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Ein Mann, eine Frau

Arnold Tribus

Bei dem Gezanke innerhalb der Opposition muss man ja froh sein, dass es eine, wenn auch sehr geschwächte, Volkspartei gibt, die das Land führt, findet Herausgeber Arnold Tribus.

Wir stolzen Südtiroler haben immer voller Verachtung auf das römische Parlament geblickt, wo es im Laufe einer Legislatur durch verschiedene Abspaltungen bis zu 30 Einmannparteien gab, die sich nach erfolgter Wahl von ihren Mutterparteien abgespaltet und selbstständig gemacht haben. Man nannte sie abwertend „Cespugli“, Gestrüpp oder Hecken, sie spielten aber immer eine wichtige Rolle, weil sie bei fragilen Mehrheitsverhältnissen das Zünglein an der Waage sein konnten und deshalb wertvoll waren. Zu Berlusconis Zeiten wurden gewisse Parlamentarier sogar käuflich erworben, um die Mehrheit zu stärken. Die abgesprungenen Parlamentarier landeten dann alle in der gemischten Fraktion, der meistens ein Abgeordneter der SVP vorsteht – die einzige Konstante im Parlament und die größte unter den Zwergen. Im Senat hingegen hat die damalige Senatorin Frau Thaler Außerhofer die Autonomie-Fraktion erfunden, ein exklusiver Club, in dem unsere Senatoren, die ehemaligen Staatspräsidenten und Senatoren auf Lebenszeit Platz finden.

Aber nun ist der römische Funke auch auf Südtirol übergesprungen, und wir erleben im Landtag eine regelrechte Zellteilung. Südtirol wäre aber nicht Südtirol, wenn sich nicht schon wieder einmal eine Oppositionspartei gespalten hätte – Südtirols Opposition ist von einem Spaltpilz befallen. Der ehemalige Bürgermeister von Kastelruth hat nach kurzer Zeit festgestellt, dass er auf der falschen Liste kandidierte, dass er mit dem Parteiguru JWA eigentlich nicht kann – zwei Welten. Also ging er, um eine neue Einmannfraktion zu bilden. Wir sind bei neun, und noch ist die Legislatur nicht zu Ende. Die ehemaligen Kandidaten der Liste JWA fordern Collis Rücktritt – ein politischer Wunsch, nicht mehr, denn das Mandat gehört Colli, basta. Dass der eventuelle Nachrücker Wilhelm Haller für die SVP in den Gemeinderat von Sankt Lorenzen gewählt wurde, diese aber verließ und sein Mandat behielt, macht seine Forderung wenig glaubwürdig.

Begonnen hatte das peinliche Spektakel mit Leiter Reber, der zuerst bei den Koalitionsgesprächen gescheit mitredete, einige Tage nach der Vereidigung der Regierung das Schiff verließ und seine Mitabgeordnete Ulli Mair im Regen stehen ließ. Nun gefällt er sich als Oppositionsabgeordneter. Jeder Abgeordnete der Opposition fühlt sich so wichtig, als großer Leader, dass er nur allein glücklich ist, weil er nicht einmal imstande ist, zu zweit zurechtzukommen. Da lobe ich mir die Volkspartei, in der immerhin dreizehn Abgeordnete ohne größeren Streit zusammenleben. Aber die Spaltung bei den Freiheitlichen und bei der Liste JWA ist ja keine Ausnahme, sondern hat durchaus Tradition in der Südtiroler Parteiengeschichte. Südtirols Opposition funktioniert eigentlich nur, solange es sich um eine Einpersonenopposition handelt. Kommen dann mit Ach und Krach zwei Abgeordnete in den Südtiroler Landtag, dauert es in der Regel nicht lange, und es beginnt der Streit – meistens, weil es zu viele Anwärter auf die ein bis zwei Posten gibt, die Futterkrippe aber zu klein ist. Dazu kommen charakterliche Inkompatibilitäten; eine starke Führungspersönlichkeit duldet selten neben sich einen Konkurrenten, und so sind Streitereien vorprogrammiert, Austritt oder Ausschluss und nicht selten die Gründung einer neuen Partei oder Bewegung. Zellteilungssyndrom.

Es bleibt wohl ein Rätsel, warum in Südtirol die Opposition nicht richtig gedeiht, warum die Pflänzchen nicht aufkommen wollen, warum sie so schnell verkümmern oder aber kleine Greggerlen bleiben – kraftlos, sich selbst genug.

Freilich, bei dem Gezanke innerhalb der Opposition muss man ja froh sein, dass es eine, wenn auch sehr geschwächte, Volkspartei gibt, denn irgendwer muss dieses Land auch anständig verwalten. Die Einmannfraktionen werden die angekündigte Reform zu verhindern wissen.

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