Die Falschen erwischt
Zwei der vier Männer, die wegen der brutalen Gewaltattacke am Bozner Verdiplatz verhaftet wurden, sind auf Anordnung des Freiheitsgerichts wieder auf freiem Fuß. Wie es aussieht, hat die Polizei die Falschen erwischt.
von Thomas Vikoler
Hat die Polizei nach der brutalen Gewaltattacke am 4. November am Bozner Verdiplatz, bei dem ein 41-jähriger Marokkaner schwerste Gesichts- und Beinverletzungen erlitt, zwei Unschuldige verhaftet?
Dies lässt eine bemerkenswerte Entscheidung des Bozner Freiheitsgerichts unter Vorsitz von Strafsektionspräsident Stefan Tappeiner vermuten, die einen Enthaftungsantrag von Anwalt Nicola Nettis angenommen hat.
Zwei der insgesamt vier verhafteten Tatverdächtigen, zwei Tunesier im Alter von 27 Jahren, sind wieder auf freiem Fuß. Im Gefängnis befinden sich weiter ein 22-jähriger Landsmann, der bei der Haftprüfung eine Tatbeteiligung zugegeben hatte und ein weiterer Mann, der einige Tage später verhaftet wurde.
Die zwei nun aus dem Gefängnis Entlassenen erklärten dagegen, nicht am Tatort gewesen bzw. nicht an dem Angriff mit einem Knüppel bzw. einem Tapeziermesser (das Opfer erlitt mehrere Beinbrüche und wurde am Gesicht verunstaltet) beteiligt gewesen zu sein.
Verteidiger Nettis hat Defensiv-Ermittlungen durchgeführt und kam dabei zu folgenden Ergebnissen: Einer der Männer tätigte um 18.56 in der Aldi-Filiale in der Freiheitsstraße (im Gebäude, in dem das Oberlandesgericht untergebracht ist) einen Einkauf. Der Gewaltexzess am Verdiplatz ereignete sich um 19.01 Uhr, also rund fünf Minuten später. Rein theoretisch wäre es möglich, mit einem Elektroroller, den der Mann laut den Videoaufnahmen der Aldi-Filiale bei sich hatte, an den Tatort zu gelangen. Doch Verteidiger Nettis weist darauf hin, dass die Täter laut Aussagen des Opfers (und dessen Bruder, der sich auf einer Baustelle am Verdiplatz versteckte) sie von der Perathonerstraße über die Südtirolerstraße verfolgt hätten.
Eine Beteiligung seines Mandanten an dem Übergriff sei, so Nettis, auch aus einem anderen Grund nicht zu beweisen. Der Angreifer, den die Polizei als den 27-jährigen Tunesier identifizierte, trug weiße Turnschuhe. Der Mann, der vor der Aldi-Filiale gefilmt wurde, dagegen schwarze Schuhe.
Bisher liegt die Begründung des Freiheitsgerichts für seine Enthaftungs-Entscheidung nicht vor, der Anwalt geht aber davon aus, dass er es mit seinen Beweismitteln überzeugt hat.
Etwas anders gelagert ist die Position des zweiten Tatverdächtigen. Er hatte erklärt, an jenem Abend am Verdiplatz gewesen zu sein, aber lediglich als Zuschauer der Attacke. Tatsächlich zeigt ihn das sichergestellte Material einer nahen Überwachungskamera, wie er leicht abseits stehtund den Tatort verlässt.
Bei dem Tatverdächtigen handelt es sich um jenen 27-JährigenTunesier, der mit einer Südtirolerin verheiratet ist, mit der er außerhalb Bozens wohnt. Die Polizei hält ihn für den Drahtzieher der Gewalthandlungen am Verdiplatz.
Seit Anfang dieser Woche ist der Mann, der in den Morgenstunden nach dem Vorfall in seiner Wohnung verhaftet worden war, wieder auf freiem Fuß. Das Freiheitsgericht sieht keine Gefahr einer Tatwiederholung mehr und hat offenbar Zweifel an der von der Staatsanwaltschaft vermuteten strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die beiden Freigelassenen gehen freilich weiter.
Ihrem mutmaßlichen Komplizen, den 22-jährige Geständigen, droht laut Verteidiger Nettis eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren.
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Kommentare (1)
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wichtigmacher
Oh, iatz sight mon lei mear a Radl im Bild, kuan schians Polizeiauto…..