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Kunst als Wahlkabine

Damian Piazza (links) und Martin Demetz vor der Vitrine des Circolo: „Die Menschen vor Ort sollen verstehen, was geplant ist und welche Auswirkungen die Maßnahmen haben könnten.“

Vor zwei Jahren hat der junge Grödner Künstler Damian Piazza in der Vitrine des Circolo -Kreis für Kunst und Kultur in St. Ulrich mit künstlerischen Mitteln gegen die Scheinheiligkeit einer nachhaltigen „Grünen“ Skiweltmeisterschaft protestiert. Jetzt nutzt er die Vitrine erneut, um die Pläne einer Verbindung zwischen Saltria und Monte Pana zur Diskussion zu stellen.

 

2022 hat Damian Piazza aus St. Ulrich, damals 18 Jahre jung und Schüler der Berufsschule für das Kunsthandwerk, die Vitrine des Circolo -Kreis für Kunst und Kultur genutzt, um gegen die Scheinheiligkeit einer nachhaltigen „Grünen“ Skiweltmeisterschaft zu protestieren. Das Schaufenster war zur Gänze mit grünen Euro-Scheinen zugepflastert. Botschaft: An der für 2029 in Gröden geplanten Skiweltmeisterschaft sind nur die Euro-Scheine grün.

Jetzt nutzt er die Vitrine erneut, der aktuelle Anlass ist die geplante und heftig umstrittene Verbindung zwischen Saltria und Monte Pana. Zusammen mit Martin Demetz hat er mehrere Autoritäten zu den negativen und positiven Auswirkungen der geplanten Verbindung interviewt. Das Video ist bis zum 22. Oktober in der Vitrine des Kreises für Kunst und Kultur zu sehen, Passanten können einen QR-Code scannen und wie in einer Wahlkabine ihre Meinung kundtun, ob sie für oder gegen das Projekt sind. Die prozentuale Verteilung der Stimmen wird live angezeigt.  Piazza: „Wir möchten mit dem Video die Bevölkerung über die geplanten Projekte informieren und eine Diskussion dazu fördern. Die Menschen vor Ort sollen verstehen, was geplant ist und welche Auswirkungen die Maßnahmen haben könnten.“

Das Video mit der prozentualen Verteilung der Stimmen: Von aktuell 446 Stimmen sprechen sich 93 Prozent gegen das Projekt einer Verbindung zwischen Saltria und Monte Pana aus.

Zur Erinnerung: In den letzten Jahren wurde intensiv an einer Verbindung zwischen Saltria und Monte Pana gearbeitet, wobei die Art der Verbindung noch diskutiert wird. Aktuell gibt es Überlegungen zum Bau einer Seilbahn, wobei sowohl eine 2S- als auch eine 3S-Bahn im Raum steht, und sogar die Möglichkeit einer Zahnradbahn wird in Betracht gezogen. Diese neuen Verbindungen sollen die bestehende Busverbindung ersetzen, die derzeit regelmäßig zwischen Saltria und Monte Pana verkehrt.

Piazza: „Es gibt positive Aspekte dieser Projekte, die jedoch oft nur die Interessen bestimmter Gruppen und nicht der gesamten Bevölkerung berücksichtigen. Zwar wird eine Seilbahn als umweltfreundlicher angepriesen, doch die Notwendigkeit, Straßen für den Zugang zu den Stationen zu bauen und Instandhaltungsmaßnahmen wie Rettungsstraßen einzurichten, wirft Fragen zur tatsächlichen Umweltfreundlichkeit auf. Auch wenn bestehende Straßen, auf denen alte Busse regelmäßig verkehren, nicht ideal sind, macht es die Situation komplex, diese Veränderungen zu beurteilen. Darüber hinaus könnte eine bessere Anbindung an die Sellaronda die familienfreundlichen Skigebiete Monte Pana und Seiser Alm beeinträchtigen, die besonders für Kinder geeignet sind. Die geplante 4 km lange Trasse würde zudem erhebliche Eingriffe in die Natur mit sich bringen, was viele besorgte Stimmen laut werden lässt.“

Aufklärung, Transparenz und Abschätzung der Folgen für alle Grödner – daran, so Piazza, habe es bei der Bewerbung Grödens für die Ski-WM 2029 gefehlt. In einem Gespräch mit der Tageszeitung sagte er: „Als die Kandidatur abgegeben wurde, war unter dem Tisch alles schon geregelt. Die Bürger wurden erst nachher informiert. Es gab keine öffentliche Diskussion darüber, ob wir diese WM wirklich wollen oder brauchen. Aber Gröden gehört nicht nur ein paar Leuten, sondern allen Bürgern und jeder hat das Recht, über solche Pläne im Vorfeld informiert zu werden.“

Damit das nicht erneut passiert, gehen Piazza und Demetz mit ihrer partizipativen und basisdemokratischen Aktion im Schaufenster des Circolo -Kreis für Kunst und Kultur an die Öffentlichkeit: „Es ist wichtig, dass die Menschen in der Region in die Diskussion eingebunden werden und ihre Stimmen Gehör finden. Und es gilt, die Balance zwischen der Entwicklung von Infrastrukturen, Naturschutz und den Bedürfnissen der Gemeinschaft zu finden.“

Niedrigschwelligkeit, Aktualität, gesellschaftliche Relevanz – das ist es, was von der Kunst in Krisenzeiten gefordert wird. Doch wie geht das? Piazza und Demetz beweisen mit ihrer Aktion, dass das nicht nur eine Behauptung sein muss. (Heinrich Schwazer)

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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