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„Mit den Grünen geredet …“


Die Zustimmung der Fratelli zum Widmann-Antrag setzt die Koalition auf eine harte Probe. LH Arno Kompatscher droht offen mit einer möglichen Umbildung der Mehrheit.

von Matthias Kofler

Am Mittwochnachmittag sah man eine aufgelöste Anna Scarafoni durch das Foyer des Südtirols Landtags ziehen, die von Thomas Widmann umarmt und getröstet wurde. „Dass der Landeshauptmann ihr zwei Stunden lang den Kopf gewaschen hat, nur weil sie für einen seriösen Antrag gestimmt hat, schlägt dem Fass den Boden aus“, ärgert sich der SVP-Abtrünnige, der mittlerweile seine eigene Fraktion „Für Südtirol“ anführt. Obwohl Arno Kompatscher versprochen habe, den Landtag aufzuwerten, gebe er „von oben herab“ die Anweisung, gegen einen Antrag zu stimmen, der 200 Menschen mit Behinderung zugutekommt – „und das nur wegen persönlicher Animositäten gegen mich“, schimpft Widmann. Oppositionsführer Paul Köllensperger sieht darin „despotisches Verhalten“. Die Fraktionschefin der Fratelli d’Italia habe lediglich frei nach ihrem Gewissen abgestimmt. „Für die SVP geht es um Parteibuch und Fraktionszwang, nicht um den Wettbewerb der Ideen“, kritisiert Köllensperger. Der Team-K-Leader will sogar Tränen in den Augen der „Sorella“ Scarafoni bemerkt haben.

Ein unangekündigtes Votum:

In einer zweistündigen Krisensitzung der Mehrheitsfraktionen musste Anna Scarafoni am Mittwochmittag erklären, warum sie gemeinsam mit Marco Galateo Widmanns Antrag zur Stärkung der Werkstätten für Menschen mit Behinderung unterstützt hatte – eine Entscheidung, die dem Antrag unerwartet zur Mehrheit verholfen hatte. Die FdI-Vertreter hatten ihr Abstimmungsverhalten im Koalitionsausschuss am Montag nicht angekündigt, was für Unmut sorgte. Die Darstellungen hierzu gehen auseinander: Manche behaupten, Galateo und Scarafoni hätten einfach nur „stumm dagesessen“, während andere vermuten, dass Sprachbarrieren – sie nutzen Kopfhörer für die Simultanübersetzung – der Grund für ihr Schweigen gewesen sein könnten. Bei der hitzigen Abstimmung am Mittwoch im Plenarsaal fragte Ulli Mair empört, ob „nun jeder tun kann, was er will“. Auch LH Kompatscher zeigte sich aufgebracht und „prottelte lautstark“, wie ein Abgeordneter die Szene beschreibt. Was genau Kompatscher in die Aula rief, ging jedoch im allgemeinen Tumult unter.

Anna Scarafoni

Ein drohender Bruch

In der Sitzung der Mehrheit machte Kompatscher deutlich, dass er ein solches Verhalten des italienischen Koalitionspartners künftig nicht mehr tolerieren werde. „Es gibt eine klare Regierungsvereinbarung, an die sich alle halten müssen“, betonte er. Andernfalls seien „andere Überlegungen“ nötig. Besonders ärgerlich für Kompatscher scheint dabei, dass ausgerechnet ein Antrag seines Rivalen Widmann eine Mehrheit fand – eine Vermutung, die auch einige SVP-Vertreter im Hintergrundgespräch äußern. Bereits zuvor war Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider zurückgepfiffen worden, als er einem Widmann-Antrag zur Vorzugsschiene für Einheimische bei der Rittner Seilbahn zustimmen wollte; auf Intervention des LH hin wurde der Antrag letztlich abgelehnt.

Wechsel zu den Grünen?

Zu möglichen politischen Konsequenzen des „Fehlverhaltens“ der FdI äußert sich Kompatscher auf Nachfrage nicht. Doch aus italienischen Kreisen dringt durch, dass der Regierungschef in der Mehrheitssitzung beiläufig mit einem Rauswurf der Meloni-Partei gedroht haben soll. „Nur damit ihr es wisst: Ich habe schon mit den Grünen gesprochen“, soll er zwischen Tür und Angel gesagt haben. Die SVP-Mandatare wollen die Aussage jedoch nicht in dieser Deutlichkeit vernommen haben. Ein fliegender Wechsel zu Brigitte Foppa wäre politisch riskant: Ein solcher Schritt könnte die Lega und die Freiheitlichen zum Austritt aus der Koalition veranlassen und die SVP ohne Mehrheit dastehen lassen.

