter Pöhl, lvh-Direktor, präsentiert konkrete Beispiele, wie Bürokratie die tägliche Arbeit der Betriebe erschwert. So soll seit 2020 die Angemessenheitsbescheinigung für Baustellen, die sogenannte Durc di congruità, überprüfen, dass die Zahl der auf einer Baustelle gemeldeten Arbeitnehmer in einem angemessenen Verhältnis zu dem dem Unternehmen übertragenen Auftrag stehen, um das Phänomen der nicht angemeldeten und illegalen Arbeit zu bekämpfen. Obwohl dieses Ziel durchaus lobenswert sei, hätte die Vorschrift tatsächlich jedoch zu einem bürokratischen Mehraufwand für Unternehmen beigetragen, weil diese nicht nur jede Arbeitsstunde ihrer eigenen Mitarbeiter auf den verschiedenen Baustellen in das betreffende Portal eintragen müssten, sondern darüber hinaus auch diejenigen der Mitarbeiter ihrer Subunternehmer, weiß der lvh-Direktor. Diese Regelung, so die formulierte Forderung, muss aufgehoben werden oder zumindest soll der Schwellenwert, unter welchem die Eintragungspflicht nicht gilt, für kleine oder mittlere Unternehmen auf 150.000 Euro bei Bauvorhaben angehoben wird.

Außerdem mangele es immer noch an der konkreten Umsetzung des Once-Only-Prinzips, das heißt der einmaligen Bereitstellung und Erfassung von Daten, bemängelt Pöhl. Obwohl dieser Grundsatz bereits auf staatlicher und provinzieller Ebene gesetzlich verankert ist, würden die Behörden die Grauzone für deren Umgehung nutzen, dass sie zwar Dokumente nicht zweimal verlangen dürfen, jedoch die darin enthaltenen Daten sehr wohl. „Die flächendeckende Digitalisierung kann genutzt werden, um endlich die korrekte Umsetzung der Bestimmungen und deren Einhaltung zu erreichen. Andernfalls muss die gesetzliche Grundlage so geändert werden, dass die genannten Schlupflöcher geschlossen werden“, fordert Pöhl.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (1)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen