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Schlechtes Zeugnis


Seit dem Fall Goethe wächst in Südtirol der Ruf nach Orientierungsklassen – doch in Österreich sind die LehrerInnen und SchülerInnen mit den Ergebnissen alles andere als glücklich.

Der Vorfall an der Bozner Goethe-Schule hat in Südtirol eine lebhafte Diskussion über Deutschförderklassen ausgelöst. Oppositionsführer Paul Köllensperger sieht darin eine Lösung für die Herausforderungen des Sprachunterrichts: „In den Willkommens- und Orientierungsklassen in Wien und Berlin werden Kinder mit unzureichenden Deutschkenntnissen von ausgebildeten Lehrern gefördert, bevor sie in die regulären Klassen wechseln. Fächer wie Turnen, Kunst oder Musik können sie von Anfang an gemeinsam besuchen“, erklärt der Team-K-Leader.

Zur Erinnerung: Seit dem Schuljahr 2018/19 gibt es in Österreich die unter Schwarz-Blau eingeführten Deutschförderklassen. SchülerInnen, die die Unterrichtssprache nicht ausreichend beherrschen, werden bis zu 20 Stunden pro Woche in eigenen Klassen gefördert. Separate Klassen werden jedoch erst ab acht SchülerInnen pro Standort eingerichtet, und die maximale Besuchsdauer beträgt vier Semester. Je nach Einstufungstest können SchülerInnen entweder in reguläre Klassen oder in weniger umfangreiche Deutschförderkurse wechseln.

Doch trotz dieser Bemühungen stellt sich die Frage: Wie effektiv sind diese „Sonderklassen“ wirklich?
Eine Evaluierungsstudie des österreichischen Bildungsministeriums aus Ende 2022 zeigt ernüchternde Ergebnisse: Laut den Befragungen erreichen zwischen 21 und 55 Prozent der Kinder die sprachbezogenen Ziele nicht. Zudem wünschen sich die meisten der 700 befragten PädagogInnen und Schulleitungen mehr Schulautonomie bei der Umsetzung der Deutschförderklassen. Fast alle befragten Schulleiter und Lehrkräfte plädieren dafür, die Deutschförderung nicht nach vier Semestern enden zu lassen. Integrative Fördermodelle werden durchweg besser bewertet.

Die Wirksamkeit dieses Konzepts war von Anfang an umstritten: SprachwissenschaftlerInnen warnen vor Isolation, mangelndem Sprachkontakt und Laufbahnverlusten. Das Bildungsministerium hält jedoch am bestehenden Modell fest: „Durch den Krieg in der Ukraine wurden seit Frühjahr 2022 fast 13.000 geflüchtete Kinder und Jugendliche in das österreichische Schulsystem aufgenommen.“
Die SPÖ zeigt sich von den Ergebnissen nicht überrascht: „Die Deutschklassen waren schon immer eine schlechte Idee und sind gescheitert.“ Auch die NEOS fordern ein Ende dieses „türkisen Prestigeprojekts“: „Wir brauchen kindgerechte Maßnahmen, nicht parteitaktische Spielchen.“ Die FPÖ hingegen plädiert vehement für das bestehende Modell: „Wer für Integration ist, kann nicht gegen Deutschförderklassen sein.“ (mat)

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (8)

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  • andreas

    Die Studie stellt die Deutschförderklassen nicht grundsätzlich in Frage, sondern nennt Vorschläge zur Verbesserung.
    Wohl eher handelt es sich bei den Össis um politisches Geplänkel, da die Studie ohne Wissen der Ersteller publiziert wurde und manche Parteien sie für ihre Propaganda nutzen.
    https://www.derstandard.at/story/2000141699200/bildungspsychologin-spiel-in-oesterreich-haben-wir-dauernd-blindflug

