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„Es ändert sich nichts“

Foto: lpa/pixabay

Die von der EU geplante Absenkung des Schutzstatus des Wolfes lässt Hanspeter Staffler,
den Geschäftsführer des Dachverbands, unbeeindruckt. Er zweifelt an einem Inkrafttreten
und sieht selbst in einem solchen Fall kaum Auswirkungen auf Südtirol.

von Christian Frank

Die EU verkündete kürzlich ihr Vorhaben, den Schutzstatus des Wolfes herabzusenken.
Herbert Dorfmann klopft sich darauf stolz selbst auf die Schulter, die Bauern frohlocken und
Umweltverbände wie die WWF stimmen dystopische Endzeitklänge für die Artenvielfalt und
das ökologische Wohlbefinden an. Die gespaltenen Reaktionen sind sich lediglich in einem
Punkt einig: Es ist Brüssels großer Paukenschlag in der Causa Wolf. Doch gerade das wagt
der Geschäftsführer des Dachverbands für Natur- und Umweltschutz, Hanspeter Staffler, zu
bezweifeln.
„Es ist vor allem eine politische Botschaft, dass sich die eigentlich konservative EU-
Kommission dem Druck gebeugt hat“, so Staffler. Viel mehr kann er der vermeintlichen
Sensationsnachricht nicht abgewinnen.
„Wenn man die FFH-Richtlinie kennt, dann liegt einem der Ausdruck nahe: Nicht so heiß
gegessen wie gekocht. Konkret wird der Schutzstatus von 'geschützt' auf 'schützenswert'
reduziert. Das bedeutet nicht, dass man danach wild darauf losballern kann“, erläutert
Staffler. Vielmehr bedeutet diese angepeilte Handhabe, dass der Wolf als jagdbares Wild
eingestuft wird. Demnach kann der Wolf hypothetisch bewirtschaftet werden wie in Südtirol
die Hirsche und Rehe, so der Geschäftsführer des Dachverbands. Der entscheidende Punkt,
warum sich in Südtirol laut Staffler dennoch nichts ändert, wird seiner Ansicht nach gerne
übersehen: „Es muss sich um eine Population handeln, welche sich in einem guten
Erhaltungszustand befindet. Dieser Erhaltungszustand muss nachgewiesen werden, um eine
regulierte Jagd vorauszusetzen. Viele Länder werden die Schwierigkeit haben, diesen
Erhaltungszustand überhaupt nachzuweisen.“
Dieser geforderte Erhaltungszustand ist laut Staffler auch in Südtirol nicht gegeben: „Wir in
Südtirol haben keine Wolfspopulation, welche in einem guten Erhaltungszustand ist. Bei uns
ändert sich folglich nichts.“ Ein solcher Erhaltungszustand wird nicht nur bei Wölfen
angewandt und beschreibt die Lebensumstände einer bestimmten Spezies.
Neben diesem Sachverhalt, welcher allein für sich dem großen Wurf Dorfmanns etwas den
Wind aus den Segeln nimmt, kommt Stafflers Skepsis hinzu, ob die Herabstufung überhaupt
in Kraft treten wird: „Bis wir so weit sind, dass diese Herabstufung stattfindet, sind noch
einige Schritte zu machen. Man muss die Berner Konvention aufschnüren und die FFH-
Richtlinien abändern. Das sind alles sehr schwierige Schritte. Die Abänderung der FFH-
Richtlinie selbst muss meines Wissens von allen beteiligten Umweltministern einstimmig
genehmigt werden. Der Weg ist mit dieser Absichtserklärung noch lange nicht geebnet.“
Abgesehen von der mangelnden Tragkraft und der angezweifelten Wahrscheinlichkeit einer
effektiven Umsetzung versteht Staffler den empörten Aufschrei der WWF, welche in dieser
Absichtsbekundung einen Rückschritt für den Naturschutz zu erkennen glaubt.
„An der politischen Symbolik gemessen ist es ein Signal, das den Naturschutz schwächt.
Entwickelt sich dieser Trend fort, wird der gesamte Naturschutz immer schwieriger.
Praktisch überlegt ist es aber kein Hals- und Beinbruch. Inhaltlich ist das alles keine
Katastrophe.“

Der einzige Umstand, unter dessen Voraussetzung dennoch Abschüsse in Südtirol denkbar
wären, hängt von der Entscheidung des italienischen Umweltinstituts ISPRA ab. Dieses, so
verrät Staffler, könnte Trentino und Südtirol als eine Einheit betrachten. Der
Erhaltungszustand der Wolfspopulation in Trentino ist dem in Südtirol weit überlegen und
könnte somit auch Südtirol zu Abschüssen legitimieren.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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