„…dann fehlt die Grundlage“
LH Arno Kompatscher setzt der Regierung in Rom ein Ultimatum: Sollte die Autonomie-Reform nicht im November starten, beendet er die Zusammenarbeit mit den Fratelli d’Italia.
Von Matthias Kofler
Dieter Steger hat derzeit alle Hände voll zu tun. Der SVP-Obmann arbeitet mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln daran, die Mitte-Rechts-Mehrheit in Rom gefügig zu machen. Denn, wie es aus der Brennerstraße heißt, „blickt man in Sachen Autonomie-Reform nicht herwärts“. Hinter vorgehaltener Hand sprechen SVP-Landtagsabgeordnete von „Stillstand“, und die Stimmung in der Partei ist dementsprechend schlecht.
Steger war es, der in Absprache mit Außenminister Antonio Tajani die SVP-Parlamentarier dazu brachte, den Kandidaten der Ministerpräsidentin für das Verfassungsgericht zu unterstützen. Auch beim Haushaltsdokument von Finanzminister Giorgetti und dem Tauziehen um die Präsidentschaft im RAI-Überwachungsrat ist er bereit, seine Stimme der Regierung zu schenken – jedoch nicht ohne Gegenleistung. Sein Ziel: die Autonomie-Reform, die Landeshauptmann Arno Kompatscher als zentrales Projekt vorantreiben will.
In der Sitzung der Fraktionssprecher des Landtags erstattete Kompatscher Bericht über seine jüngste Rom-Reise. Er bestätigte, was er bereits nach dem Treffen mit Giorgia Meloni den Journalisten ins Mikrofon diktiert hatte: Die Ministerpräsidentin sei bereit, den Verfassungsentwurf für Trentino-Südtirol noch im November in den Ministerrat zu bringen. Dieser solle die autonomen Standards von 1992 wiederherstellen. Auf die skeptische Nachfrage von Oppositionsführer Paul Köllensperger, wie verbindlich diese Zusage sei – schließlich ticken in Rom die Uhren anders und er habe ja schon für Juni angekündigt, anderenfalls die Reißleine zu ziehen – antwortete Kompatscher unmissverständlich: „Wenn die Regierung ihr Versprechen nicht hält, also im November keinen Text vorlegt, dann ist die Grundlage unserer Zusammenarbeit mit den Fratelli d’Italia auf Landesebene, die auf der Wiederherstellung der Autonomie fußt, nicht mehr gegeben.“
Rumms. Ein Ultimatum an Rom – und das Schicksal der Südtiroler Landesregierung steht auf dem Spiel?
In der Opposition lösten Kompatschers Worte Staunen aus. „Die einstündige Aussprache mit dem LH war gut“, meint die Grüne Brigitte Foppa, „aber ob das bis November gehen soll, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.“ Noch skeptischer zeigt sich Thomas Widmann (Für Südtirol). Er erinnert an frühere Versprechen Kompatschers, etwa zur Autobahnkonzession: „Seit seinem Amtsantritt vor elf Jahren hat er uns die A22-Konzession bereits 27 Mal versprochen, zuletzt zu Beginn dieses Jahres, als er den Durchbruch bis Jahresende ankündigte. Nichts davon hat sich bewahrheitet.“
Die Autonomie-Reform, so Widmann, sei jedoch von weit größerer Bedeutung. Auch hierzu habe der LH ursprünglich den Startschuss für Juni angekündigt, nun sei es „November“. „Hier geht es um das Eingemachte: den Fortbestand unserer Sprache und Kultur. Ich befürchte allerdings, dass uns Kompatscher auch in dieser Frage bis zum Sanktnimmerleinstag vertrösten wird.“
Paul Köllensperger lässt keinen Zweifel daran, dass er von dieser Landesregierung nichts hält. Dennoch wäre es ihm lieber, wenn die Regierung in Rom ihr Versprechen einhielte – denn ihm scheint die Autonomie wichtiger als eine Regierungskrise auf Landesebene. Der Team-K-Chef betrachtet den sich abzeichnenden Vorschlag als eine „abgespeckte Version“, in dem wichtigen Zusagen fehlten, etwa zum Einvernehmensprinzip, das den Schutz vor einseitigen Änderungen am Autonomiestatut durch Biancofiore und Co. gewährleisten sollte, sowie zur längst überfälligen Kompetenzerweiterung, die mittlerweile „in weite Ferne gerückt“ sei. Stattdessen beschränke sich Melonis Zusage auf die Wiederherstellung der verlorenen Zuständigkeiten.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) bezeichnet das Reformvorhaben als „nicht verlässlich“. „Wir sehen ja in Südtirol, wie unsere Autonomie tagtäglich untergraben wird. Deshalb ist zu befürchten, dass es auch bei den Verhandlungen mit Rom Zugeständnisse geben wird, mit denen wir nicht einverstanden sind.“ Knoll sieht die große Gefahr für Südtirol darin, dass nach der angestrebten Wahlrechtsreform die Südtiroler Parlamentarier „gar nichts mehr zu sagen haben“, da die Mehrheit dank Bonus über eine satte Mehrheit verfügt. Deshalb sei es unabdingbar, „unsere Rechte schon vorher festzuschreiben.“
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