    • heracleummantegazziani

      Na ja, eigentlich spricht sich die Mehrheit der Forschenden im Bereich Spracherwerb gegen Deutschförderklassen nach österreichischem Muster aus (das dem was man sich bei uns vorstellt nicht unähnlich ist).
      „Die im Regierungsprogramm vorgesehenen „eigenen Deutschklassen“ und „strenge Kriterien im Hinblick auf den Übertritt ins Regelschulwesen“ erschweren den Deutscherwerb und stehen der erfolgreichen Teilnahme von Schüler*innen am Regelunterricht im Weg. Sie führen zur Segregation und wirken sich negativ auf das Zusammenleben in der Schule aus“, schreiben beispielsweise die Universitäten von Graz, Innsbruck, Salzburg und Wien (also keine Meinung einiger weniger). Wieter: „Kinder und Jugendliche mit nicht-deutscher Familiensprache erwerben die deutsche Sprache sowie Kompetenzen in anderen Unterrichtsgegenständen in integrativen Fördermodellen nachhaltiger und besser als in fast ausschließlich additiver Förderung“ und noch weiter „Bildungssprachliche Fähigkeiten in der Zweitsprache werden vielmehr vor allem dann ausgebildet, wenn der Sprachgebrauch in fachliche Kontexte eingebettet und mit dem Sachlernen verschränkt ist“.
      Anmerkung: Unter „Zweitsprache“ ist jene Sprache gemeint, die nicht die Muttersprache ist.
      Wenn man den Forschungsergebnissen glauben darf, sieht die Mehrheit der Experten Segregation im Unterricht als negativ an, daran ist nicht zu rütteln.

      • andreas

        Da wissenschaftliche Erkenntnisse ja nicht absolut sind, sondern sich entwickeln, wäre es interessant zu sehen, wie die Meinung der Forschenden wäre, wenn ihr Kind in eine Klasse mit hohem Ausländeranteil käme, wo einige noch nie Deutsch gesprochen haben.

        Ich bin nebenbei nicht für separate Klassen, das wäre effektiv eine Ausgrenzung und nicht förderlich, die Sprache zu lernen, sondern einen verpflichtenden Deutschunterricht vor der Einschulung, unabhängig vom Alter des Kindes.

        Wenn es z.B. bei Tenniskursen 3 Leistungsstufe gibt, macht es doch auch wenig Sinn, wenn einer, der nie einen Schläger in der Hand hatte, sich in der höchsten einschreibt, da er sich in der niedrigsten diskriminiert fühlt.
        In der höchsten nervt er nur die anderen und schränkt deren Entwicklung ein.
        Nebenbei verstehe ich nicht wirklich, wie sich ein Anfänger in der höchsten wohl fühlen kann, da ihm ja bewusst ist, dass er ein Bremsklotz ist.

      • enfo

        Nochmals, für wen ist Segregation ein Nachteil? Für diejenigen, die die Sprache nicht können. Und die anderen? Wie sollen diese Kinder Regeln lernen, wenn sie die Sprache nicht können. Das Personal für eine gute Inklusion ist NICHT vorhanden, auch wenn Achammer das andauernd behauptet.
        Die Daten mit den Ukrainern kann man nicht als basis für Inklusion nehmen, da sie eine vollkommen anderen kulturellen Hintergrund haben und leichter zu integrieren sind.
        Nur so mal in den Raum geworfen. Wie sill das ein Lehrer schaffen auf 3-4 verschieden Lernniveaus zu unterrichten?

    • andreas

      Der Artikel sagt eigentlich nur aus, dass sie in Wien, aufgrund der Anzahl, mit den Neuankömmlingen überfordert sind und verzweifelt nach Lehrpersonal suchen.
      Und auch, dass kein politisches Interesse besteht, sie auf andere Bundesländer zu verteilen.
      Das ist jetzt kein Widerspruch zu den Aussagen Köllenpergers.

      Der Össifan Knoll könnte sich aber zu Wort melden, er predigt doch immer, dass in Österreich alles gut und in Südtirol alles schlecht ist.
      rumer, sagt du mal etwas zu den Zuständen in Österreich oder musst du dir bei Knoll immer einen permessino dafür holen?

      • heracleummantegazziani

        Der Mörl-Bauer steckt zurzeit in einer tiefen Identitätskrise, weil er nicht mehr weiß, welchem der unnützesten Volksvertreter, die man je gesehen hat, nach dem Mund reden soll: Knoll oder JWA. Er wird wegen der schlaflosen Nächte noch dösen.

  • unglaublich

    Welcher Unternehmer, welcher Trainer möchte ein Team, wo die Mitglieder übergroße Leistungsunterschiede aufzeigen?
    Wieso werden Anfänger von Fortgeschrittenen bei einem Skikurs getrennt?
    Diskriminierung??

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