Noch mehr Speck
Die IDM steckt 750.000 Euro in die weltweite Vermarktung von Speck. Klimaschutzorganisationen sehen darin einen Wiederspruch zu den Klimazielen.
Climate Action South Tyrol, Kampagne MahlZeit, Heimatpflegeverband Südtirol, OEW-Organisation für Eine solidarische Welt kritisieren die Entscheidung der Südtiroler Landesregierung, über die IDM 750.000 Euro in die weltweite Vermarktung von Speck zu investieren, diese Entscheidung steht im Widerspruch zu Südtirols Klimaschutzzielen.
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Produktion und Vermarktung von Speck massiv verändert. Was einst ein lokal produziertes Nahrungsmittel war, ist heute ein global gehandeltes Massenprodukt. 2023 wurden laut Agrar- und Forstbericht hierzulande lediglich 4.100 Schweine gehalten. Daraus ließen sich höchstens 8.200 Speckhammen erzeugen – tatsächlich produziert wurden 2023 aber 6,28 Millionen Speckhammen. Das bedeutet, dass nicht einmal 0,2% des Südtiroler Specks in Südtirol selbst in Form von Schweinen aufgezogen wurden. Die industrielle Massentierhaltung und der lange Transportweg widersprechen den Prinzipien von Nachhaltigkeit und regionaler Wertschöpfung, unsere Bauern nehmen nicht an der Wertschöpfung teil.
Ernährungswissenschafterin Silke Raffeiner, ehrenamtlich bei Climate Action sowie der Kampagne MahlZeit aktiv, kritisiert diese Entwicklung scharf: „Der ursprüngliche Gedanke hinter dem Speck war die kluge Nutzung von Ressourcen und der sparsame Fleischkonsum. Die heutige Praxis, Speck weltweit zu vermarkten und den Konsum zu steigern, führt zu einer inakzeptablen CO₂-Bilanz. Zudem stammen rund 60% des Sojas, das für den in Südtirol produzierten Speck an die Schweine verfüttert wird, aus Südamerika, wo dafür Regenwald unwiederbringlich zerstört wird.” (Quelle: Joachim Raich, 2021)
Besonders alarmierend ist, dass die Südtiroler Marketing Agentur IDM die Vermarktung des Specks aktiv fördert, obwohl sie sich offiziell dem Klimaschutz verpflichtet hat. Im Jahresprogramm 2024 der IDM wurde das Ziel formuliert, den Konsum von Speck zu erhöhen und neue Märkte zu erschließen. Dies steht im direkten Widerspruch zu den Klimazielen des Landes, das sich mit dem Klimaplan 2040 die Reduktion des Fleischkonsums und die Förderung pflanzenbasierter Ernährung in der Gemeinschaftsverpflegung auf die Fahnen geschrieben hat.
„Es ist schwer nachvollziehbar, warum die Politik ein solches Vorhaben mit einer dreiviertel Million Euro unterstützt“, so Janin Höllrigl, Mitbegründerin von Climate Action South Tyrol. “Anstatt den Fleischkonsum zu reduzieren, wird er weiter angekurbelt. Das widerspricht den Klimaschutzbemühungen komplett“.
Wir fordern daher die Landesregierung dringend auf, Förderanträge gründlich auf ihre Klimawirkung zu prüfen und die Unterstützung klimaschädlicher Projekte zu stoppen. Diese Maßnahme wurde so auch bereits im Klimaplan festgehalten: “Wir fragen uns, wann endlich mit der Umsetzung begonnen und die Ziele in ein verbindliches Klimagesetz gegossen werden”, so Claudia Plaikner vom Heimatpflegeverband. Zudem plädieren die Unterzeichner*innen dafür, die Struktur der IDM zu reformieren, um sicherzustellen, dass ihre Ziele mit den Klimaschutzzielen des Landes im Einklang stehen. Bereits 2022 wurde im Landtag ein Beschlussantrag zur Reform der IDM verabschiedet, auch von dieser Umsetzung fehlt bisher jede Spur. Die 750.000 Euro für das Speckkonsortium sind ein weiterer Beweis dafür, dass die vielen Sonntagsreden der Landesregierung weiterhin leere Worte bleiben und der Wille der Zivilgesellschaft, die sich in Umfragen der Eurac und Astat, wie auch durch den Klimabürgerrat und das Stakeholder Forum Klima klar für mehr Klimaschutz ausgesprochen hat, weiterhin missachtet und Partikularinteressen von Lobbygruppen untergeordnet wird.
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Kommentare (19)
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andreas1234567
Hallo zum Mittag
interessanter Artikel.War wahrscheinlich den Meisten unbekannt die Silke Raffeiner von der Verbraucherschutzzentrale mischt auch für Interessengruppen mit, da fragt man sich schon ob sich das mit unabhängiger Beratung beißt.
Und natürlich ist es geradezu eine Rechercheeinladung an welche Medien die 750000 verteilt werden falls es in Südtirol eine fleißige Opposition hat
Ohne dieses Spendierhosengehabe wäre es eine Petitesse wie die Grödner Schnitzereien auf dem Bozener Weihnachtsmarkt
Am Ende sollte man durchgefütterte Organisationen wie IDM und OEW auf Diät setzen und die sogenannte Verbraucherschutzzentrale wieder auf weltanschauliche Neutralität trimmen
Auf Wiedersehen auf einer Bergeinkehr bei wirklich Hausgemachten
rumer
Seit der Senfter die Speckfabriken abgegeben hat, ist der Großteil der Speckproduktion nicht mehr in Südtiroler Hand. Auch arbeiten in den Fabriken nur billige auswärtige Kräfte.
