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„Südtirol ist rückständig“

Air source heat pumps featured on modern house front. Renewable energy concept

Wärmepumpen gelten als die nachhaltige Heizmethode der Zukunft, dennoch sind sie in Südtirol nur spärlich verbreitet. Die Hintergründe und Vorbehalte.

von Christian Frank

Die nachhaltige Heizmethode der Zukunft, das verspricht die Wärmepumpe. Die Heizsysteme, welche Wärme aus Außenluft, Erdreich und Grundwasser generieren können, kristallisieren sich zusehends als effiziente Heizmöglichkeit heraus und sind in Neubauten mittlerweile gang und gäbe. Das Steckenpferd des deutschen Vizekanzlers und Wirtschaftsministers Robert Habeck, dessen angedachtes Heizungsgesetz ihm mit viel Pathos um die Ohren flog, verliert in Deutschland jedoch zurzeit frappierend an Umsatz. Auch hierzulande bleibt der Öko-Boom der Wärmepumpen bis dato aus, der Markt ist nämlich mehr als überschaubar, berichtet der Managing Director des in Lana ansässigen Unternehmens Lambda, Martin Sulser. Seit 2019 spezialisiert sich der Betrieb auf die Sanierung und stellt hochwertige Premiumwärmepumpen lokal her. Der Absatzmarkt erstreckt sich mittlerweile neben Südtirol auch auf die Schweiz, Deutschland und Österreich.

„Der Markt in Südtirol ist klein. Wenn 400 Wärmepumpen in einem Jahr installiert werden, ist das schon viel. Genauso wie in Belangen der E-Mobilität sind wir auch bei Wärmepumpen rückständig“, urteilt Sulser. Die Gründe dafür sind vielfältig, insbesondere die Förderungen des Landes steuern dabei ihren Teil bei, findet Sulser, denn diese verfehlen bei weitem ihr Ziel. Die Landesregierung verkündete erst vor kurzem stolz, dass das Land seit 2020 5,5 Millionen Euro in die Förderungen von Wärmepumpen investiert hat und weitere Gelder und Beratungen anbietet.

„Die Förderung des Landes ist zwar auch für die Sanierung gedacht, aber wird vor allem im Neubau und für sehr große Sanierungen, also Generalsanierungen, in Anspruch genommen“, erklärt Sulser. Die Förderbeträge sind nämlich an zwei Voraussetzungen gebunden, welche Sulser zufolge verheerend für eine effiziente Verbreitung von Wärmepumpen sind.
„Will man die Förderung beanspruchen, muss man ebenso eine Photovoltaikanlage installieren und Klimahaus-Standard C oder R erreichen. Wir als Branche kritisieren diese Bedingungen stark.“

Grund für den Aufschrei des Gewerbes ist nämlich die Tatsache, so Sulser, dass ohnehin rund 80 Prozent der Neubauten Wärmepumpen installieren. Wo angepackt werden müsse, seien all jene Gebäude, in denen spezifisch Heizungen ausgetauscht werden.

„Wärmepumpen für Neubauten zu fördern, welche sie ohnehin einbauen, ist nicht sinnvoll. Währenddessen gehen jährlich unzählige Gas- und Ölheizungen von Hauseigentümern kaputt, deren Gebäude jedoch nicht die Voraussetzungen für die Förderungen erfüllen.“

Dieser Umstand führt laut dem Wärmepumpenhersteller dazu, dass alte Öl- und Gasheizungen bei einer Heizungssanierung schlichtweg durch neue Öl- und Gasheizungen ausgetauscht werden. Der an die Inanspruchnahme der Förderungen gekoppelte Mehraufwand rentiert sich kaum.

„Angenommen, meine Gasheizung geht kaputt, dann rufe ich einen Hydrauliker an und innerhalb von zwei Wochen sollte der Heizbetrieb wieder funktionieren. Ein Hausbesitzer wird sicherlich nicht noch zusätzlich eine Photovoltaikanlage installieren und das Haus dämmen. Diese Förderung wurde im Büro ausgearbeitet, hat aber mit der Realität wenig zu tun.“

Dabei, so Sulser, ist ein rundum saniertes Gebäude keine Voraussetzung für eine effiziente Funktion der Wärmepumpen. Damit wehrt sich der Managing Director einhergehend gegen die bestehenden Vorurteile, Wärmepumpen seien zu teuer und kaum rentabel, insbesondere, wenn man keine eigene Photovoltaikanlage besitzt.

