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Nur Einzelfälle?

Der Fall der beiden Staatsverweigerinnen, die mit selbsterstellten Reisepässen nach Ibiza fliegen wollten, sorgt landesweit für Aufsehen. Wie stark ist die Vertretung der „Sekte“ im Pustertal wirklich?

von Markus Rufin

„Noi è io sono“ nennt sich die Sekte, die italienweit in den letzten Wochen für Schlagzeilen sorgt. Die Gruppe, die unter anderem behauptet, dass Staaten lediglich Firmen seien und ursprünglich von der amerikanischen Sekte „One People“ (OPPT) abstammt, gibt selbst an über 10.000 Mitglieder zu verfügen.

In Südtirol gibt es, wie nun bekannt wurde, mindestens deren zwei. Zwei Frauen, eine Bruneckerin und eine Gadertalerin hatten versucht, mit selbsterstellten Pässen, die man über die Webseite der Gruppe beantragen kann, nach Ibiza zu fliegen. Sie wurden aber von der Polizei aufgehalten und angezeigt. Eine der Frauen hatte zudem Bargeld in Höhe von 20.000 Euro dabei.

Laut Quästur waren die beiden Frauen nicht unbekannt. Beide hatten Vorstrafen. Das bestätigt auch der Kommandant der Carabinieri von Bruneck, Vincenzo Di Buduo. Bereits in Vergangenheit erhielten sie Strafbescheide von Behörden. Von einer Sekte würde der Carabinieri-Kommandant allerdings nicht sprechen: „Es handelt sich einfach nur um Staatsverweigerer. Es gibt keine genauere technische Bezeichnung für sie. Es sind Personen, die jede Art von Autorität ignorieren und nicht akzeptieren. Von Zeit zu Zeit schicken sie sogenannte ,Affidavits‘ (Eigenerklärungen, Anm. d. Red.), mit denen sie versuchen zu begründen, warum sie nicht belangt werden können, an die Gemeindeämter.“

Doch was genau stellen die Staatsverweigerer an, dass es immer wieder zu Konfrontationen mit den Behörden kommt? Wie Di Buduo erklärt, verweigern die Staatsverweigerer beispielsweise eine Autoversicherung abzuschließen oder etwa Rechnungen, Strafen und Steuern zu bezahlen.

Auch die Ortspolizei Bruneck ist bereits in Kontakt mit Staatsverweigerern gekommen. Während der Pandemie habe die Polizei PEC-Mails erhalten, in denen Personen mitgeteilt haben, dass sie den Staat Italien und die Institutionen nicht anerkennen und behaupteten, dass der Staat eine Firma sei oder alle zugeschickten Dokumente keine Gültigkeit haben würden. Auch die Ortspolizei berichtet von zugeschickten Eigenerklärungen.

In letzter Zeit waren es nur vereinzelte Fälle, wo etwa Personen die eine Verwaltungsstrafe laut Straßenverkehrsordnung zugestellt bekommen hatten, diese nicht anerkennen wollten, da angeblich auf dem Übertretungsprotokoll keine originale Unterschrift mehr vorhanden ist, sondern nur mehr digital signiert wird. Hintergrund hierbei waren auch die Weltanschauungen von derartigen Staatsverweigerern.

Die Ortspolizei Bruneck hat diese rechtlich irrelevanten Mitteilungen archiviert und ist den gesetzlich vorgesehenen Weg weitergegangen, mit Zustellungen laut Fristen, Eintreibung von ausständigen Beträgen über die Einzugsdienste, Abzug der Führerscheinpunkte laut Straßenverkehrsordnung usw.

Auch Di Buduo berichtet von einem Anstieg der Zahl der Staatsverweigerer rund um Bruneck während der Pandemie: „Wir haben festgestellt, dass es während der Pandemie einen Anstieg von Staatsverweigerern gab, danach hat sich die Sache aber stabilisiert. Aktuell sprechen wir von Einzelfällen. Es sind nicht nur ein oder zwei Personen, aber wir sprechen hier nicht von signifikanten Zahlen im Verhältnis zur Bevölkerung. Deshalb würde ich nicht von einer Sekte sprechen.“

Was kann man aber gegen die Staatsverweigerer unternehmen? „Wir gehen bei allen Einsätzen gleich vor, unabhängig davon wie der Haltung der Person zu uns ist. Wir haben einer der Personen, die im Gebiet lebt, administrative Maßnahmen ergriffen. Es spielt für uns dabei keine Rolle, ob sie uns nicht anerkennen. Wir handeln trotzdem“, erklärt der Carabinieri-Kommandant.

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