„Die Bediensteten haben Angst“
Immer häufiger kommt es zu tätlichen oder verbalen Übergriffen auf Bedienstete des öffentlichen Nahverkehrs. Viele Angestellte führen in den Nachtstunden gar keine Fahrscheinkontrollen mehr durch, weil im Ernstfall die Polizeipräsenz fehlt.
von Christian Frank
Der gestrige Zugstreik der Trenitalia hatte einen traurigen Anlass. Medienberichten zufolge attackierte kürzlich ein 21-jähriger Zugpassagier den 44-jährigen Zugführer mit einem Messer. Daraufhin musste der Zugführer im Krankenhaus medizinisch versorgt werden. Gewaltsame Übergriffe sind für das Personal im öffentlichen Nahverkehr keine Seltenheit, auch in Südtirol nicht. Günther Pallhuber ist Gewerkschaftssekretär der Fachgewerkschaft für Transporte FIT der SGB CISL und selbst Zugbegleiter. Die Situation, die er schildert, ist prekär.
„Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, zur Arbeit zu gehen und genauso, wie er hingeht, auch wieder zurückzukommen – heil und unversehrt. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, für die Sicherheit der eigenen Angestellten zu sorgen“, beanstandet Pallhuber. Die Realität ist jedoch, dass der Alltag der Bediensteten des öffentlichen Nahverkehrs oftmals von Angst beherrscht wird, besonders in den Nachtstunden.
„Wir haben in der Nacht beispielsweise zwei besonders kritische Züge, nämlich jenen um 22:45 Uhr von Bozen nach Franzensfeste und denselben Zug um 23:30 Uhr“, verrät Pallhuber. Er selbst ist dort immer wieder als Zugbegleiter tätig und musste bereits mehrmals den Notruf wählen.
„Die Bediensteten haben Angst. Der Nachwuchs gibt den Job oft bereits nach zwei Jahren auf, und besonders weibliche Bedienstete müssen sich oftmals fürchten“, klagt der Gewerkschafter. Den Bediensteten, besonders Frauen, rät Pallhuber, ab einer gewissen Uhrzeit überhaupt keine Fahrscheinkontrollen mehr durchzuführen und nur noch Kontrollgänge technischer Natur zu machen.
„Die meisten Aggressionen, ob verbaler oder tätlicher Natur, entstehen bei den Fahrscheinkontrollen. Ich selbst kontrolliere ab einer bestimmten Uhrzeit nicht mehr, und besonders Frauen trauen sich nicht mehr, bei den Nachtfahrten zu kontrollieren“, erklärt Pallhuber.
Die Fahrscheinkontrolle selbst gestaltet sich ohnehin als schwierig, so der Gewerkschafter: „Wir verfahren nach einem Protokoll, bei dem der Ausweis verlangt wird. Doch dieser wird selten vorgezeigt, da man in Italien nicht dazu verpflichtet ist, ihn bei sich zu tragen“, erläutert Pallhuber. Schwarzfahrer können nach ausgestellter Buße weiterfahren, doch oft landet die Strafe im Nirgendwo, weil die angegebenen Daten der Schuldigen falsch waren.
„Es liegen bei der SAD stapelweise Protokolle herum, bei denen die Übeltäter nicht identifiziert werden konnten. Es fehlt schlichtweg die Handhabe“, so der Gewerkschafter.
Kommt es zu einem Übergriff, ist von den Ordnungskräften weit und breit keine Spur, oder deren Ankunft lässt auf sich warten, kritisiert Pallhuber. „Bis vor einem Monat konnte man an den Bahnsteigen noch Polizeipräsenz wahrnehmen, doch in letzter Zeit sind sie nirgends mehr an den Bahnhöfen anzutreffen. Die Kasernen in den Dörfern sind nachts nicht besetzt, und die Anfahrt dauert dann oft eine gute halbe Stunde“, schildert der Zugbegleiter.
Selbst wenn es zu einem Einschreiten der Ordnungskräfte kommt, so Pallhuber, ist die Effektivität gering: „Dieselben Personen findet man am kommenden Tag wieder am selben Ort mit derselben Masche vor. Es ist oft sinnlos.“
Die Übeltäter sind dabei oft nicht einmal volljährig: „Wir stellen immer mehr herumstreunende Jugendliche und Baby Gangs fest. Wir sprechen hier von 14- und 15-Jährigen. Die Situation verschlechtert sich zunehmend.“
Die Gewerkschaften arbeiten emsig daran, Maßnahmen zu setzen, um die Arbeitsbedingungen der Bediensteten erträglicher zu gestalten. Die Ergebnisse sind bis dato jedoch ernüchternd.
„Auf nationaler und lokaler Ebene waren wir dieses Jahr beim Regierungskommissariat, und es wurde eine Kommission gegründet, in der Schritt für Schritt Initiativen zur Vorbeugung ergriffen werden sollen. Doch oft sind diese gut gemeint und werden kaum umgesetzt“, berichtet Pallhuber.
Mittlerweile gibt es jedoch immerhin Sicherheitspersonal in den Nightlinern und gewissen Sasa-Linien nach 23 Uhr. Diese Präsenz, so Pallhuber, zeigt in der Tat Wirkung, ist jedoch angesichts der Vielzahl der Bus- und Zuglinien nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Auch die Ausrüstung der Kontrolleure und einiger Fahrer in Bussen mit Bodycams und die Tatsache, dass neue Busmodelle nur noch mit einer komplett abgeschlossenen Fahrerkabine im Einsatz sind, reichen noch nicht aus. Pallhuber zufolge braucht es eine konsequente und deutliche Polizeipräsenz, um die Zustände zu verbessern.
„Wir brauchen unbedingt eine Polizeipräsenz bei den kritischen Zügen und Bussen. Viele Übergriffe werden nicht gemeldet, weil das Personal es einfach über sich ergehen lässt“, bedauert der Gewerkschafter. Deshalb arbeiten die Gewerkschaften an einer Liste der kritischen Linien im öffentlichen Nahverkehr und fordern für diese eine strikte Präsenz von Polizei oder Sicherheitspersonal in der Hoffnung, die Zustände zu verbessern.
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Kommentare (5)
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brutus
…der Exekutive und Justiz sind die Hände gebunden, weil die Politik schläft!
meintag
Es reicht wenn die Justiz den gewählten Volksvertretern zwar auf die Finger schaut aber Migranten in den mit EU Geldern gebauten Einrichtungen in Albanien unterbringen lässt. Denn nach der Überführung nach Italien, wie neulich geschehen, machen diese nach dem Sie registriert sind die Fliege. Das Weitere Resultat sind dann Übergriffe, und Nicht nur, wie Oben erwähnt.
andreas1234567
Hallo zum Wochenende,
was wird denn jetzt aus dem tollen Plan vom LR Alfreider den Anteil der Bimmelbahnnutzer stark zu erhöhen?
https://www.tageszeitung.it/2024/11/07/der-alfreider-plan/
Vielleicht sollte man in jeden kritischen Zug einen ehrenamtlichen Begleiter aus der Riege der Klimaplanfans, Grünen,Umweltbeiräte, Integrationsfreunde setzen, die von der OEW haben bestimmt auch ein paar Deeskalationsexperten welche in den Nachtlinien ihre Zeitungen feilbieten könnten.Und die Friedfertigen von der AntiFa haben doch auch meist Zeit..
Auf Wiedersehen in einem Auto mit festem Dach und einem Motor der was zieht
eiersock
Neulich im Vinschger Zug ! Ausländer sicher vielleicht ein Migrant??
Schuhe ausgezogen ,die stinkenden wirklich sehr stinkenden Füße auf den gegenüberliegenden Sitzplatz gelegt, nebenbei hat er einen einen Apfel gegessen und darauf den Putz auf den Boden geworfen!!! – Kontrolleur war keiner Sichtbar- Lokführer nach meiner Reklamation gesagt cosa devo o posso fare?? Bravo Landesregierung bravo Gutmenschen -Politiker!!!!
sellwoll
Der Lokführer ist dafür nicht zuständig. Bringe deine Beschwerden bei Südtirol mobil vor. Die Kommentare von Tageszeitung ist dafür ebenfalls der falsche Ort.