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Im Stau

Foto: Heimatpflegeverband/Markus Lobis

Im Wipptal geht es kaum einen Tag ohne ausgedehnte Staus ab. Ist dies bereits ein Vorgeschmack auf die nächsten drei Jahre?

von Erna Egger

Martin Alber hat in den letzten Tagen zahlreiche WhatsApp und Anrufe von zornigen und verzweifelten Bürgern erhalten. „Die Situation ist problematisch“, sagt der Bürgermeister der Gemeinde Brenner.

Zumeist standen diese Verkehrsteilnehmer blockiert mitten im Stau. „Die Erreichbarkeit des Brenners und von Gossensaß ist zu verschiedenen Zeiten nicht mehr gegeben und es bedarf einer besonderen Portion an Geduld und Verständnis. Dass ausgerechnet wir diese Geduld aufbringen müssen, wo wir jetzt schon dermaßen vom Verkehr belastet sind, ist aber kaum vermittelbar“, schildert Alber.

In den letzten zwei Wochen verging im Wipptal kein Tag ohne Stauaufkommen. „Zwischen Ende September und Oktober haben wir eine spezielle und extreme Verkehrslage: Auf den Hauptverkehrsrouten zirkulieren viele Wochenend- und Tagesausflügler sowie Törggele-Touristen, die vielfach auf der Staatsstraße unterwegs sind, was extrem belastend ist“, sagt Alber.

Sterzings Bürgermeister hat Daten vorliegen: Täglich haben von 4. bis 6. Oktober rund 14.500 Fahrzeuge die Staatsstraße in der Fuggerstand passiert. „In den letzten Tagen herrschte oft bis 18.00 Uhr zähflüssiger Verkehr. Das Verkehrsaufkommen auf der Landesstraße hat zugenommen, um rund 20 Prozent“, so Peter Volgger.

Die Seitenstraßen waren nicht verstopft. „Denn solange auf der Staatsstraße ‚nur‘ zähflüssiger Verkehr herrscht, bleiben die Seitenstraßen frei“, erklärt der Bürgermeister.

Was zu beobachten ist: Trotz LKW-Fahrverbots auf der Landesstraße zwischen Sterzing und Brenner weichen viele Schwerfahrzeuge auf diese Route aus. „Viele Lenker riskieren es und avisieren sich über Funk, ob Kontrollen seitens der Polizeibehörden gemacht werden“, schildert der Bürgermeister Volgger. Er fürchtet: „Sollte es schneien, dann ist alles blockiert.“

Martin Alber

Seit 7. Oktober ist nun zusätzlich die Luegbrücke wegen dringender Sanierungsarbeiten in beiden Richtungen nur einspurig befahrbar, eine Maßnahme, die drei bis vier Wochen andauern wird. „Das Verkehrsaufkommen potenziert sich nun“, beklagt Alber.

In den letzten Tagen gab es auf den Hauptverkehrsrouten im Wipptal oft kein Weiterkommen mehr: Zuweilen wurde die Situation noch durch Unfälle verschärft. Sowohl auf der Autobahn als auch auf der Staatsstraße herrschten kilometerlange Staus.

Ist dies ein Vorgeschmack auf die bevorstehenden Sanierungsarbeiten der Luegbrücke in den nächsten drei Jahren, die ab Jänner 2025 starten?

An verkehrsstarken Tagen will die österreichischen Autobahngesellschaft (Asfinag) auf der Brücke eine temporäre Zweispurigkeit garantieren, die schweren Fahrzeuge mit einem Gewicht über 3,5 Tonnen fahren dann auf der Innenseite der Brücke. An rund 170 Tagen im Jahr wird eine solche Verkehrsführung flexibel eingerichtet – je nach Bedarf entweder in Richtung Norden oder Süden.

Trotzdem befürchten viele goßräumige Verkehrsbehinderungen.

Hartmann Reichhalter, Präsident der Brennerautobahn AG, kann zum Verkehrsaufkommen in den letzten Tagen noch keine detaillierte Bilanz vorlegen. Die zeitweisen langen Staus seien aber nicht allein auf die Luegbrücke zurückzuführen. Auch entlang von zwei weiteren Baustellen auf der Brennerautobahn können die Fahrzeuge nur eine Spur nutzen: Im Tunnel am Brenner werden Arbeiten verrichtet und auf der Nordspur im Bereich Brixen werden Lärmschutzwände montiert. Auch diese Baustellen sorgen für Behinderungen.

„Verkehrsmäßig ist der Oktober zudem schwer einschätzbar“, sagt Reichhalter. „Und schließlich kommt noch das schlechte Wetter hinzu: Dieses verzerrt die Prognosen für den Rückreiseverkehr empfindlich. Das Verhalten der Reisenden aus Urlaubsgründen ist nicht vorhersehbar“, so Reichhalter.

Mit Blick auf die kommenden drei Jahre: Was steht den Wipptalern bevor? „Was auf uns zukommt, weiß ich nicht“, kommentiert Volgger.

Reichhalter sagt: „Die Situation ist sicherlich an der Grenze: Eine einspurige Autobahn stellt immer ein Nadelöhr dar – und die Luegbrücke wird in den nächsten drei Jahren teilweise nur einspurig befahrbar sein, wodurch es zu einer zusätzlichen Verkehrsbelastung kommen wird.“

Aber er lehne es ab, diese letzten Tage auf die anderen 185 Tage der Einspurigkeit auf der Luegbrücke zu projizieren. „Zum Herbsturlaub und dem Frühlingsbeginn ist der Verkehr nicht abschätzbar. Ich bin optimistisch, dass die Situation im November eine andere sein wird. Bei einer Schließung einerFahrspur erst im November wäre die Zeit jedoch für die Arbeiten zu kurz gewesen, weil im Dezember, zu Beginn der Christkindlmärkte, die Autobahn wieder vollständig befahrbar sein muss. Erst in den kommenden Tagen wird sich zeigen, ob die Einspurigkeit in den nächsten Jahren funktionieren wird“, so Reichhalter.

Auch Alber wagt keine Prognosen: „Die Verkehrslage im Oktober ist eine besondere, aufgrund des potenzierten Ausflugsverkehrs. Die Asfinag hat zeitweise eine zweispurige Befahrbarkeit angekündigt. Daher möchte ich nicht eine Situation kritisieren, zu der wir keine Erfahrungswerte haben.“

Auch Volgger gibt sich abwartend: „Es wird sich zeigen, ob die Brücke dermaßen belastet werden kann.“ Er ist sich sicher: „Der Verkehr in Sterzing wird sicher nicht abnehmen, sondern weiter zunehmen. Und das ist schon traurig.“

Volgger nutzt – wenn er in die Landeshauptstadt muss – mittlerweile jetzt schon oft die Ausweichroute über den Jaufenpass und das Sarntal. „In einer Stunde und 15 Minuten bin ich dann in Bozen“, sagt er. „Das geht aber nur, solange die Straße nicht wegen des Schnees gesperrt ist.“

 

 

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