Die große Geste
Der neue Sorrentino-Film „Parthenope“ ist einer von den langen. Er dauert 137 Minuten und setzt auf Großaufnahmen.
von Renate Mumelter
Neuneinhalb Minuten Applaus gab es für „Parthenope“ beim Festival in Cannes. Für den Oscar nominiert wurde dann aber „Vermiglio“ von Maura Delpero, und das passt so, denn Sorrentinos Film erschließt sich nicht wirklich. Er beruft sich auf Parthenope, eine der Sirenen der griechischen Mythologie, die unter anderen auch Odysseus zu betören versuchten. Durch einen Sprung ins Wasser beging sie Selbstmord, wurde bei Neapel tot angeschwemmt und gilt bis heute als Stadtgöttin und Neapel als città partenopea. Sorrentino ist Neapolitaner und versteht seinen Film auch als Hommage an diese seine Stadt.
Soviel zum Hintergrund. Erzählt wird dann die Geschichte von Parthenope, einer betörend schönen jungen Frau der Jetztzeit, die unlebendig bleibt, wie alle anderen Figuren des Films auch. Die Erzählung beginnt 1950 und endet 2023, spielt sich in einem noblen Herrschaftshaus am Meer ab, an der Uni, an Stränden und in Betten, auch in der Kirche.
Es wird gelebt und gestorben, die Figuren geben abwechselnd kluge Sentenzen von sich, es wird immer geraucht und häufig Sekt getrunken, es gibt Haut und Sex. Eine Abtreibung wird angedeutet, und San Gennaros Blut wird zeitgleich mit dem Orgasmus des Geistlichen zum Rinnen gebracht. Wer’s mag.
Was den Film rettet, sind die Bilder. Die sind klar und spannend komponiert. Die häufigen Nahaufnahmen und Zeitlupen sorgen dafür, dass die große Geste ins Kino kommt.
Nikodem
Weil gerade von Bildern die Rede war, ein Tipp: am 29. und 30. Oktober zeigt der Filmclub Daniel Pöhackers „Nikodem“ (am 29. in Anwesenheit des Regisseurs), der den Maler Artur Nikodem aus Trient vorstellt, der in Meran lebte, später in Innsbruck und dessen Werke 1937 zu „entarteten“ erklärt wurden. Seine Arbeiten sind grundlegend für die Tiroler Moderne.
Eva Pattis
wird am 30.10. gemeinsam mit Regisseur Andrea Deaglio „Eine Million Sandkörnchen“ in den Filmclub begleiten. Die Psychotherapeutin, die in Bozen aufgewachsen ist, hat eine Therapieform entwickelt, die vor allem dort gut einsetzbar ist, wo die Worte fehlen. Das ist leider öfter der Fall als wünschenswert wäre. Gerade Menschen, die Traumata erlebt haben, auch Kinder, haben zunächst keine Sprache, um das Erlebte aufzuarbeiten. Und da kommen die Sandkisten zum Einsatz, mit denen Eva Pattis Schritt für Schritt und überall auf der Welt zu einem möglichen Dialog führt. In dem Fall sind es kleine Gesten, die zur Heilung führen können.
Heute „Nosferatu“ mit live
Wer es heute noch schafft, sollte sich Murnaus Horror-Klassiker aus dem Jahr 1921 im Filmclub geben. Die Filmmatinee beginnt um 10.30h und wird von Michael Lösch, Helga Plankensteiner und Nelide Bandello live begleitet. Eine seltene Gelegenheit.
SIC-Shorts
Kurzfilme verdienen Beachtung, grundsätzlich und vor allem dann, wenn sie aus der strengen Auswahl der Settimana della Critica (SIC) beim Filmfestival in Venedig hervorgehen. Am Montag um 20.30h werden sechs der sieben Regisseurînnen mit dabei sein, kurz etwas zu ihrem Kurzfilm sagen und nach der Vorstellung in der Talk-Zone für Gespräche da sein. Eintritt frei .
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