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„Südtirol ist ein gefährliches Gebiet“

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Zusammen mit dem Trentino verzeichnet Südtirol einen beinahe zehnprozentigen Anstieg an Arbeitsunfällen. Die Landwirtschaft fällt dabei besonders ins Gewicht. Bauernbund-Obmann Daniel Gasser über die Hintergründe.

von Christian Frank

Anlässlich des nationalen Gedenktages an die Opfer von Arbeitsunfällen veröffentlichte der nationale Verein AMNIL bedrückende Zahlen. Südtirol verzeichnet zusammen mit dem Trentino satte 9,8 Prozent, wenn es um die Zunahme von Arbeitsunfällen zum Vorjahr geht. Dabei steuert Südtirol 5,3 Prozent bei und das Trentino satte 17,5 Prozent. Nichtsdestotrotz übertrumpft die Provinz Bozen mit 8.503 Arbeitsunfällen von Jänner bis Juli nach wie vor den südlichen Nachbarn mit 8.077 Unfällen. Der Verein schloss bei dieser quantitativen Erhebung nicht bloß Unfälle am Arbeitsplatz ein, sondern auch durch den Beruf verursachte Krankheiten und Todesfälle. Letztere beliefen sich in Südtirol seit Jahresbeginn auf zehn Fälle, und im Trentino kam es zu neun Toten. Besonderes Augenmerk bei der Analyse richtete sich auf die durch den Beruf verursachten Krankheiten. Während das Trentino diesbezüglich sogar einen leichten Rückgang von vier Prozent verzeichnen konnte, stiegen die gemeldeten Fälle von Berufskrankheiten in Südtirol exponentiell. Mit 104 Meldungen über Berufskrankheiten muss Südtirol einen Anstieg von über 40 Prozent verzeichnen. Im Trentino ist die Zahl jedoch, trotz Rückgang zum Vorjahr, mit 216 Meldungen mehr als doppelt so hoch wie hierzulande.

Der Präsident des ANMIL Trento, Roberto Bessanini, verurteilt den Anstieg aufs Schärfste und beanstandet, die Arbeitssicherheit endlich zu einer unumstößlichen Priorität zu machen.

Diesem Tenor stimmt auch der Südtiroler Gewerkschaftsbund SGB/CISL mit ein.

„Die aktuellen Zahlen zu den Arbeitsunfällen zeigen, dass für die Unfallvorbeugung immer noch zu wenig getan wird“, mahnen die SGB-Generalsekretäre Donatella Califano und Georg Plaickner. Die Vielschichtigkeit der Südtiroler Wirtschaft und des Produktionssystems, welches sich in Industrie, Handwerk, Tourismus und Landwirtschaft aufteilt, birgt den Gewerkschaftern zufolge individuelle Risiken. Diese erfordern allesamt angepasste Maßnahmen und Lösungen. Unter diesen Berufssparten ist es insbesondere die Landwirtschaft, welche oftmals als schwarzes Schaf für einen Großteil der Arbeitsunfälle in Südtirol verantwortlich gemacht wird. Ein Blick auf die Unfallmeldungen hierzulande dürfte den Verdacht erhärten. Bauern, welche von steilem Gefälle abstürzen oder unter Traktoren zerquetscht werden, sind bedauerlicherweise keine Seltenheit in der Südtiroler Berichterstattung. Dieser tragische Sachverhalt ist auch dem Obmann des Bauernbundes, Daniel Gasser, bewusst.

„Es tut uns sehr leid um jeden Unfall, welcher geschieht“, bedauert Gasser. Er macht auf die besondere Situation der Südtiroler Landwirtschaft aufmerksam und welche Erschwernisse mit dieser einhergehen.

„Man muss sagen, dass wir in Südtirol ein gefährdetes Gebiet sind. Wir haben viel Gefälle, viele steile Flächen. Das Bewirtschaften bei uns ist ein großes Stück arbeitsintensiver und auch gefährlicher als anderorts in Italien. Das spielt hierbei sicherlich eine große Rolle“, konstatiert der Bauernbund-Obmann. Demnach ist die Arbeit eines Bergbauern am
Steilhang nicht vergleichbar mit derer auf den weiten, flachen Feldern in Süditalien. Witterungsbedingungen verschärfen das Unfallrisiko zudem. Das konnte man laut Gasser besonders dieses Jahr beobachten.

„Das Wetter stellte für uns dieses Jahr eine besonders große Herausforderung dar. Dieses Jahr hat es sehr viel geregnet. Dadurch wird die Arbeit auf den Feldern noch schwieriger. An Steilhängen verschärft sich die Gefahr, dass man abrutscht und sich Maschinen lockern. Auch der Wald, von dem wir in Südtirol reichlich haben, stellt einen gefährlichen Faktor dar“, erklärt der Obmann und betont das Engagement des Bauernbundes in puncto Arbeitssicherheit.

