Du befindest dich hier: Home » News » „Eines Landesrats nicht würdig“

„Eines Landesrats nicht würdig“

Wie ein Post von Philipp Achammer in den sozialen Medien über „unverhältnismäßig viele Hausaufgaben“  für Aufregung unter der Lehrerschaft sorgt.

von Markus Rufin

Hausaufgaben – sozial ungerecht, pädagogisch fragwürdig und persönlich belastend. Das ist zur Zeit auf den Social-Media-Profilen von Landesrat Philipp Achammer zu lesen. Darin beschreibt er, dass er gerade erst von einer Schulklasse wegen „völlig unverhältnismäßiger Hausaufgaben“ kontaktiert worden sei:

Es ist schade, dass es immer noch Lehrpersonen gibt, die eine Flut an Hausaufgaben aufgeben. Es scheint wie ein hartnäckiges Ritual, das in vielen Köpfen verankert ist. Egal, ob man die Hausaufgaben direkt nach der Schule, morgens im Bus oder überhaupt nicht macht – welchen Lerneffekt haben sie wirklich?

Darüber hinaus verstärken solche Hausaufgaben die soziale Ungleichheit. Das Ergebnis hängt oft von der Unterstützung der Eltern ab. So wie Lehrpläne und Unterrichtsmethoden angepasst werden, müssen auch Hausaufgaben neu ausgerichtet werden: Wochenaufträge und integrierte, begleitete Aufgaben während der Schulzeit. Weniger Hausaufgaben nehmen den Eltern viel Druck ab und geben den Kindern Zeit, wieder Kinder zu sein.

Können wir Hausaufgaben zentral regulieren? Leider nein. Aber warum sollten Schulen etwas gutheißen, das sozial ungerecht, pädagogisch fragwürdig und persönlich belastend ist?

Achammer rief außerdem aktiv zur Diskussion auf und verlinkte auch seine WhatsApp-Nummer. Während die Meinungen bei Eltern und Schülern auseinandergehen, zeigen sich viele Lehrer schockiert über diesen Post des Landesrates. Dabei ist es weniger der Inhalt als die Art der Kritik des Landesrates.

Petra Nock, Gewerkschafterin im ASGB bestätigt, dass die Reaktionen der Kollegen fast einhellig gleich ausfallen: „Im Bereich der Schule gibt es so viele große Baustellen, um die sich der Landesrat eher kümmern sollte als um einen Eingriff in die Didaktik. Ich glaube, dass die Hausaufgaben punktuell ein Thema ist, die große Mehrheit ist davon aber nicht betroffen.“

Der Post sei vor allem wertend. Lehrer werden als Personen dargestellt, die kein Verständnis für die Probleme der Schüler zeigen, so die Kritik vieler Pädagogen. Dabei sei laut Nock genau das Gegenteil der Fall: „Wir Lehrer sind Pädagogen, Betreuer, Psychologen und Sozialbetreuer in einem. Wir sind ohnehin schon überfordert und sämtliche Hilferufe, die wir bis jetzt geäußert haben, werden nicht gehört. Wenn man dann als asozial dargestellt wird, wenn man Hausaufgaben aufgibt, ist das eine harte Formulierung.“ Es handle sich sogar um eine konkrete Einmischung in die Lehrfreiheit. Diese müsse garantieren, wie man den Unterricht gestalte. Nock ist überzeugt davon, dass kein Lehrer in einem strafbaren Ausmaß sei.

Diese Meinung findet sich auch in den Kommentaren wieder. Achammers Post sei „eines Landesrats nicht würdig“, findet eine Userin.

Weiters sei es völlig unangebracht, eine solche Diskussion über soziale Medien zu starten. „Wenn eine solche Diskussion auftritt, sollte man intern eruieren, ob das Problem besteht und das dann gemeinsam auf Augenhöhe besprechen – nicht über einen Post“, findet die Gewerkschafterin.

Achammer selbst ist sich bewusst mit dem Post in das sprichwörtliche Wespennest gestochen zu haben, glaubt sich aber als falsch verstanden: „Man soll die Stellungnahme so lesen, wie ich sie geschrieben habe. Ich stelle unverhältnismäßig viele Hausaufgaben in Frage. Hausaufgaben in Maßen stelle ich überhaupt nicht in Frage, das Thema kann und soll auch nicht zentral geregelt werden, eine gewisse Verhältnismäßigkeit sollte aber gegeben sein.“

Der Landesrat sei auf das Thema gekommen, nachdem in einer kürzlich stattgefunden Sitzung mit dem Landesbeirat der Schüler dieses aufgeworfen haben. Demzufolge müsse man auch darüber sprechen: „Jedes Thema, das eine Belastung darstellt, muss bildungspolitisch besprochen werden.“ Die vielen Zusprüche, die er erhalten habe, die es durchaus gibt, sollten seiner Meinung nach ebenso zu denken geben.

