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Renates Stich

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Renate Holzeisen möchte die Impfpflicht für Kinder abschaffen und behauptet, dass die Wirksamkeit der Impfstoffe nie nachgewiesen wurde. Kann das wirklich stimmen?

von Markus Rufin

Renate Holzeisen ist aus einem ganz bestimmten Grund im Landtag: der Kampf gegen die Pharmalobby. In ihrem ersten Jahr als Landtagsabgeordnete kannte sie fast ausschließlich dieses eine Thema. Egal ob bei Anfragen, Anträgen oder bei Pressekonferenzen – nahezu immer geht es bei ihr um Corona, Medikamente oder Impfungen.

Dass ausgerechnet Holzeisen eine Pressekonferenz zur Abschaffung der Pflichtimpfung für Kinder veranstaltet, verwundert dementsprechend nicht. Gestern präsentierte sie einen Eilantrag, der die Abschaffung der Pflichtimpfung für Kinder vorsieht. Gerichtet ist dieser allerdings nicht an den Landtag oder die Landesregierung. Holzeisen hat den Antrag direkt an Gesundheitsminister Orazio Schillaci, Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und den Verantwortlichen im Gesundheitsministerium, der italienischen Arzneimittelagentur und dem Istituto Superiore della Sanità zugestellt.

Das ist auch verständlich. Schließlich ist die Kinderimpfpflicht in einem Staatsgesetz aus dem Jahr 2017 festgelegt (Lorenzini-Gesetz). Konkret sieht dieses vor, dass Kinder zwei Mehrfachimpfungen erhalten müssen. Geschieht das nicht, werden sie von Kleinkinderbetreuungsangeboten wie dem Kindergarten oder Kindertagesstätten ausgeschlossen. Da die Schulpflicht über der Impfpflicht steht, ist dort ein Ausschluss nicht möglich, aber die Eltern der Kinder müssen bei einem Verstoß eine Strafe bezahlen.

Ein Verstoß gegen die Impfpflicht zieht also harte Konsequenzen nach sich, weshalb das Gesetz seit der Einführung enorm umstritten ist. Mehrfach wurden Versuche unternommen, die Impfpflicht gesetzlich zu kippen, in Vergangenheit sind diese aber immer gescheitert.

Holzeisens Antrag unterscheidet sich aber von den bisherigen Versuchen. Laut eigener Aussage lege sie Umstände dar, über die bis dato nicht geredet wurde: „Bisher hat man, soweit mir bekannt ist, aufgrund einzelner wissenschaftlichen Studien argumentiert. Ich argumentiere aber auf Basis der offiziellen Zulassungsdokumentation.“

Konkret geht es um die Zulassung des Sechsfach-Impfstoffes Hexyon (Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Hepatitis B (rDNA), Poliomyelitis (IPV), Haemophilus Influenzaa Typ B) und des Vierfach-Impfstoffes PROQUAD (Masern, Mumps, Röteln und Varizellen).

Holzeisens Behauptung ist glamourös: „Aus den Zulassungsdokumenten für den Vierfachimpfstoff geht hervor, dass es keine offizielle Studie zur Wirksamkeit gibt. Für den Sechsfachimpfstoff gilt, dass für Kinder ab 24 Monaten keinerlei Studien zur Wirksamkeit gemacht wurden, und die wenigen Studien, die es gibt, wurden mit nicht echten Kontrollgruppen gemacht.“

Tatsächlich ist im offiziellen Zulassungsdokument für Hexyon zu lesen, dass die Sicherheit „bei Kindern im Alter von über 24 Monaten in klinischen Studien nicht untersucht“ wurde. Selbiges gilt für die Vierfachimpfung. Für beide Mehrfachimpfstoffe wurde die Pharmakokinetik, sprich die Verteilung und der Verbleib des Impfstoffes im Körper nicht untersucht, wie aus den Zulassungsdokumenten hervorgeht. „Das heißt es wurde nie untersucht, wo diese Substanzen im kindlichen Körper hinwandern und verbleiben“, unterstreicht Holzeisen. „Das hat insbesondere im Hinblick auf die stark ansteigende Autismusrate in der pädiatrischen Bevölkerung Relevanz, da mit Studien zur Pharmakokinetik u.a. ausgeschlossen werden sollte, dass diese Substanzen samt ihren Adjuvantien (Aluminiumverbindung u. Ähnliches) ins Gehirn der Kinder gelangen.“

Weiters dürfen die Impfungen laut Zulassung nur bei ärztlicher Verschreibung erfolgen, doch das geschehe aufgrund der Impfpflicht nicht.

Holzeisens Argumentation: Mit dem Ausschluss der Kinder aus Kleinkinderbetreuungsstätten und Kindergarten werden Eltern, die sich private Unterbringung und alternative Kindergärten nicht leisten können, bzw. nicht zur Verfügung haben, gezwungen ihren Kindern „de facto experimentelle Substanzen“ spritzen zu lassen. „Und das verletzt gleich eine ganze Reihe verfassungsrechtlicher Prinzipien“, sagt die Rechtsanwältin.

Doch was ist an Holzeisens Behauptung dran? Wurde in den vergangenen sieben Jahren tausenden Kindern nicht erprobte Impfstoffe verabreicht?

Die TAGESZEITUNG hat sich beim erfahrenen Bozner Kinderarzt Franz Rottensteiner erkundigt: „Ich selbst kann keine konkreten Publikationen oder Studien berufen, der beste Beweis für die Wirkung der Impfung ist die Tatsache, dass gewisse Krankheiten, die ich in den Anfängen meiner Laufbahn erlebt habe, im immensen Ausmaß zurückgegangen sind.“

In den 80er- und 90er-Jahren habe man noch mit der Haemophilus Influenzae Typ B leben müssen. Seit der Impfung sehe weder Rottensteiner noch seine Kollegen die Krankheit. Ähnlich verhalte es sich mit Krankheiten wie Kinderlähmung (Polio) oder Diphterie.

Auch bei Masern, Mumps, Röteln und Varizellen (Windpocken) habe man einen Schutz aufgebaut, wobei die Durchimpfungsrate bei Masern im Verhältnis zu Nachbarregionen in Südtirol gering sei.

„Meine persönliche Erfahrung und die der Kollegen ist es, dass viele Krankheiten glücklicherweise nicht mehr so häufig vorkommen. Eltern sollten sich von solchen Meldungen nicht verunsichern lassen“, sagt Rottensteiner.

Auch die Behauptung, dass es eine ärztliche Verschreibung für die Impfungen brauche, stimme so nicht. Eltern seien dazu verpflichtet, die Impfung durchzuführen, dadurch sei eine Verschreibung überflüssig.

Einen Zusammenhang zwischen den verpflichtenden Impfungen und Autismus kann der erfahrene Kinderarzt hingegen völlig ausschließen: „So etwas Törichtes kann man gar nicht sagen. Sie ist überhaupt nicht informiert. Es ist schon seit einigen Jahren bekannt, dass die Autismus-Störung genetisch bedingt ist, selbiges gilt für Diabetes und Zöliakie. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Die letzten zwei Autismus-Fälle, die ich hatte, waren Impfverweigerer. Das ist kein Beweis, ist aber auffällig.“

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