„Can we have fun?“
Im Prozess zur mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung in Gröden sagt einer der drei Angeklagten, ein 23-jähriger Kosovare, aus. Er spricht von mehrmaligem einvernehmlichen Sex mit der Touristin aus Finnland, die kommenden Mittwoch angehört wird.
von Thomas Vikoler
Er ist der Einzige der drei Angeklagten, der vor Gericht aussagt. Vielleicht deshalb, weil er gut Italienisch spricht und, wie sein Anwalt Enrico Lofoco betont, ein gepflegtes Auftreten hat.
Immerhin arbeitete der 23-jährige Kosovare bis zu seiner Verhaftung im Jänner 2023 als Kellner in der Nähe des Panider Sattels in der Gemeinde Kastelruth. Dort, wo laut Anklage der Staatsanwaltschaft in der Nacht auf den 18. Jänner jenes Jahres eine Gruppenvergewaltigung stattfand.
Zur Anzeige gebracht wurde sie zwei Tage später von einer heute 24-jährigen finnischen Ski-Touristin, dem mutmaßlichen Opfer.
Doch glaubt man dem 23-jährigen Angeklagten, der gestern am Landesgericht im verkürzten (Haupt)Verfahren auf eigenen Wunsch über eine Stunde lang befragt wurde, gab es – jedenfalls von seiner Seite – keine Vergewaltigung. Sondern ausschließlich einvernehmlichen Sex. Die Initiative dazu sei von der Frau ausgegangen.
Der Angeklagte schilderte dem Gericht folgenden Ablauf des Abends: Er und ein Landsmann seien von der Touristin beim Zigarettenrauchen vor einem Après-Ski-Lokal in Wolkenstein angesprochen worden. „Can we have fun?“, habe sie schließlich gesagt. Er und sein Begleiter hätten zunächst nicht verstanden, was damit gemeint war, erklärte der 23-Jährige vor Gericht. Es sei aber rasch klar geworden, dass es um Sex ging.
Also sei man zu viert – die Frau, er selbst, sowie die beiden späteren Mitangeklagten – zu einer Tabaktrafik gefahren, um aus einem Automaten Präservative zu besorgen. Nach Aussage des Angeklagten auf Wunsch der Mitfahrenden.
Was danach folgte, war laut Anklage eine Gruppenvergewaltigung in mehreren Etappen, laut dem 23-Jährigen eine Abfolge von einvernehmlichen sexuellen Handlungen, zunächst im Auto vor dem Hotel unterhalb des Panider Sattels, dann in seinem Personalzimmer.
Er selbst habe zunächst den Wellnessbereich des Hotels als Ort vorgeschlagen, wegen möglicher Überwachungskameras habe die Frau aber das Zimmer vorgezogen. Die Version der 24-Jährigen in ihrer Anzeige ist eine ziemlich andere: Sie sei gezwungen worden, sich auf eine der Ruheliegen im Wellnessbereich zu legen. Nachdem sie darum gebeten habe, die Toilette zu benutzen, habe sie der Mann in sein Zimmer gebracht. Dort sei sie von zwei Männern – dem 23-Jährigen und einem 29-Jährigen – vergewaltigt und von einem von ihnen geohrfeigt worden.
Teilweise gefilmt mit einem Handy eines der Männer (die Aufnahmen sind Teil des Anklageakts).
Der 23-Jährige behauptet vor Gericht, er habe sein Zimmer verlassen, nachdem sein 29-jähriger Landsmann an den sexuellen Handlungen teilnahm.
Er selbst habe schließlich nach 03.00 Uhr den dritten Angeklagten – er ist 27 Jahre alt und ebenfalls Kosovare – telefonisch verständigt, damit dieser die Frau zurück nach Wolkenstein fahre. Was dann auch geschah, laut Anklage kam es auf der Fahrt zu weiteren sexuellen Handlungen mit einem der Angeklagten.
Das Gericht wird am kommenden Mittwoch auf eigene Initiative das mutmaßliche Opfer mittels Videokonferenz aus einem Gerichtssaal in Helsinki anhören.
Es ist bereits die zweite Befragung nach dem Beweissicherungsverfahren im Mai 2023. Die Verteidiger der drei Angeklagten berichten von widersprüchlichen Aussagen und zahlreichen Erinnerungslücken beim ersten Termin.
Sollte es zutreffen, dass die Initiative zum Sex von der Frau ausgegangen ist, kommt dies freilich keiner Entlastung der Position der drei Angeklagten gleich. Entscheidend ist, ob die darauffolgenden Handlungen gegen ihren Willen geschehen oder nicht.
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