„Ökonomisch nicht konkurrenzfähig“
Der Wasserstoffexperte Erwin Mayr kann der derzeit betriebenen Wasserstoffmobilität nicht viel abgewinnen. Aufgrund der hohen Kosten und des Produktionsaufwandes schlägt er rentablere Alternativen vor.
von Christian Frank
Erwin Mayr ist Wasserstoffexperte und war bereits maßgeblich in der Südtiroler Wasserstoffszene involviert, als diese noch in ihren Kinderschuhen steckte. Mayr war für die technische Leitung beim Bau der Wasserstoffanlage in Bozen verantwortlich und auch für deren Sicherheit. Auch heute noch fungiert er weiterhin in Italien und darüber hinaus als Berater verschiedener Wasserstoffprojekte, wie beispielsweise des Hydrogen Valley in Apulien. Seine Aussagen mögen anfangs verwundern, denn anders als man es oft gewohnt ist, schwärmt der Experte nicht von der glorreichen Anwendbarkeit der Technologie, sondern wirft, trotz seiner Überzeugungen, ein kritisches Licht auf die Wasserstoffmobilität.
„Wasserstoff hat durchaus großes Zukunftspotenzial, doch man muss auch realistisch die sinnvollen Anwendungsmöglichkeiten erörtern“, konstatiert Mayr. Während der Experte in vielerlei Aspekten den Einsatz von Wasserstoff als förderlich erachtet, ist es gerade die Mobilität, die er dem Wasserstoff weitestgehend streitig macht.
„Wasserstoff ist zurzeit noch schlichtweg zu teuer. Es macht ökonomisch keinen Sinn und ist nicht konkurrenzfähig“, urteilt Mayr. Der Experte, der eben gerade für jene Wasserstoffanlage in Bozen verantwortlich war, die für die Betankung von Bussen zuständig ist, moniert die Rentabilität und Sinnhaftigkeit.
„Die ersten fünf Busse wurden mit EU-Geldern finanziert und sozusagen maßangefertigt. Sie waren auch dementsprechend teuer. Ein Bus kostete 1.250.000 Euro“, erinnert sich Mayr.
Abgesehen von diesem Kostenaufwand bemängelt Mayr hauptsächlich die verschwenderische Eigenart, die dem Wasserstoff innewohnt. Die Rentabilität eines Antriebs wie Wasserstoff wird nämlich unter anderem am sogenannten Wirkungsgrad gemessen. Dieser Wirkungsgrad verrät, um wie viel geringer die umgewandelte Energie im Gegensatz zur zugeführten Energie aufgrund entstehender Leistungsverluste ist. Diese Bilanz ist für den Wasserstoff laut Mayr verheerend.
Bei der Produktion und beim Antrieb im Bus ergibt sich für den Wasserstoff insgesamt laut Mayr ein Wirkungsgrad von lediglich 30 Prozent. 70 Prozent der zugeführten Energie gehen also verloren.
„Ich stecke viel mehr Energieaufwand in den Prozess hinein, als schlussendlich herauskommt“, bemängelt der Wasserstoffexperte. Bessere Alternativen liegen für ihn auf der Hand: „Bei batteriebetriebenen Bussen liegt der Wirkungsgrad bei 85 Prozent, bei einer Tram bei 90 Prozent. Wir sprechen hier von einem doppelt, wenn nicht dreifach so hohen Wirkungsgrad. Das ist eine wesentlich bessere Ausbeute.“
Der Wasserstoffexperte bestätigt damit die bereits seit Jahren sich herauskristallisierende Entwicklung auf dem Automarkt. Während die Elektromobilität, wenngleich von jüngsten Krisen in Mitleidenschaft gezogen, auf dem Vormarsch ist, verkommt der Wasserstoffmarkt im Schatten. Dies alles ist der ökonomisch mangelnden Rentabilität geschuldet.
„Die Brennstoffzelle, die ein Wasserstoffauto beinhaltet, treibt den Preis eines Fahrzeuges schnell um rund 15.000 Euro nach oben“, gibt Mayr zu bedenken.
Es waren all diese Beweggründe, die Mayr bereits während seiner Zeit beim Wasserstoffzentrum in Bozen dazu veranlassten, den Einsatz anderer Mobilitätsangebote als sinnvoller zu erachten.
„Batteriebetriebene Busse, Trams, Oberleitungsbusse oder auch Trolleybusse genannt, wären eine wesentlich günstigere Alternative“, postuliert Mayr.
Den Einsatz der Wasserstoffmobilität will er dennoch nicht vollständig ausschließen. Die Anwendung muss jedoch individuell eruiert werden, findet der Experte.
„Wenn wir von der Strecke Bozen nach Eppan sprechen, stellt eine Tram eine gute Lösung dar. Für die Busse, die in Bozen ihre Runden fahren, wäre der Batteriebetrieb sinnvoll.
Bei der Strecke nach Kastelruth beispielsweise sind Tram und Oberleitungsbus nicht möglich, und batteriebetriebene Busse könnten zu schwer sein. Hier könnte man über die Anwendung eines Wasserstoffbusses sprechen.“
Diese Differenzierung findet laut Mayr jedoch nicht statt. Man steigere sich in das Präsentieren von Vorzeigeprojekten hinein, ohne die Effizienz und Sinnhaftigkeit ins Auge zu fassen. Nicht zuletzt ruft der Experte in Erinnerung, dass ein Kilo Wasserstoff 20 Euro kostet und sich somit auch bei der Betankung als äußerst kostspielig erweist.
„Wasserstoff ist eine extrem teure Methode, Mobilität zu betreiben“, urteilt Mayr.
Dem neuen Wasserstoffzentrum, das in Bozen errichtet werden soll, steht Mayr mit gespaltener Meinung gegenüber. Der Experte merkt an, dass das Zentrum bereits zehn Jahre alt ist und die Geräte dementsprechend nicht mehr im besten Zustand sind. Speicherlaschen, so Mayr, müssten beispielsweise nun bald kollaudiert werden – ein nicht unkomplizierter Prozess. Zudem sieht er in der Errichtung einer neuen Einrichtung die Chance, alte Fehlentscheidungen, wie die Speicherung des Wasserstoffes in einem Innenraum, zu korrigieren.
„Dadurch, dass die Speicherung nicht im Freien eingeplant war, bedurfte es einer äußerst aufwendigen Sicherheitstechnik“, erinnert sich Mayr.
Andererseits teilt Mayr die Kritik von Walter Huber. Die beiden Experten sind sich einig, dass die Benutzung von blauem Wasserstoff fraglich ist.
Im Gegensatz zu grünem Wasserstoff, der aus nachhaltigen Energien gewonnen wird, wird blauer Wasserstoff aus Methan gewonnen. Dies sorgt für den Ausstoß von CO₂.
„Dass bei uns dann trotzdem Busse mit der Aufschrift ‚Zero Emissions‘ durch die Gegend fahren, ist nicht ganz lupenrein“, so Mayr.
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Kommentare (1)
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nobodyistperfect
Wie sooft steckt die Wahrheit im Detail und Politiker sind Meister im Märchen erzählen. Für solche Prestigeobjekte wird massenhaft Geld vergeudet und in vielen Schulen bröckelt der Putz von den Wänden.