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Der 650-Stunden-Job

Alessandro Huber (Foto: FB/Huber)

Alessandro Huber, der Koordinator des Vereins Deina, der das Projekt „Reise der Erinnerung“ trägt, gerät wegen möglicherweise überhöhter Honorarnoten in die Kritik.

von Artur Oberhofer

Alessandro Huber ist außer sich vor Zorn: „Dass auf politischer Ebene Antisemitismus betrieben wird, ist ein Skandal.“ Und dass Leute, „die sich überhaupt nicht auskennen“, sich erlaubten, Recherchen zu seinen Einkünften anzustellen, sei unerhört.

Der Grund für Alessandro Hubers Wutausbruch ist eine ganz banale Anfrage des Landtagsabgeordneten Andreas Leiter Reber, der in Erfahrung bringen wollte, welche individuellen Honorarnoten die Verantwortlichen des Projekts „Promemoria Auschwitz – Die Reise der Erinnerung“ stellen.

Wissend, dass es sich um ein sehr sensibles Thema handelt, hat Andreas Leiter Reber seiner Anfrage eine lange Prämisse vorangestellt, in der er ausdrücklich darauf hinweist, wie wichtig, wie notwendig die Erinnerung an die Gräueltaten der Nazis sei. Leiter Reber schreibt wörtlich: „Das Land Südtirol tut (…) sehr gut daran, die Besuche der Holocaust-Gedenkstätten und Jugendprojekte wie ,Promemoria Auschwitz – Die Reise der Erinnerung‘ zu fördern.“ Doch auch „bei so bedrückenden und sensiblen Themen wie dem Besuch von Holocaust-Gedenkstätten“ müssten Transparenz und eine saubere Verwaltung garantiert werden.

Zu den Fakten: Andreas Leiter Reber – der offenbar Insidertipps erhalten hat – wollte von der Landesregierung in Erfahrung bringen, ob für die Durchführung des Projektes individuelle Honorarnoten ausgestellt würden, und, falls ja, wer die Begünstigten sind.

Die Antwort auf die Anfrage steht noch aus. Doch der TAGESZEITUNG liegen die entsprechenden Informationen bereits vor.

Trägerorganisationen des Projekts „Reise der Erinnerung“ in Südtirol sind ARCI und die Arbeitsgemeinschaft der Jugenddienste (AGJD), welche ihrerseits die ARCI-Tochterorganisation Deina beauftragen, Logistik, Organisation und Durchführung des Projektes zu gestalten.

Der Deina-Koordinator und Projektleiter ist der ehemalige Landessekretär des Partito Democratico (PD) und Bozner Gemeinderat Alessandro Huber, der inzwischen zur Lista Civica von Angelo Gennaccaro gewechselt ist.
Alessandro Huber stellt für seine Tätigkeit als Koordinator des Projektes jährlich eine Honorarnote von 650 Stunden für insgesamt 19.500 Euro aus.

Ein Insider sagt im Hintergrundgespräch mit der TAGESZEITUNG: „Jeder, der das Projekt kennt, weiß, dass diese Stundenanzahl völlig absurd ist.“

Aber weil Alessandro Huber politisch gut vernetzt sei, seien seine Honorarnoten in all den Jahren von niemandem beanstandet worden.

Huber selbst sagt zu den von ihn verrechneten 650 Stunden pro Jahr: „Für mich ist das ein Nebenjob, Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viel Arbeit mit dem Projekt verbunden ist, ich muss 250 Anmeldungen samt Motivationsschreiben durchlesen, wenn ich alle Stunden aufschreiben würde, die ich für dieses Projekt arbeite, müsste ich doppelt so viele Stunden verrechnen, ich arbeite auch an Wochenenden für das Projekt, Samstag oder Sonntag gibt es für mich nicht.“

Doch nicht nur Alessandro Huber stellt Honorarnoten. Hubers engster Mitarbeiter im Verein Deina ist Michele Dalla Serra.

Wie Huber selbst gegenüber der TAGESZEITUNG bestätigt, erhalte Serra für seine Mitarbeit 4.500 Euro pro Jahr für insgesamt 150 Arbeitsstunden.

Michele Dalla Serra ist Mitglied des Vorstandes der AGJD und des Provinziakomitees von ARCI Bolzano-Bozen.

Außerdem ist Dalla Serra Referent für Kinder- und Jugendpastoral der Diözese, also der „Leutnant“ des Bischofs in Südtirols Jugendarbeit – und, wie ein Insider sagt, „somit auch er unantastbar“.
Die 24.000 Euro, die Alessandro Huber und Michele Dalla Serra für die insgesamt 800 Stunden pro Jahr in Rechnung stellen, werden zur Hälfte von ARCI und zur Hälfte von der AGJD bezahlt.

Warum Alessandro Huber so pikiert und harsch auf Andreas Leiter Rebers Landtagsanfrage reagiert – und diesem sogar Antisemitismus unterstellt und mit einer Pressekonferenz in der Meraner Synagoge „droht“ –, bleibt derweil ein Rätsel.

Als anmaßend empfindet der ehemalige PD-Politiker auch den Passus in der Landtagsanfrage, wo die Frage gestellt wird, ob es zutreffe, dass der Verein Deina mit öffentlichen Geldmitteln Gadgets ankaufe und diese dann an die Teilnehmer der Reise der Erinnerung weiterverkauft habe.

Alles Schmarrn, sagt Alessandro Huber, Kugelschreiber und andere Gadgets würden gratis an die Teilnehmer abgegeben.

Nachfrage: Stimmt es, dass Sweatshirts mit dem Logo des Vereins Deina bis einschließlich 2020 und um den vollen Einkaufspreis an die Teilnehmer verkauft – und nicht verschenkt – worden sind?

Huber räumt ein, dass dies geschehen sei. Allerdings, so behauptet er, seien die Sweatshirts „nicht mit öffentlichen Geldern“, sondern „mit privaten Geldern des Vereins angekauft“ worden.

 

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