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Die Lex Olympia

Hanspeter Staffler

Die Umweltverbände üben schwere Kritik an Landeshauptmann Arno Kompatscher. Sie werfen ihm vor, mit einem Änderungsantrag die Genehmigung von Bauprojekten zu begünstigen und den Umweltschutz auszuhebeln. Als Motiv vermuten sie Olympia.

von Christian Frank

„Damit wird das gesamte Verwaltungsverfahren ad absurdum geführt“, echauffiert sich Hanspeter Staffler. Als Geschäftsführer des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz zeigt er sich empört über den Änderungsantrag im Haushaltsgesetz von Landeshauptmann Arno Kompatscher. Dabei ist er nicht allein: Auch AVS, CAI Alto Adige, Mountain Wilderness und der Heimatpflegeverband schließen sich der Kritik an.
Gegenstand des Eklats ist die sogenannte Dienststellenkonferenz, welche nach Kompatschers Ansinnen eine entscheidende Änderung erfahren soll. Die Dienststellenkonferenz wurde bereits vor Jahrzehnten zur Erleichterung der Verwaltungswege ins Leben gerufen.

„Früher musste der Projektwerber von Amt zu Amt gehen und sich die Genehmigungen nach und nach einholen. Das hat sich wahnsinnig in die Länge gezogen. Es konnte sein, dass man beispielsweise sechs Genehmigungen brauchte und für fünf davon bereits ein halbes Jahr unterwegs war, nur um beim sechsten Amt eine Absage aufgrund mangelnder Gesetzeskonformität zu bekommen“, erinnert sich Staffler.
Beim daraufhin eingeführten Verfahren der Dienststellenkonferenz versammeln sich alle für einen bestimmten Projektantrag zuständigen Landesämter gleichzeitig an einem Tisch und begutachten gemeinsam das Projekt. Widerspricht das vorliegende Projekt jedoch einer einzigen Norm, beispielsweise dem Gesetz für Luftreinhaltung, musste es bisher von der Dienststellenkonferenz abgelehnt werden.
„Es ging nie um eine Mehrheitsentscheidung, sondern um eine bürgerfreundliche Vorgehensweise, eine Verwaltungsvereinfachung“, attestiert Staffler.
Doch der Änderungsantrag Kompatschers verspricht eine fundamentale Änderung in diesem Vorgehen.
Mit der neuen Regelung kann in der Dienststellenkonferenz die Mehrheit der Landesämter trotz einer möglichen Gesetzeswidrigkeit das Verfahren positiv entscheiden.
„Das ist doch absolut absurd. Man kann doch einen Gesetzesverstoß nicht mehrheitlich gutheißen. Das ist eine komplette Aushebelung eines Rechtsprinzips“, kritisiert Staffler fassungslos.
Diesem System zufolge kann im Falle einer mehrheitlichen Entscheidung das zuständige Amt im Anschluss innerhalb von zehn Tagen beim Landeshauptmann Widerspruch einlegen, welcher wiederum nach fünf Tagen eine Sitzung einberuft. Wenn es in dieser Sitzung zu keiner einvernehmlichen Lösung kommt, wird die Entscheidung an die Landesregierung weitergeleitet.  Diese Vorgehensweise stellt für Staffler einen eklatanten Versuch der Einschüchterung zuständiger Beamter und einen dreisten Interventionismus seitens der Politik in verwaltungstechnische Belange dar.  „Ein kleiner Beamter soll vor den höchsten Vorgesetzten treten und Widerspruch einlegen. Diesen muss er dann in der vom Landeshauptmann einberufenen Sitzung vor allen vertreten“, moniert Staffler. Bereits jetzt, so der Geschäftsführer des Umweltverbandes, treten Beamte an ihn heran und bestätigten seine Befürchtungen: „Die Beamten, mit denen ich gesprochen habe, sagen, sie fühlen sich eingeschüchtert und dass ihnen bei Widerspruch auch der Kopf gewaschen wird, was sie sich überhaupt erlauben würden. Der Druck auf die Beamten ist hoch. Man kann hier keine unabhängige Arbeit mehr erwarten.“

Doch das Dilemma ist tiefgreifender als allein das Risiko, den Landeshauptmann gegen sich aufzubringen. Denn selbst wenn sich die Beamten devot dem Mehrheitsbeschluss beugen, sind sie weiterhin haftbar.
„Sollte die Rechtswidrigkeit zum Vorschein kommen, haftet auch der zuständige Beamte zum Teil dafür. Es kann nicht sein, dass die Beamten somit zum Handkuss kommen. Das ist fürchterlich“, erklärt Staffler die Situation.

Für Staffler liegt der Beweggrund des Landeshauptmannes auf der Hand: „Die Politik hat augenscheinlich mit der Wirtschaft bereits Abmachungen zu mehreren Projekten getroffen und dafür müssen nun gewisse Stolpersteine in Form von Landschafts- und Umweltschutzbestimmungen aus dem Weg geräumt werden“, postuliert Staffler und wird dabei auch konkret, „Es geht sicherlich um Olympia. Die vielen damit zusammenhängenden Bauprojekte, besonders im Pustertal, müssen durchgebracht werden. Es gibt jedoch viele Einwände aufgrund von Umweltrichtlinien.“
Landschaftsschutzbestimmungen werden mit diesem System sekundär, wenn nicht gar tertiär, zugunsten großer Bauprojekte, fürchtet Staffler: „Diese Änderung zielt darauf ab, von Bauwirtschaft und Politik forcierte Wachstumsprojekte ohne Rücksicht auf Landschaft und Umwelt umzusetzen. Nicht mit uns.“
Der Tenor der Verbände ist klar, und so auch der offene Brief an den Landeshauptmann, in welchem sie den Missstand beklagen. Die gesamte Initiative stellt für Staffler eine brüske Anmaßung Kompatschers dar:
„Die öffentliche Hand ist nicht dafür da, die Wirtschaftsprojekte zu favorisieren, sondern einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen zu schaffen. Landschaft und Umweltschutz sind hoheitliche Aufgaben und sind somit auch in der Verfassung verankert. Die Landesregierung maßt sich die Deutungshoheit dieser Aufgabe an und will darüber bestimmen.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (4)

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  • ummagumma

    Ein Nachhaltigkeits LH der stetig beweist das er genau das Gegenteil von dem ist was er behauptet. Der Skirennfahrer Neureuther konnte dies im Interview klar belegen.

    • brutus

      …eine Verbotsorgie wegen der Verbotspartei der Grünen, das Bauen noch bürokratischer und für den Normalverbraucher noch teurer macht, kann es auch nicht sein!
      …die Techniker wird’s freuen, wenn man ihnen die Geldtaschen füllt, aber für den Bau das Geld nicht mehr reicht!

  • treter

    „Die Politik hat augenscheinlich mit der Wirtschaft bereits Abmachungen zu mehreren Projekten getroffen und dafür müssen nun gewisse Stolpersteine in Form von Landschafts- und Umweltschutzbestimmungen aus dem Weg geräumt werden“, sagt Staffler im obigen Bericht.
    Da hat der Dachverband- Direktor sicher recht!
    NB. Auch beim Auwald-Projekt in Brixen hat es sicherlich solche Abmachungen gegeben ceeento!!!

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