Dennoch bedauert der Landesrat, „wenn ich damit jemand auf die Füße getreten bin“, er betont aber, dass er nicht alle Lehrer, sondern nur jene, die unverhältnismäßig viele Hausaufgaben erteilen, anspreche. Er habe dies nicht in einem Rundschreiben ansprechen wolle, da auch er findet, dass dies nicht seine Aufgabe sei.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (23)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

  • unglaublich

    Es gibt heute ganz viele Leute, die genau wissen, wie man unterrichtet, die aber selber nie unterrichtet haben.
    Lasst sie unterrichten, gebt ihnen eine „liebe“ Klasse und wenn es die Experten*innen nicht mehr schaffen und rufen“ICH BIN EIN STAR, HOLT MICH HIER RAUS“ dürfen sie raus.

    • hermannh

      Der Achammer hat da sehr wohl sehr recht, das Thema gehört dringend angesprochen! Unter den Eltern ist sein Post sehr gut angekommen.

      Natürlich die Lehrerschaft ist unfehlbar: Statt immer mehr Gehalt zu fordern, wäre es besser die Lehrer würden die Schüler fördern!

    • artimar

      Fragwürdig ist hier allein vor allem der Landesrat Achammer selbst, der mit einer vordergründigen Debatteninszenierung auf Populismus macht und dabei wieder mal die Lehrerschaft ins Visier nimmt anstatt sie vielmehr wertzuschätzen. Einfach nur unwürdig und beschämend. Er hat es offenbar sehr nötig, um von sich und seinem Versagen abzulenken. Vielleicht sollte er erstmal selbst beginnen, seine eigenen Hausaufgaben zu machen.
      Die eigentliche Debatte um Hausaufgaben ist bekanntlich alt. Es gilt zu reflektieren und vor allem zu differenzieren. Es gibt Unterschiede zwischen Grund- Mittel- und Oberschulen, Unterschiede zwischen den Hausaufgabentypen unter den Schülerinnen und Schüler …
      Selbst jene Experten, die für deren allgemeine Abschaffung sind, nennen als Voraussetzung in der Regel dafür, die Umwandlung aller Schulen in Ganztagsschulen.
      Dass es Achammer aber erst gar nicht um eine Sachdebatte geht, zeigt allein schon die Tatsache, dass wir von ihm ja nicht mal erfahren, wie viel Zeit heute Schüler-innenen in Südtirol mit Hausaufgaben, außerschulischen Aktivitäten, sozialen Medien, Fernsehen … verbringen.

  • gulli

    Vom Schulabbrecher zum Schullandesrat.

  • robby

    Achammer, ein Experte in …….
    Ja in was denn eigentlich?

  • olle3xgscheid

    Wobei er mit diesen Satz voll ins schwarze trifft;

    . Das Ergebnis hängt oft von der Unterstützung der Eltern ab.

    Ist gang und gebe!

  • enfo

    Alles ist sozial ungerecht und pädagogisch fragwürdig. Willkommen in der Realität Philipp.
    Aber so einen Blödsinn mit dermaßen sinnlosen Argumenten anzustoßen und dabei seinen Angestellten in den Rücken zu fallen ist zweifelhaft. Man erkennt, dass er wirklich keine Ahnung von der Materie hat.
    Eigentlich ist das alles doch keinen Kommentar wert

  • brutus

    Tja Herr Achammer!
    …wenn man nicht imstande ist seine eigenen Hausaufgaben zu machen, muss man ja dagegen sein!

  • romy1988

    Hausaufgaben gehören abgeschafft, sie rauben den Familien gemeinsame Zeit am Wochenende. Es gibt sicher Lehrer, die genauso denken, aber leider auch solche, denen es nie genug ist mit Hausaufgaben. Ich spreche aus eigener Erfahrung mit 2 Kindern. Diese künstliche Empörung einiger Lehrer verstehe ich nicht, Achammer hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Ihn damit privat anzugreifen finde ich geschmacklos.