LH Arno Kompatscher im Gespräch mit Arnold Schuler

FdI trotzt den Vorwürfen

Der Vorfall vom Mittwoch hat in der Mehrheit für viel böses Blut gesorgt. Im Lager der Fratelli fühlt man sich weiter im Recht. „Dieser Antrag war anzunehmen, und es ist nicht immer möglich, jede Entscheidung im Vorfeld anzukündigen“, betont Scarafoni. Ein SVP-Landesrat kommentiert trocken: „Die haben sie nicht mehr alle“ und spricht von einem „künstlich aufgebauschten Koalitionskrach“. Der Frieden in der ohnehin fragilen Fünf-Parteien-Koalition scheint nachhaltig gestört. Viele erwarten, dass die Fratelli aufgrund schlechter Umfragewerte – Galateo rangiert laut SWZ-Barometer neben Philipp Achammer auf den hintersten Plätzen – seltener der SVP-Linie folgen werden. „Wir haben die Friedenspfeife geraucht“, sagt ein SVP-Mann, „aber wer weiß, wie lange sie noch brennt…“

Profilierungssucht und Präzedenzfall

Vize-LH Marco Galateo geht bereits aufs Ganze: Er fordert 300 zusätzliche Lehrer für italienische Schulen (im Konflikt mit Philipp Achammer), einen Corona-Untersuchungsausschuss (gegen Gesundheitslandesrat Hubert Messner) und Zuschüsse für Alarmanlagen (im Widerspruch zu Luis Walcher). Die SVP wirft ihm deshalb „Profilierungssucht“ vor. „Galateo hat sich im Büro verschanzt, statt mit uns zu reden, um Missverständnisse auszuräumen“, kritisiert ein Landesrat. Das Ausscheren der FdI beim Widmann-Antrag könnte zum Präzedenzfall werden – denn in der Koalition fällt es zunehmend schwer, Anträge der Opposition ohne stichhaltige Begründung abzulehnen. Gesundheitslandesrat Messner ließ in einer internen Sitzung wissen, dass er einem Oppositionsantrag zur Überetscher Bahn zustimmen würde. Das zwang Mobilitätslandesrat Alfreider, eine Übereinkunft mit den Grünen zu suchen. Am Donnerstag fanden daraufhin ungewöhnlich viele Oppositionsanträge eine Mehrheit – darunter Forderungen nach sprachlicher Transparenz bei Lebensmitteletikettierungen (Freie Fraktion), einem Abfahrverbot von der Brennerautobahn (Süd-Tiroler Freiheit) und der Möglichkeit zur Mitnahme von Hunden im öffentlichen Nahverkehr (Grüne).

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Kommentare (21)

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  • ummagumma

    Unser Nachhaltigkeits LH, wäscht Anna Scarafoni zwei Stunden den Kopf und die SVP spricht von provilieren, wie krank ist das?
    Immer noch everyone’s Darling oder doch Der WOLF IM SCHAFSPELZ!

    • franz19

      Der Kompatscher ist der einzige nicht tragbare in dieser Mehrheit !!! Mit seiner Arroganz will er jeden an die Wand sehen…nur dass sich niemand an ihn erinnert nach dieser Legislatur ist ihn noch nicht klar…
      Er hat ein Auftreten wie in Deutschland der Scholz,mit seiner Sturheit schadet er allen Südtiroler, aber checken tut er es nicht,das ist nicht mehr als Arroganz gegenüber den Südtiroler!@

      • artimar

        Franz19 Es ist wohl normal, dass ein Chef es nicht zulassen kann, dass jeder tut, was er will. Dann braucht es erst gar keine Koalition.
        Anderseits geht es bzw. sollte es darum gehen, sich dem Wohl der Bevölkerung zu widmen und nicht machtgeleitete Interessen voranzustellen.

    • besserwisser

      war @gummmi dabei und kann die 2 stunden bestätigen? wer den artikel gelesen hat: es kllingt durch dass er gesagt haben soll…. das ist politisches geplänkel, oder politische dialektik … eine koalition basiert auf einem komplexen vertragswerk, die ungeliebte koalitiion hat die svp basisdemokratisch mit allen ortobleuten usw. besprochen, deswegen: so einfach higeworfen wird da gar nix.
      ausserdem hängt der eine und andere berufsfreie abgeordnete und landesrat auch am nicht ganz schlecht dotierten sesserl….
      mach euch keine sorgen freunde, da passiert nix….

