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„Klimapolitik ist gescheitert“

Probleme sind dazu da, um gelöst zu werden! Mit diesem Satz wurde die heurige 35. Ausgabe der Toblacher Gespräche eröffnet. Im Laufe der dreitägigen Tagung zeigten internationale Expertinnen und Experten Szenarien auf, wie die Herausforderung Klimakrise gemeistert werden könnte.

Angesichts der weltweiten Krisen kommen sogar Optimisten an ihre Grenzen. Gegen diese Alternativlosigkeit sprach sich der Tagungsleiter der Toblacher Gespräche Karl-Ludwig Schibel aus. Er forderte alle dazu auf, die Endzeitstimmung aus ihrem Denken zu streichen.

„Wir haben die Medizin bereits, wir müssen sie nur nehmen,“ unterstrich Majda Brecelj, Mitbegründerin der Fridays for Future-Bewegung in Südtirol.

Jedoch fehlten die Rahmenbedingungen, um das Leben nachhaltig zu gestalten. Die Verantwortung dafür liege bei den großen Entscheidern und nicht bei den Einzelnen, meinte die Bozner Stadtviertelrätin. Der Geschichtsstudent Giacomo Ratto zeichnete ein düsteres Bild seiner Generation, die jegliche Hoffnung auf eine bessere Zukunft verloren habe. „Der einzige Weg aus dieser Klimakrise ist, das ökonomische System radikal zu ändern!“

Die Klimapolitik sei substantiell gescheitert, behauptete Paola Imperatore, Sozialforscherin an der Universität Pisa. „Es gibt keine Reduzierung, sondern eine Zunahme des weltweiten C02-Ausstosses.“ Schuld daran sei, laut Imperatore, der Handel mit CO2-Kontingenten, die zu einem neuen profitablen Wirtschaftszweig geworden sind. 

Sabine Cagol, systemische Psychotherapeutin, Gründerin der Psychologist for future in Südtirol, meinte, Menschen hätten viele Ressourcen, um Krisen zu überstehen. Anders sei es, bei gesellschaftlichen Krisen, die als Bedrohung der eigenen Existenz wahrgenommen werden. Das erzeuge Angst und Stress und sei eine große Herausforderung. 

Andreas Oberprantacher, Leiter der Abteilung für Friedens- und Konfliktstudien an der Universität Innsbruck, meinte, es gäbe eine kollektive Ermächtigung von Menschen, etwas Befreiendes zu erleben, indem sie aus der Ohnmacht in das Handeln geraten. 

Ute Scheub, Journalistin, Mitbegründerin der Berliner TAZ und Aktivistin, präsentierte in ihrem Referat Fotomontagen von deutschen Innenstädten im Jahre 2045 als reale Utopien. Die Zukunft ist schon da, es gibt solidarische Projekte und u.a. mehr als 1000 Gemeingut-Unternehmen. 

Paulina Fröhlich, stellv. Geschäftsführerin der Think Thanks Das Progressive Zentrum in Berlin

Lars Hochmann, Professor für Transformation in Koblenz, plädierte in seinem Vortrag Regeln zu brechen, Organisationen mit den eigenen Gesetzen zu haken und andere bewußt anzuwenden. Hochmann präsentierte verschiedene Beispiele aus dem Sport, der Forschung, Bildung und aus Privatunternehmen, die zeigen, wie etablierte Systeme überwunden werden können.

Paulina Fröhlich, stellv. Geschäftsführerin der Think Thanks Das Progressive Zentrum in Berlin, meinte, die Klimakrise und die Demokratie seien eng miteinander verknüpft.

Denn die Klimakrise führe dazu, dass Regierende Handlungsspielräume verlieren und damit demokratisches Prozesse verlieren würden. Fröhlich plädierte für eine resiliente Demokratiepolitik, die wie das höchste Bauwerk in Taipeh auch erdbebensicher gebaut ist. „Antidemokratische Tendenzen hemmen den Fortschritt und die Eindämmung der Klimakrise.“ Fröhlich forderte alle Demokraten auf, enger zusammen zu arbeiten. 

Beim abschließenden Runden Tisch plädierte Lars Hochmann für eine neue kulturelle Bildung aller gesellschaftlichen Träger. Paulina Fröhlich wünschte sich eine Demokratisierung des reformbedürftigen Schulsystems. 

 

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