  • svea

    Würden alle ihre Hausaufgaben machen, würden viele Probleme gar nicht entstehen. Hätte man beispielsweise die „Hilferufe“ einiger Lehrpersonen in Sachen Sprachförderung ernst genommen und früh genug ein entsprechendes Projekt ausgearbeitet, hätte man vielen Kindern bereits helfen können und der Hype um die Materie wäre gar nicht entstanden.
    Da die Lehrfreiheit in Italien verfassungsrechtlich garantiert ist, entbehrt die Einmischung in didaktische Belange ohnehin jeder gesetzlichen Grundlage.
    Außerdem sind die Rechte der Schüler*innen zum Thema Hausaufgaben, seit 20 Jahren in der Schüler*innencharta geregelt und es obliegt den Schulführungskräften auf deren Einhaltung zu achten.
    Würde man sich in Südtirol eingehender mit der italienischen Schulgesetzgebung befassen, hätte man längst schon gemerkt, dass eben dieses System wesentlich sozialer und ausgeglichener ist, als die Schulsysteme in Österreich oder Deutschland. Das beginnt bei der Einheitsmittelschule und geht weiter bei den Regelungen zur Inklusion.
    Aus didaktischer Sicht lassen sich Hausaufgaben nicht pauschal regeln, da jedes Schulfach seine Besonderheiten hat und deshalb auch die Übungsfrequenz variiert. In diesem Sinne sind auch die Hausaufgaben in der Schüler*innencharta geregelt, es genügt sie zu kennen und einzuhalten.

    • jorge

      Gut ’svea‘! Das ist der einzige Kommentar, der hier darlegt, was Sache ist und nicht polemisch ist. Alle anderen sollten eigentlich zuerst ihre eigene Hausaufgabe machen, bevor sie unsachlich darüber schreiben.

      • summer1

        Jergile
        Haszät du denn schon deine Haisaufgaben gemacht?
        Nicht mal als Direktor hast du deine Haisaufgaben gemacht. Sehr zum Ärger der damaligen Lehrkräfte.
        Also, was nun, du Neunmalklug?

      • enfo

        Es geht ja nicht darum was er sagt, sondern wie und zu wem.
        Wie jeder andere auch kann er aeine Meinung dazu sagen, aber nicht in der Art und Weise.

      • vinschgermarille

        Ich schließe mich Ihrer Meinung an. Allerdings muß man im 21.Jahrhundert keinen * benutzen.Jeder gebildete Mensch versteht , dass man unter dem Wort Schüler ALLE ( m / w/ d ) angesprochen sind.

        • vinschgermarille

          Streiche einmal man

        • brutus

          @vinschgermarille
          …du hast die anderen 69 Geschlechter vergessen!

          • brutus

            @vinschgermarille

            Hier die Liste:

            androgyner Mensch
            androgyn
            bigender
            weiblich
            Frau zu Mann (FzM)
            gender variabel
            genderqueer
            intersexuell (auch inter*)
            männlich
            Mann zu Frau (MzF)
            weder noch
            geschlechtslos
            nicht-binär
            weitere
            Pangender
            Pangeschlecht
            trans
            transweiblich
            transmännlich
            Transmann
            Transmensch
            Transfrau
            trans*
            trans*weiblich
            trans*männlich
            Trans*Mann
            Trans*Mensch
            Trans*Frau
            transfeminin
            Transgender
            transgender weiblich
            transgender männlich
            Transgender Mann
            Transgender Mensch
            Transgender Frau
            transmaskulin
            transsexuell
            weiblich-transsexuell
            männlich-transsexuell
            transsexueller Mann
            transsexuelle Person
            transsexuelle Frau
            Inter*
            Inter*weiblich
            Inter*männlich
            Inter*Mann
            Inter*Frau
            Inter*Mensch
            intergender
            intergeschlechtlich
            zweigeschlechtlich
            Zwitter
            Hermaphrodit
            Two Spirit drittes Geschlecht (indianische Bezeichnung für zwei in einem Körper vereinte Seelen)
            Viertes Geschlecht
            XY-Frau
            Butch (maskuliner Typ in einer lesbischen Beziehung)
            Femme (femininer Typ in einer lesbischen Beziehung)
            Drag
            Transvestit
            Cross-Gender

  • placeboeffekt

    @Brutus

    Diese Transen sind auch nicht mehr wue früher.

  • bettina75

    Können dann diese Schüler in der Arbeitswelt bestehen?

  • tirol

    Die Art und Weise wie des Kommunizieren wird ist ein NoGo, die Schule hat sicher größere Probleme, ich schlage, dass sich die Klassen von nun an immer direkt an Achammer wenden……und dann wird gepostet….wird lustig

  • sportsman

    Dass ein Arbeitgeber mit seinen Mitarbeitern über die sozialen Netzwerke anstatt betriebsintern kommuniziert und ihnen derart pauschal und undifferenziert öffentlich in den Rücken fällt, zeigt, wie unprofessionell und daher ungeeignet Herr Achammer als Führungsperson ist. Kein privater Chef würde so mit seinen Mitarbeitern umgehen und das Image seines Betriebes derart beschädigen.

  • dn

    Achammer lenkt ab vom eigentlichen Thema: Deutsche Schule.

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen