Mehrheit geht baden

Sven Knoll im Gespräch mit Arno Kompatscher

Weil die Fratelli ausscheren, geht der Widmann-Antrag zur Stärkung geschützter Werkstätten im Landtag durch.

Zeno Oberkofler bringt die dramatische Lage der Regierungsmehrheit auf den Punkt: „Es kriselt.“ Der Grüne kommentiert damit die zweistündige Sitzungsunterbrechung der Fünfer-Koalition, die Landeshauptmann Arno Kompatscher einberufen hatte, nachdem die Fratelli d’Italia – ohne Vorankündigung – mit der Opposition gestimmt und die SVP im Regen stehen gelassen hatten. So fand die Initiative des Ex-SVP-Manns Thomas Widmann zur Stärkung geschützter Werkstätten überraschend eine Mehrheit. Sie zielt darauf ab, den Zugang zu Werkstattplätzen und die Versorgung durch qualifiziertes Fachpersonal nachhaltig abzusichern.

Zum 31. Dezember 2023 verzeichnet Südtirol 39 stationäre und 55 teilstationäre Dienste für Menschen mit Behinderungen. Doch die Nachfrage übersteigt das Angebot bei Weitem: Von 556 Antragstellenden finden nur 347 einen stationären Platz, während bei den teilstationären Diensten 96 Menschen auf einen der 965 Betreuungsplätze warten. „Werkstätten sollen ein Sprungbrett für ein selbstbestimmtes Leben sein“, fordert Widmann und mahnt ein „visionäres Gesamtkonzept“ an. Der Antrag verlangt eine rasche Bedarfsanalyse und eine flexible Personalpolitik, die berufsbegleitende Ausbildung und befristete Lockerungen der Sprachanforderungen umfasst.

SVP-Landesrätin Rosmarie Pamers halbherziger Versuch, den Antrag abzulehnen, weil die Landesregierung „bereits daran arbeitet“, überzeugt FdI-Fraktionschefin Anna Scarafoni, die gemeinsam mit Vize-LH Marco Galateo für den Antrag stimmte, nicht. Werkstätten böten Menschen die Chance, ihre Fähigkeiten zu entfalten, so Scarafoni. Nicht für alle Menschen mit Behinderung seien diese Werkstätten ein Sprungbrett ins Arbeitsleben. Aus eigener Erfahrung – Scarafoni hat ein Kind im Rollstuhl adoptiert – wisse sie, dass dieses Thema noch zu wenig Aufmerksamkeit erhalte. (mat)