Warum sollen wir die Speckfabriken noch unterstützen?
sigmundkripp
Eine Frage: Wenn die Südtiroler Kellereien ihre Trauben zu 95% aus dem Ausland holten: wäre das dann noch „Südtiroler Wein“?
Und wenn die Äpfel zu 95% aus Resteuropa kämen: Wäre dann ein Label „Südtiroler Äpfel“ verantwortbar?
(Ich frage für Freunde.)
besserwisser
tun sie das? nein? also was solln diese fragen!
die betriebe sind auch in südtirol und zahlen regulär ihre steuern und beiträge. bei die bäcker fragt auch niemand wo das mehl herkommt usw….., bei dee südtrioler milch wird uch nicht so genau hingeschaut … nur beim speck kommen sie dann immer raus die ganzen netzexperten…
irgendwann ist dann auch genug. man kann nicht immer gegen alles sein!
sigmundkripp
Es geht um die Frage, was eine geografische Herkunftsbezeichnung – noch dazu gesetzlich geschützt – für den Konsumenten bedeuten soll:
Ist das Produkt zu einem überwiegenden Teil aus Grundstoffen dieser geografischen Einheit hergestellt, oder ist der Großteil der Inhaltsstoffe importiert?
Bei den italienischen Konsortien (Parma, San Daniele) ist zumindest die Herkunft der Schweine aus Italien vorgeschrieben.
Es kann von mir aus Speck in Südtirol hergestellt werden, so viel, wie der Markt verträgt. (Mit allen Widersprüchen zur so arg strapazierten „Nachhaltigkeit“)
Aber mit welcher Begründung steht „Südtiroler“ drauf?
Ist ein Getriebe von GKN aus Bruneck ein „Südtiroler“ Getriebe? Oder ein deutsches, weil es in einen Mercedes eingebaut wird?
Fragen über Fragen….
andreas
Die europäische Gesetzgebung regelt diese Angelegenheit und da die Schweine in Südtirol verarbeitet werden, ist „Südtiroler Speck“ durchaus angebracht.
GKN stellt Zwischenprodukte und keine Endprodukte her.
Und Mercedes ist zwar ein deutsches Auto, wobei ich davon ausgehe, dass keine 5-10% der Rohstoffe aus Deutschland kommen.
Da braucht es keine Fragen, so schwierig ist das nicht zu verstehen.
Nebenbei finde ich es imner amüsant, dass jede Provinz oder Region meint, dass ihre Produkte die besten sind.
schwarzesschaf
5% bis 10 % prozent ist aber hoch gegriffen. Und unser mila käse???? Südtiroler produkt????
sigmundkripp
Also würden Sie es auch in Ordnung finden, wenn „Südtiroler Wein“ Aus Trauben aus allen europäischen Ländern hergestellt wird?
sigmundkripp
Z.B. gibt es in Auer die „Schenk“ Kellerei. Sie füllt pro Jahr (!) etwa 50 Millionen Flaschen von Weinen aus ganz Italien ab.
Die gesamte Südtiroler Weinproduktion umfasst aber nur etwa 40 Mio. Flaschen.
Nach dem Prinzip des Verarbeitungsortes, der zur Ursprungsbezeichnung berechtigte, wären die 50 Mio. Flaschen von Schenk alles „Südtiroler“ Weine.
Das wäre dann das Prinzip des „Südtiroler“ Specks.
andreas
@sigmundkripp
Ich finden Umsatz von Schenk im Verhältnis zu den Flaschen viel interessanter, was er da reinkippt, ist mir eigentlich egal. Wobei Wein aus dem Süden nicht grundsätzlich schlechter ist, im Gegenteil.
sigmundkripp
@andreas: Es geht hier nicht um Qualität. Sondern um eine Herkunftsbezeichnung!
gulli
Da gab es doch einen Beschluss, dass die IDM neu strukturiert wird, oder täusche ich mich?
ummagumma
Aber nicht doch beim KH liebstes Kind 🙂
ummagumma
Meinte natürlich den Nachhaltigkeits LH. 🙂
opa1950
Idm müsste sofort abgeschafft werden. Ganz wenige scheffeln sich durch die IDM reich.
sellwoll
“ 60% des Sojas, das für den in Südtirol produzierten Speck an die Schweine verfüttert wird, aus Südamerika, wo dafür Regenwald unwiederbringlich zerstört wird“
Na super!
dn
Woher bekommt die IDM das Geld?
franz1
Schaugs amol hinter die Kulisse in den genannten Betrieben, dei in Deitschland – Aldi, Edeka, Lidl usw. bei denen „Aktionen“ beliefern (ca. 100T) des isch reine „Betriebsauslastung“!
Bei den Verkaufspreisen an der dortigen Theke (vor 5 J) ca.11€ je Kg, da kann der Südtiroler Konsument nur träumen (Industriespeck).
Damals waren es die „Großen“ die den Preis diktierten, „Vogel friß oder stirb“ und do pumpt die IDM no souviel Geld eini?
Isch eigentlich selbstverständlich, bei dei Preise isch Werbung nit DRIN!
franz1
@ Andreas12….,
isssch du a Südtiroler „Marken-Speck“ , dann schau erstmal bei Tönnis oder Vion vorbei, …….