„Das wäre so, als würde ich sagen, dass man sich ein Elektroauto nur leisten kann, wenn man eine PV-Anlage besitzt. Das ist Blödsinn“, erklärtSulser. „Prinzipiell ist die Wärmepumpe von den Betriebskosten her das mit Abstand günstigste Heizsystem, selbst wenn ich den Strom komplett vom Netz beziehe. Es bleibt konkurrenzlos günstig.“

Dass Wärmepumpen ebenso im Altbau das Mittel zur Wahl sein können, ist jedoch nach wie vor nicht durchgedrungen, so Sulser. Fehlgeleitete Förderungen, wie die des Landes, welche vorwiegend rundum sanierte Gebäude ins Auge fassen, erschweren die Bemühungen.

„Langsam setzen sich aber Installateure und Hydrauliker zunehmend mit der Wärmepumpentechnologie auseinander“, freut sich Sulser. Für Vorbehalte zeigt er dennoch Verständnis, denn während sich der Langzeitbetrieb finanziell rentiert, fallen die Kosten und die Komplexität der Installation negativ ins Gewicht.

„Die Installation einer Wärmepumpe kostet bis zu dreimal so viel wie bisherige Heizsysteme. Zudem gestaltet sie sich komplexer als die eines herkömmlichen Heizkessels. Es gelten viele Faktoren mitzuberechnen“, gibt Sulser zu bedenken. Dies drückt sich bereits in der Wahl der Wärmepumpe aus. Die Preisspanne reicht von 4.000-Euro-Pumpen aus den Fabriken Chinas bis zu 20.000 Euro.

Wie groß sind die Räumlichkeiten? Welche Energieklasse besteht? Wie geräuschempfindlich ist die Umgebung? Derlei Orientierungspunkte legen die Weichen für die Preisgestaltung. Mit Blick auf die Zukunft sieht er die Wärmepumpe als alternativlose Heizmethode.
„2027 wird von der EU eine CO2-Steuer auf Gas- und Ölheizungen erlassen. In absehbarer Zukunft sollen alle Haushalte sich davon lossagen. Um diese Ziele umzusetzen, braucht es effiziente Förderungen, welche die nachhaltige Heizungssanierung ohne große Bedingungen ermöglichen“, konkludiert Sulser.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (3)

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  • steve

    Das Prinzip ist doch genial: man nimmt die Wärmeenergie aus der kalten Umgebung draußen und pumpt sie nach innen. Drinnen wirds schön warm und draußen ein wenig kälter.

    Wer für den Sommer eine Klimaanlage installiert hat kann die effizient auch im Winter zum Heizen verwenden. Klimaanlagen sind nämlich genauso günstige Wärmepumpen.

    Ein paar Windräder auf den Jöchern und ein paar Wärmepumpen installiert und unsere Dörfer und Ortschaften sind befreit vom winterlichen Hausbrandgestank! Pfui Teifl!

    Nur so am Rande das deutsche Heizgesetz wurde bereits in ähnlicher Form von einem gewissen Herrn Altmeier vorbereitet und eine gewisse Frau Merkel hal das Pariser Klimaschutzabkommen unterschrieben. Bild, Welt und NZZ schreibem viel wenn der Tag lang ist.

  • andreas

    Herr Sulser, wenn sich ihr Zeug ohne Subventionen nicht rechnet einzubauen, sollten sie dies zur Kenntnis nehmen oder die Preise senken und nicht von „rückständig“ daherschwafeln.

    Dasselbe Geschwafel wie bei den Elektroautos.
    Wären sie so vorteilhaft wie behauptet würde, hätten viele schon gewechselt oder man drückt sie halt mit Schikanen bei anderen Antriebsarten, wie in Norwegen oder China, in den Markt.

    Nebenbei unterstellen sie allen, dass sie nicht rechnen können und Blödsinn reden und nur sie wissen, was das Günstigste ist.
    Pauschal zu sagen, dass die Wärmepumpe das mit Abstands günstigste Heizungssystem ist, ist auch falsch, da es überall individuelle Gas- oder Strompreise gibt und sie auch nicht in die Zukunft sehen und die Preisentwicklung vorhersagen können. Wobei ich hoffe, dass sie bei ihrer Aussagen die Investitionskosten und Lebensdauer einer Wärmepumpe berücksichtigt haben.

    Zusammengefasst stellen sie ein Produkt her, welches sie ohne politische Intervention nicht loskriegen und behaupten, dass es die Leute nur nicht verstehen würden.

    • steve

      Wenn du deinen Dreck im Ofen verbrennst, hast nur du etwas davon, dein Nachbar kann dein Gestank atmen.

      Warum sollte man Heiztechniken welche der Allgemeinheit was bringen nicht auch fördern?!

      Holz wird in der Regel schwarz verkauft: Strom für Wärmepumpen bringt Steuereinnahmen!

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