Der schöne Schorsch
In Tirol spielt seit Tagen eine handfeste Politposse: Wie SPÖ-Chef und LH-Stellvertreter Georg Dornauer über einen Jagdausflug mit dem Milliarden-Pleitier René Benko gestolpert ist.
von Artur Oberhofer
Als Georg Dornauer gestern um 11.10 Uhr in der SPÖ-Zentrale in Innsbruck vor die Presse trat und sichtlich gespannt und mit trockenem Mund zu seinem Statement ansetzte, erwarteten alle Anwesenden, dass der Tiroler SPÖ-Chef und Erste Landeshauptmann-Stellvertreter seinen Rücktritt von all seinen politischen Funktionen ankündigen würde.
Am Vortag hatte der künftige Vizekanzler, SPÖ-Chef Andreas Babler, seinem Tiroler Statthalter ausgerichtet: Er, Dornauer, wisse, was zu tun sei.
Doch Georg Dornauer überraschte (wieder einmal) alle: Er werde nicht zurücktreten, sagte der 41-Jährige, er werde nur „zur Seite treten“. Sprich: Er stelle seine Ämter als LH-Stellvertreter und als SPÖ-Chef zur Verfügung, bleibe aber normaler Abgeordneter zum Tiroler Landtag. Schließlich hätten über 10.000 TirolerInnen ihn vor zwei Jahren gewählt, ihnen sei er verpflichtet.
Und als LH-Stellvertreter tritt Dornauer nicht – wie von vielen Tiroler SPÖ-Funktions- und Amtsträgern in den letzten Tagen vehement gefordert – sofort zur Seite, sondern erst am 18. Dezember, wenn der Landtag die Budgetdebatte beginne.
Der SPÖ-Landtagsclub und führende Funktionäre der Partei fordern Dornauer auf, sofort das Amt zur Verfügung zu stellen. Die Opposition will nun einen Misstrauensantrag gegen Dornauer einbringen.
Das Nur-zur-Seite-Treten Georg Dornauers ist der vorläufige Höhepunkt einer Polit-Posse, die sich längst zur Staatsaffäre ausgeweitet hat.
Begonnen hat die Geschichte am vergangenen Montag, als die „Kronen“-Zeitung ein Foto veröffentlichte, auf dem der Tiroler SPÖ-Chef neben einem geschossenen Hirsch und mit einem sogenannten „Beutebruch“ am Hut zu sehen ist. Links hinter dem Waidmann Dornauer lächelte der Milliarden-Pleitier René Benko in die Kamera. Das Foto war nicht nur deswegen hochbrisant, weil der Sozialdemokrat Dornauer offenbar mit einer absoluten Reizfigur wie Benko auf die Pirsch gegangen ist, sondern weil gegen ihn selbst seit 2019 ein Waffenverbot behängt. Der Grund: Security-Mitarbeiter des Innsbrucker Flughafens hatten in Dornauers Porsche eine Waffe entdeckt. Die Waffe mit angestecktem Magazin lag bei geöffnetem Fenster auf der Rückbank des Wagens. Dornauer selbst war an jenem Tag zu Burgenlands SPÖ-Landeschef Hans-Peter Doskozil geflogen, der ein großer Mentor des Tiroler SPÖ-Mannes war und ist.
Georg Dornauer wurde in der Folge die Jagdkarte entzogen, außerdem wurde er mit einem unbefristeten Waffenverbot belegt. Erst vor wenigen Wochen hatte Dornauer den Antrag auf Aufhebung des Bescheids gestellt und dabei erklärt, dass er „das unendliche Missgeschick” mit der seinerzeit im offenen Porsche liegenden Waffe bedauere und seinem „bescheidenen Hobby“ wieder nachgehen möchte, obwohl er „wenig Zeit“ habe, auf die Pirsch zu gehen.
Sofort nach der Veröffentlichung des kompromittierenden Fotos räumte Georg Dornauer, der schöne Schorsch, der mit der Trentiner Fratelli-d’Italia-Parlamentarierin Alessia Ambrosi liiert ist, die „fürchterliche Optik“, die da entstanden sei, ein. Aber der SPÖ-Chef behauptete steif und fest, den Hirsch habe nicht er, sondern der befreundete Hotelier geschossen, auch der Hut mit dem „Beutebruch” gehöre nicht ihm, sondern seinem Freund.
Das Jagdgebiet in der Steiermark, wo das Foto geschossen wurde, gehört übrigens einer Benko-Stiftung.
Nach der harschen Kritik der Innsbrucker Stadtpartei („Das Maß ist voll“), die ihn einstimmig zum Rücktritt aufforderte, äußerten sich auch Parteigranden der Sozialdemokraten aus den Ländern mit dem gleichen Tenor wie Parteichef Andreas Babler. Er habe „kein Verständnis“ für Dornauers Verhalten, es sei „eine gewisse Linie überschritten“ worden, kommentierte etwa der wahlkämpfende steirische SP-Chef Anton Lang. Auch der ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle machte seinem roten Stellvertreter in einem Vieraugengespräch klar, dass er mit seinem Verhalten eine (rote) Linie überschritten habe.
Doch Georg Dornauer kämpft verbissen um sein politisches Überleben.
Bei seinem gestrigen Auftritt in Innsbruck räumte Georg Dornauer zwar erneut ein, dass die Optik schief und das kollektive Unverständnis nachvollziehbar wären. Aber er zeigte keine Reue.
Der Chefreporter der TT, Peter Nindler, diagnostizierte bei Dornauer „einen Realitätsverlust“.
Er habe, sagte Dornauer, weder einen Gesetzesbruch begangen noch einen Schaden verursacht. „Ich sehe bis heute keinen Rücktrittsgrund“, sagte Dornauer vor der verblüfften Journalistenmeute. „Als Demokrat“ akzeptiere er aber die „momentane mehrheitliche Stimmungslage“ und füge sich der Mehrheit, indem er zwar nicht zurück, sehr wohl aber „zur Seite“ trete.
Georg Dornauer, von dem erst vor wenigen Tagen ein neues Foto aufgetaucht ist, auf dem er und seine Angebetene Alessia A. bei einem Hubschrauberrundflug über den Gardasee zu sehen ist, zu dem der Besitzer des Eden-Reserve-Hotels in Gardone eingeladen hatte.
Auch deswegen sprach Landeshauptmann Anton Mattle von „unangemessene Eskapaden und Blödheiten“ seine Stellvertreters.
Jetzt bleibt abzuwarten, ob Georg Dornauers Spiel – zur Seite treten und dann abwarten, bis der Stumr an ihm vorüberzieht und man ihm, dem Tiroler Lausbua verzeiht –, aufgeht.
TT-Chefreporter Peter Nindler brandmarkte Dornauers Verhalten und Strategie gestern knallhart als „Schlag ins Gesicht seiner Partei“. Dornauer tue so, als ob alle anderen und nicht er schuld wären.
Nun droht Georg Dornauer auch Ungemach vonseiten der Justiz. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck, Hansjörg Mayr, bestätigte gestern, dass Vorerhebungen laufen. Es werde geprüft, ob Ermittlungen wegen Wilderei einzuleiten sind.
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Kommentare (1)
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steve
Der porschefahrende Sozialdemokrat, der sich von Benko zum Jagen einladen lässt und mit einer Fratelli d’Italia Angeordneten liiert ist.
Leider schaden immer wieder solche Gestalten der Sozialdemokratie.
Viel Erfolg beim Rauswurf!