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Zahlen wie die Touristen

Foto: Dolomiti Superski/Wisthaler

Die österreichischen Skigebiete denken über eine Abschaffung der vergünstigten Saisonkarte für Einheimische nach. Wackeln auch bei uns die Einheimischen-Tarife?

von Markus Rufin

In Südtirol ist es ein offenes Geheimnis, dass Skigebiete einheimischen Kunden vergünstigte Preise für Tageskarten, manchmal sogar für Saisonkarten, anbieten. Ein Geheimnis sollte es vor allem deshalb sein, weil es eigentlich nicht erlaubt ist. Laut EU-Richtlinien müssen alle Bürger der EU die Pässe zum gleichen Preis erwerben. Dennoch erhalten Südtiroler häufig einen vergünstigten Preis, wenn sie in ein örtliches Skigebiet fahren.

Diese Praxis ist nicht nur hierzulande üblich. In Tirol gibt es sogar einen eigenen Verbund, der das sogenannte Freizeitticket anbietet. Erwachsene zahlen im Vorverkauf 727 Euro, um den gesamten Winter über in über 30 Skigebieten kostenlos fahren zu können. Auch Personen, die in Tirol studieren oder arbeiten, können diese Saisonkarte erwerben.

Allerdings gibt es heuer eine wichtige Neuerung. Nach einer Klage einer Verbraucherschutzvereinigung ist dieses Ticket nunmehr für alle EU-Bürger erhältlich – und zwar immer zum gleichen Preis. „Es gab entsprechende Aufforderungsschreiben von mehreren nationalen Stellen. Dementsprechend hat sich abgezeichnet, dass die frühere Praxis nicht mit EU-Recht vereinbar war“, erklärt Günther Zangerl, Vorstand der Silvrettabahnen in Ischgl. Die Seilbahnen sind zwar ebenfalls im Verbund dabei, zuständig dafür sind allerdings die Innsbrucker Nordkettenbahnen.

Mit dem Vorverkaufstarif haben die Tiroler versucht, das System auszutricksen. Während der Preis für das Vorverkaufsticket nur im Rahmen der üblichen jährlichen Anhebungen gestiegen ist, zahlt man für das reguläre Ticket rund 150 Euro mehr. Die Hoffnung liegt darin, dass sich vor allem Einheimische das Ticket im Vorverkauf sichern, während Touristen darauf verzichten und dementsprechend mehr berappen müssen. Allerdings gibt es dafür keine Gewähr. Sollten zu viele Menschen das Freizeitticket zum vergünstigten Preis kaufen, werden sich die Skigebiete wohl über mangelnde Umsätze beklagen, meint auch …: „Ich kann nicht für die Kartenverbünde sprechen. Grundsätzlich wird man sich anschauen, ob die Öffnung zu einem Ansturm führt und viele Tickets zu einem günstigeren Preis weitergegeben werden. Sollte sich das abzeichnen, wird man sich über die Preisstruktur Gedanken machen müssen.“

Die Verantwortlichen für das Freizeitticket haben deshalb bereits angekündigt, dass sie für das nächste Jahr Änderungen an der „Angebots- und Preisstruktur“ vornehmen werden. Viele einheimische Kunden befürchten, dass die Vergünstigungen komplett abgeschafft werden. Somit bezahlen Einheimische denselben Preis wie Touristen.

Doch wie sieht es in Südtirol aus? Wackeln die Einheimischen-Tarife aufgrund der Tiroler Änderungen auch bei uns?

Ein so umfassendes Angebot wie in Tirol gibt es hierzulande nicht, wie Marco Pappalardo, Marketing-Direktor von Dolomiti Superski berichtet: „Die EU-Richtlinien, die in Österreich gelten, gelten auch bei uns. Die Diskussion um Vergünstigungen für Einheimische ist seit Jahren ein Thema – nicht nur bei den Skigebieten. Dolomiti Superski bietet so etwas aufgrund der Gesetze aber nicht an.“

Pappalardo weiß aber, wie so viele andere auch, dass zumindest einige Skigebiete Vergünstigungen für Südtiroler anbieten. Diese Angebote sind aber durchaus fragil, meint der Marketing-Direktor: „Eigentlich gilt das Prinzip: Wo kein Kläger, da kein Richter. Wenn ein bestehendes Angebot aber von einem Kunden angeficht wird, stehen die Angebote auf der Kippe. Ein Ausländer könnte also die Einheimischen-Tarife vor Gericht bringen und dort wohl recht bekommen.“

Allerdings gebe es einige Schlupflöcher. So würden einige Skigebiete beispielsweise mit einer Club-Karte arbeiten. Da man in einem Verein selbst bestimmen kann, wer beitreten darf und wer nicht, ist es möglich, diese Club-Karte mit den Rabatten zu verbinden und so dafür zu sorgen, dass diese nur Einheimischen zusteht.

Eine weitere populäre Vorgehensweise: Vergünstigungen für Einheimische sind in manchen Skigebieten nur dann erhältlich, wenn man diese im Vorfeld persönlich abholt und beispielsweise bei einer Familien-Karte für Einheimische auch die Kinder mit vor Ort sind.

Wie sicher diese Angebote im Falle einer Beschwerde sind, ist freilich offen. Fakt ist: auch wenn Skigebiete gerne Vergünstigungen für Einheimische anbieten würden, wird ihnen das durch das geltende EU-Recht erschwert.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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