„Wir bemühen uns bereits seit Jahren, durch verschiedene Weiterbildungsveranstaltungen und allerlei, auch digitalen, Angeboten Prävention zu betreiben. Es gibt beispielsweise ein Online-Angebot, welches wie eine Art Traktorsimulator funktioniert. Es gibt viele technische Möglichkeiten, um sich hierbei weiterzubilden, und wir sind als Bauernbund auch sehr stark darum bemüht, die Leute damit zu sensibilisieren“, bekräftigt Gasser. Auch die Gewerkschaft sieht die Lösung in der Aufklärung – ein als oftmals leidiges Laster wahrgenommenes Unterfangen.

„Von grundlegender Bedeutung ist es, das Bewusstsein für die Gefahren an den Arbeitsplätzen zu schärfen. Die Arbeitssicherheitskurse werden oft mehr als Last empfunden denn als Gelegenheit, die Arbeitssicherheit zu verbessern“, postulieren die Generalsekretäre des SGB. Sie fordern schärfere Kontrollen und, abseits der Landwirtschaft, strengere Regelungen in der Auftragsvergabe von Bauaufträgen. Dabei sehen sie auch in dem kürzlich eingeführten und vom LVH scharf kritisierten Punkteführerschein ein helfendes Mittel.

Trotz der jahrelangen Aufklärungsbemühungen des Bauernbundes steigen die Zahlen dennoch. Der Obmann sieht eine Besserung der Lage nur in Maßen realistisch.

„Bei uns ist es leider sehr gefährlich. Es spielen viele Faktoren eine Rolle, wir bemühen uns bestmöglich, die Gefahr einzudämmen. Dennoch werden solche tragischen Vorfälle niemals vollkommen vermieden werden können.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (6)

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  • ich

    Punkte Führerschein für die Bauern,dort wäre er wichtiger als auf Baustellen

    • rumer

      @ich
      lol lol lol und die Punktevergabe sollen die Förster machen.
      Aus dem Wald heraus wird mit Zeiss und Swarovski gespäht und dem spät bremsenden Bauern ein Punkt verpasst.
      Ich würde allen Nicht-Fendt-Fahrern schon mal 10 Negativ-Punkte verpassen, da sie bei der Auswahl der Arbeitsmittel nicht genügend auf Sicherheit geachtet haben.

  • svea

    Ob zusätzliche Kurse oder ein Punkteführerschein für mehrere Branchen die Arbeitsunfälle verringern werden, wage ich zu bezweifeln. Solange jene Unternehmen den Auftrag bekommen, die die größten Preisabschläge bieten, werden Arbeiten an Subunternehmen weitergegeben, die Arbeiter beschäftigen, die schon aufgrund der mangelnden Sprachkenntnisse nur unzureichend informiert sind.
    In der Landwirtschaft ist die Situation, je nach Betrieb, unterschiedlich. Bei den Jungbauern sind es vermutlich nicht die mangelnden Kenntnisse über die Arbeitssicherheit, die es manchmal an Vorsicht mangeln lassen, sondern der Zeitdruck unter dem viele stehen. Die Witterung ist ein Faktor, von dem Bauern abhängig sind und die manchmal dazu führt, dass eine Arbeit noch schnell beendet werden muss bevor das Wetter umschlägt.
    Für Nebenerwerbsbauern ist der Zeitdruck omnipräsent, da sie eigentlich zwei Berufe unter einen Hut bringen müssen. Dass in einer solchen Situation der Altbauer oft versucht dem Jungen einige Arbeit abzunehmen ist verständlich, hat aber manchmal fatale Folgen. Es bedarf sicherlich einer weiteren Sensibilisierung, wenn man jedoch solche Menschen mit Kursen und Bürokratie überhäuft, dann erzielt man dass Gegenteil von dem was man eigentlich wollte.

  • bettina75

    Warum werden Kontrollen vom Arbeitsamt und von den Arbeitsinspektoren nur auf Baustellen, Industrie und Handwerk durchgeführt, wenn in der Landwirtschaft die meisten Unfälle passieren? Man könnte doch hier auch ein Beitragssystem einführen, pro Kontrolle soundso viel Cash für den Landwirt.

  • heracleummantegazziani

    Was kümmern den Bauernbund die Arbeitsunfälle? Der Wolf muss ausgerottet werden, das ist das wahre Problem der Landwirtschaft. Wenigstens nach der Deutung von rumer und Co.

  • nobodyistperfect

    Wieder einmal ein Zeichen, dass Leute am Schreibtisch und Politiker keine Ahnung von der „handwerklichen Arbeit“ haben und bloß Müll produzieren, anders kann ich mir diesen Unsinn nicht erklären.

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