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„Fertigstellung hatte Priorität“

Foto: Manzoni

Nach dem Staatsratsurteil zum Biathlon-Stadion in Antholz: Wie die Gemeinde für den Schadenersatz aufkommen will. Und: Wie Bürgermeister Thomas Schuster das Vorgehen der Verwaltung rechtfertigt.

von Markus Rufin

Der Staatsrat geht mit der Gemeinde Rasen-Antholz hart ins Gericht: Zu zögerlcih zu vorsichtig und zu fixiert auf die Fertigstellung der Arbeiten sei die Gemeinde beim Projekt des Biathlonzentrums gewesen. Wie die TAGESZEITUNG gestern berichtete, wurde die Gemeinde zur Zahlung von rund 2,7 Millionen Euro Schadenersatz an die unterlegenen Bietergemeinschaft Paul Gasser/Roland Ploner verurteilt.

Zur Erinnerung: Rund ein Jahr zuvor musste die Gemeinde eine Neubewertung der Ausschreibung vornehmen. Zwar ist diese mit dem Ergebnis erfolgt, dass der Gewinner der Ausschreibung, die Firma Unionbau, die Baustelle weiterführen kann, allerdings ließ sich die Gemeinde laut Staatsrat viel zu viel Zeit damit. Indirekt wird der Gemeinde vorgeworfen, dass diese einen Wechsel auf der Baustelle bewusst verhindern wollte.

Für die Gemeinde ein harter Schlag, wie Bürgermeister Thomas Schuster bestätigt: „Rechtlich ist das Urteil zu akzeptieren, gedanklich kann ich es aber nicht ganz nachvollziehen. Dass der Schadenersatz in dieser Größe ein Thema ist, war uns nicht bewusst.“

Bürgermeister Schuster gesteht aber ein, dass die Gemeinde vielleicht falsch abgebogen sein könnte, allerdings habe man dabei keinesfalls bewusst für oder gegen einen Betrieb gearbeitet. So wurde die Neubewertung zwar, wie vorgeschrieben, innerhalb von 30 Tagen durchgeführt, die Entscheidung über die Neuvergabe der Arbeiten habe man aber nicht verzögert, sondern nur genauestens überprüfen wollen. So seien gleich mehrere Gutachten eingeholt worden, um auf der sicheren Seite zu sein. „Das scheint aber nicht relevant gewesen zu sein“, sagt Schuster. „Wir haben uns dafür entschieden, das kleinere Übel auszuwählen. In Abwägung der Risiken war das für uns die Durchführung der Arbeiten.“

Mit 17,2 Millionen Euro ist das Baulos, um das es geht, nicht nur von der Geldsumme das größte, auch andere Baulose hingen Schuster zufolge von dessen Fertigstellung ab. Diese wären alleine teilweise nicht umsetzbar gewesen, so hätte es – so der Gedankengang der Verwaltung zum damaligen Zeitpunkt – dazu kommen können, dass es zu weitaus mehr Verzögerungen kommt. Infolge hätte bei einer nicht fristgerechten Fertigstellung des Projektes der Konzessionär für die Nicht-Durchführung des Weltcups 2025 Schadenersatzforderungen stellen können.

Da hätte auch die Bürgschaft der Bietergemeinschaft Gasser/Ploner, die laut Schuster 200.000 Euro betrug, nur wenig geholfen: „Auf dem Papier sind das nette Überlegungen, aber es bleibt schwierig umzusetzen, wobei das Gericht aufzeigt, welche Überlegungen wir stattdessen hätten machen müssen.“

Tatsächlich gibt Schuster zu, dass die Fertigstellung des Projektes für die Gemeindeverwaltung oberste Priorität war – eben auch in Bezug auf andere Risiken.

Dadurch ist offenbar das Bild entstanden, dass die Gemeinde eine schnelle Fertigstellung um jeden Preis erreichen wollte. Dass das nicht der Fall war, sei unter anderem daran erkennbar, dass sich die Gemeinde mit beiden Firmen zusammengesetzt hat und versucht hat, sowohl den technischen als auch den juridischen Blickwinkel einzunehmen, behauptet der Bürgermeister. Rückblickend glaubt aber auch Schuster, dass es besser gewesen wäre, die Neubewertung durchzuführen und vorher beide Firmen schlicht auszuschließen.

So muss die Gemeinde nun aber 2,7 Millionen Euro aufbringen – keine einfache Aufgabe, immerhin entspricht das rund einem Drittel des durchschnittlichen Jahreshaushalts. Wie man für den Schadenersatz aufkommen kann, steht laut dem Bürgermeister noch nicht fest: „Wir werden erst verstehen müssen, wie wir jetzt weitermachen können, wir stehen auf jeden Fall in Kontakt mit unseren Versicherungen. Auch hier sind aber rechtliche Überprüfungen notwendig.“ Unsicher sei auch, ob das Land die Gemeinde in irgendeiner Form diesbezüglich unterstützen kann.

Nicht zuletzt bringt das Urteil Bürgermeister Schuster selbst in Bedrängnis. Der Staatsrat hat die Akten nämlich an den Rechnungshof weitergeleitet. Ein Verfahren wurde zwar noch nicht eingeleitet, doch Schuster geht davon aus, dass es eines geben wird: „Wir werden uns vor einem eventuellen Verfahren sicher nicht verstecken. Als Verwalter arbeitet man mit bestem Wissen und Gewissen. Ob das reicht, wird das Urteil zeigen. Ich bin jedenfalls nicht beunruhigt, auch wenn es eine Erfahrung ist, die ich mir gerne sparen würde.“

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