    • saustall_kritiker

      Ich habe diesen Noch-Landeshauptmann und LB (Lugenbeitl) schon längst durchschaut. Er hatte die Wähler nur geblendet, sonst wäre er längst abgewählt worden. Es ist unglaublich, wie er sich auch hier wieder verhalten hat. Anstatt Widmann für die gute Idee, mal was für die Behinderten-Werkstätten zu tun, zu danken, verhält er sich wie ein trotziges kleines Kind. Umso bedenklicher, wo er selber sich eher dafür einsetzt, dass den eh schon Reichen die Steuergelder zufließen, wie z.B. den nicht gerade überdurchschnittlich fähigen Managern von Steuerzahlers Gnaden, den Hotelieren, Seilbahnunternehmen und ähnlichem Volk 🙁 🙁 .

  • andreas

    Dem LH geht es wohl mehr um die Autonomieverhandlungen, als um diesen Antrag. Er bereitet sich auf einen Kolitionsbruch gegen Ende Monat, Anfang Dezember, vor.

    Irgendwie wirkt er wie Scholz, welcher auf Führung verzichtete und diese Woche bei Linder die Reißleine gezogen hat.
    Ändert aber nichts am Umstand, dass beiden die Fähigkeit fehlt, Anführer von Regierungen zu sein, denen fehlt die Skrupellosigkeit, politische Gegner zu erkennen und frühzeitig abzuservieren.
    Das war eine Paradedisziplin der Merkel.

  • criticus

    Wer hat da Wem in der Hand?
    Sagt der Herr Stauder die Wahrheit oder hat er bei der Sitzung nicht gut zugehört?
    Auf jeden Fall scheint der Teufelspakt nicht so gut zu klappen wie man es sich vor einem Jahr vorgestellt hat.

  • andreas

    Lustig finde ich die Aussage, „…Wettbewerb der Ideen…“, eine Aussage, welche ich nicht mal dem naivsten politischen Neuling zutrauen würde.
    So weltfremd kann doch niemand ernsthaft sein.

  • gulli

    Perfekter Schachzug des LH.
    Da voraussichtlich die Autonomie-Verhandlungen in Rom scheitern hat er schon die Schuldigen für einen Bruch der Koalition in Stellung gebracht.

  • brutus

    Schmutz, und nochmals Schmutz!
    Politiker, der aufhaltenden Geldbeutel und sonst kein Charakter!
    Politik, das dreckigste Geschäft ever!

  • kritischerbeobachter

    Wie wärs, wenn der LH alleine regieren würde, dann gebe es keine Gegenstimmen und keine anderen Meinungen, denn wenn Jemand denkt, ist das schon zuviel.

  • andreas1234567

    Hallo zum Abend,

    der Widmann ist schon ein verschlagener Fuchs, hat bei dem Antrag den vergifteten Köder mit der Sprachgrenzenaufweichung mit eingebaut und so die Brüder zum Anbeissen bewegt.

    Die Behindertenwerkstätten sind allen politischen Lagern dermassen herzlich egal, da geht es um Machtspielchen und persönliche Animositäten.

    Das Kokettieren mit den Grünen, vor allem mit diesen Grünen in Südtirol in der jetzigen Verfassung und Zusammenstellung, darf als Albernheit gewertet werden, wer soll das ernst nehmen?
    Zumal in Anbetracht dessen was da in A und zuletzt in D vor sich geht.
    Der LH weiss ganz genau die mächtigen Interessenverbände in der SVP würden niemals die grünen Abrissbirnen in Regierungspolitik dulden und das ist auch gut so.

    Auf Wiedersehen in Südtirol und hätte D ein Parlament gehabt welches sich wie in Südtirol komplett blockiert wäre in D vieles besser gelaufen, jetzt haben wir das rotgrüngelbe Desaster wo man sich gegenseitig die Leckerchen zugeschoben hat bis zur faktischen Staatspleite, sogar Griechenland und Polen reissen mittlerweile Witze über die Wirtschaftskraft von D

  • jorge

    Ihr Anti-Grünen seid die Katastrophe.

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