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Annullierter Aktienkauf

Die Südtiroler Volksbank wird erstmals vom Oberlandesgericht dazu verurteilt, eigene Aktien von einem Kunden zurückzunehmen. Wegen mangelnder Risiko-Information und einem Interessenskonflikt.

von Thomas Vikoler

Das mit den Aktien einer Bank, die sie an ihre Kunden verkauft, ist so eine Sache. Es steht stets der Verdacht im Raum, dass das Geldinstitut sich auf solche Weise günstiges Kapital verschafft – das Risiko aber auf die Aktienkäufer abwälzt.

Die große Sammelklage gegen die Südtiroler Sparkasse nach massiven Wertverlusten ist ein vielsagendes Beispiel für diese Tendenz. Man einigte sich schließlich außergerichtlich.

Nun hat das Bozner Oberlandesgericht, Sektion für Zivilsachen, erstmals ein Urteil herausgegeben, in dem sie ein Bankinstitut – in diesem Fall die Südtiroler Volksbank – zur Rücknahme von an einen Kunden verkaufte Aktien verurteilt. Das Gericht unter Vorsitz von Isabella Martin hob damit ein Urteil der Zivilsektion des Bozner Landesgerichts auf, mit dem die Klage des Aktionärs weitgehend abgewiesen wurde.

Kurz gesagt: Der im April 2015 getätigte Kauf von 780 Volksbankaktien durch einen Kunden aus dem Pustertal (die Operation wurde in der Filiale Bruneck abgewickelt) wurde nachträglich vom OLG aufgehoben. Die Bank muss die 780 Aktien zum damaligen Verkaufspreis – abzüglich der 1.528,80 Euro an ausgezahlten Dividenden – zurücknehmen.

Gekauft hatte der Kunde die Aktien zu einem Preis von 15.249 Euro, der Kurs der nicht handelbaren Wertpapiere der Volksbank lag damals bei 19,50 Euro.

Bis Mai dieses Jahres, als der Kunde 1.800 seiner übrigen Volksbank-Aktien verkaufte, sank er auf 8,50 Euro. Ein Wertverlust von nicht weniger als 43 Prozent.

Laut Urteil des OLG muss die Bank diesen durch die angeordnete Rücknahme der 780 Aktien übernehmen, der Kunde erhält dafür 13.720 Euro. Die Volksbank wurde außerdem verurteilt, dessen Prozessspesen aus der ersten Instanz (5.077 Euro) sowie der zweiten (3.966 Euro) übernehmen.

Schadensersatz erhält der Volksbank-Kunde aus dem Pustertal, der im August 2021 angesichts des Wertverlusts der Aktien über den Anwalt Christian Perathoner Klage eingebracht hatte, keinen.

Anwalt Perathoner hatte der Volksbank in seiner Klageschrift die Verletzung der gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflicht über die Risiken des Aktienkaufes unterstellt. Außerdem einen Interessenskonflikt beim Verkauf der eigenen Aktien, die zudem dem von der Bank selbst als „konservativ“ eingestuften Risikoprofil des Kunden nicht entsprochen hätten. Die Konzentration von Volksbank-Aktien in seinem Portfolio wird in der Klage ebenfalls bemängelt.

Der Anwalt der Volksbank bestritt die Vorhaltungen aus der Klageschrift, u.a. mit dem Hinweis, der Kunde sei über das Prospekt zur Aktienausgabe über alle Risiken bzw. den potenziellen Interessenskonflikt der Volksbank informiert worden und habe bereits vor dem Kauf im April 2015 Aktien erstanden. Der Mann aus dem Pusteral hätte diese außerdem jederzeit verkaufen können (was er zum Teil später auch tat).

Das Oberlandesgericht kommt in seiner Urteilsbegründung tatsächlich zum Schluss, dass sich die Volksbank bei dem „direkten“ Aktienverkauf gegenüber dem Kunden in einem „offenen“ Interessenskonflikt befand – und deshalb umso mehr verpflichtet gewesen wäre, ihn vor Wertverlusten zu schützen.

Stattdessen sei sie ihrer Informationspflicht zu einem „unangemessenen Investment“ nicht nachgekommen.

Die Volksbank hat nun die Möglichkeit, Kassationsbeschwerde gegen das Urteil des OLG einzulegen.

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