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„Rechtes Getöse“


Team-K-Chef Paul Köllensperger wirft der SVP vor, seit Jahren die Probleme an den deutschen Schulen zu ignorieren und jetzt auf Kosten der Kinder Politik zu betreiben. Was er vorschlägt.

Tageszeitung: Herr Köllensperger, der Fall Goethe hat eine intensive Diskussion über den deutschen Muttersprachenunterricht in Südtirol ausgelöst. Während sich die Regierungsfraktionen mit hitzigen Debatten und Arbeitskreisen beschäftigen, hört man von Team K, der größten Oppositionsfraktion, eher wenig. Haben Sie keine Meinung zu diesem Thema?

Paul Köllensperger: Im Gegenteil. Wir haben sofort unsere Vorschläge eingebracht. Wie so oft gingen diese im Getöse zwischen den extremen Positionen unter – zwischen populistischer Deutschtümelei und Phantasievorstellungen über die Inklusion. Und im Getöse der SVP-internen Fehde zwischen Obmann Dieter Steger und Landeshauptmann Arno Kompatscher. „Wir müssen seriös und nicht aus dem Bauch heraus arbeiten, damit alle Kinder unsere Sprachen gut erlernen können“, hat der LH ja über eure Zeitung verlauten lassen. Da frage ich mich: Ja was habt ihr denn in den letzten zehn Jahren getan? Das Problem ist ja nicht neu. So wie das leistbare Wohnen: Man kann es gar nicht mehr hören. Es geschieht einfach nichts.

Welche Lösung schlagen Sie konkret vor?

Statt Stimmenfang-Politik auf dem Rücken der Kinder zu betreiben, müssen ernsthafte Lösungen gefunden werden, um das Recht auf angemessene Ausbildung aller Kinder zu wahren. Dazu gehört natürlich auch das Recht auf muttersprachlichen Unterricht. Die Einführung einer eigenen Klasse für SchülerInnen ohne Deutschkenntnisse an der Goethe-Schule in Bozen war ein Hilfeschrei eines überlasteten Schulsystems. Wir schlagen vor, vorgeschaltete Klassen mit intensiven Sprachkursen wie in anderen europäischen Städten einzuführen. Das bedeutet, dass Kinder mit unzureichenden Deutschkenntnissen von ausgebildeten Lehrern unterrichtet werden, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern, um sie dann in die regulären Klassen zu inskribieren. Andere Fächer wie Turnen, Kunst oder Musik können von Beginn an gemeinsam besucht werden.

Solche Modelle gibt es in Wien oder Berlin.

Ja. Dort werden in den Willkommens- bzw. Orientierungsklassen Kinder und Jugendliche mit Sprachdefiziten durch zusätzliche Integrationslehrer oder LehrerInnen für Deutsch als Fremdsprache gefördert. Dies stellt sicher, dass der muttersprachliche Unterricht nicht auf der Strecke bleibt. Ein Spagat zwischen Inklusion und Sprachkenntnis. Und natürlich braucht es bei uns – das fordern wir schon lange – intensive Sprachförderung in zweisprachigen Kindergärten und ein zusätzliches, dreisprachiges Schulmodell. Das wäre nicht nur zeitgemäß, sondern auch eine Entlastung der deutschen Schule. Es reicht einfach nicht, sich wie die SVP auf Normen zu berufen, die vor 70 Jahren geschrieben wurde, als unsere Gesellschaft eine völlig andere war. Irgendwann muss man die Courage haben, diese zu ändern. Wenn ich denke, dass die SVP jetzt im Eiltempo eine Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut in der 12er-Kommission durchboxen will, nur um das Wahlgesetz zu ihren Gunsten zu ändern, das geht dann ganz schnell. Wenn es zum Vorteil der SVP ist, geht alles. Ich sage: Macht doch so was für die Schule!

Wie bewerten Sie die bisherigen Bemühungen der Mitte-Rechts-Koalition, insbesondere den jüngsten Gipfel?

Es ist ernüchternd. Eine Partei, die nach 75 Jahren das paritätische Modell der ladinischen Schule lobt, sollte doch auch bereit sein, dieses Modell auf die deutsche Schule zu übertragen. Die gegenwärtige Debatte ist leider eher heuchlerisch. Es sollte doch um das Wohl aller Kinder gehen, unabhängig von ihrer Herkunft. Ein reines Politikum ohne Lösungen nach so vielen Jahren ist Ausdruck politischen Versagens. Die SVP, die seit 70 Jahren regiert, hat es versäumt, zukunftsfähige Bildungsstrategien zu entwickeln. Stattdessen wird immer noch darüber diskutiert, Kinder mit Migrationshintergrund in die italienischen Schulen abzuschieben, was die Problematik nur verschärft.

Das Team K beklagt, dass viele Ihrer Anträge im Landtag abgelehnt werden. Was sind die Gründe dafür?

Die Mehrheit im Landtag folgt einer klaren Linie: Alle Anträge von Team K werden systematisch abgelehnt. Ob es um die Einführung eines Jugendlandtags, die Lösung eines Problems für die Zahnärzte, die Erhöhung der GIS auf Airbnb oder die Kleinkinderbetreuung geht – die SVP lehnt alles vom Team K ab, um dann selbst die gleichen Sachen später einzubringen. Wir werden weiterhin konstruktive Vorschläge unterbreiten. Es liegt dann an den WählerInnen zu entscheiden, ob sie diese Politik der Mehrheit weiterführen oder doch endlich einmal einen Wechsel in der Südtiroler Politik möchten.

Interview: Matthias Kofler

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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