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Digitales Fasten

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Eine italienische Petition verlangt ein Verbot von Smartphones und Social Media für Jugendliche unter 14 und 16 Jahren. Bildungsdirektor Gustav Tschenett befürwortet die Idee, fordert jedoch eine differenzierte Betrachtung.

von Nadia Tinkhauser

Der Diskurs über die Rolle von Smartphones und sozialen Medien im Bildungssystem hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Obwohl das Thema nicht neu ist, haben jüngste Entwicklungen in Italien die Debatte erneut angefacht und sie in den öffentlichen Fokus gerückt.

Im Zentrum dieser Diskussion steht eine Petition, die von einer Gruppe italienischer Pädagogen gestartet wurde, darunter Daniele Novara und Alberto Pellai.

Diese Petition, die mittlerweile auf der Plattform Change.org von rund 23.000 Unterstützern unterzeichnet wurde, fordert ein umfassendes Verbot der Smartphone-Nutzung für Kinder unter 14 Jahren. Zusätzlich plädieren die Initiatoren für ein Verbot der Erstellung von Accounts in sozialen Netzwerken für Kinder unter 16 Jahren.

Die Kampagne zielt darauf ab, die negativen Einflüsse moderner Technologien auf die kindliche Entwicklung und die schulische Bildung zu minimieren – ein Anliegen, das laut den Initiatoren durch zahlreiche wissenschaftliche Studien untermauert wird.

Die Hauptargumente der Initiatoren drehen sich um zwei zentrale Schadensdimensionen, die durch die Nutzung von Smartphones und sozialen Medien entstehen: „Ein direkter Schaden hängt mit der Sucht zusammen, ständig zum Smartphone zu greifen. Außerdem kommt es zu einem indirekten Schaden, weil die Interaktion mit Bildschirmen Kinder daran hindert, die Erfahrungen im wirklichen Leben zu machen“, wird im Schreiben argumentiert.

Diese Erfahrungen, so die Argumentation, seien jedoch essentiell für die ganzheitliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.

Auch Italiens Bildungsminister Giuseppe Valditara bezieht in dieser Debatte klar Stellung: „Dies ist eine Position, die international zunehmend geteilt wird: Die Schäden, die durch die frühe Nutzung von Mobiltelefonen und sozialen Medien entstehen, sind inzwischen für alle sichtbar“, kritisierte er zuletzt und fügte polemisch hinzu: „Der Appell widerlegt diejenigen, die unsere Initiative verharmlosen und uns als rückschrittlich bezeichnen.“

Andrea Abodi, Minister für Sport und Jugend, sieht das nicht so: „Wir sprechen hier über unsere Kinder. Ich glaube nicht, dass die Lösung oder Entschärfung des Problems der exzessiven und unsicheren Nutzung von Mobiltelefonen und sozialen Netzwerken darin besteht, sie per Gesetz für Jugendliche unter 14 und 16 Jahren zu verbieten“, schrieb er am letzten Dienstag auf der Plattform X.

Gustav Tschenett

Vielmehr könnten mehr Erziehung, Ausbildung, Dialog und Zuhören in der Schule und in der Familie sowie mehr sportliche und kulturelle Aktivitäten einen wertvollen Beitrag zur Begrenzung der Risiken leisten.

Gustav Tschenett, Bildungsdirektor des Landes Südtirol, bestätigt: „Es gibt mittlerweile zahlreiche Langzeitstudien, die einen negativen Einfluss von Smartphones auf die Konzentration und das Lernverhalten bestätigen.“ Auf die Frage, was er von der neuen Kampagne von Novara und Pellai hält, antwortet Tschenett: „Grundsätzlich ist es sicher sinnvoll, den Gebrauch von Handys in der Grundschule so gut wie möglich zu unterbinden und auch in der Mittelschule auf ein Minimum zu beschränken.“ Gleichzeitig betont er jedoch die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung: „Der Einfluss von Smartphones variiert je nach Schulstufe, und es ist notwendig, unterschiedliche Maßnahmen für Grund-, Mittel- und Oberschulen zu ergreifen.“

Im Schulalltag seien die Ablenkungen durch Smartphones nach Aussage Tschenetts allgegenwärtig. Trotz des grundsätzlichen Verbots der Nutzung von Handys während des Unterrichts komme es immer wieder vor, dass Schüler ihre Geräte verwenden – sei es zum Chatten, Spielen oder für andere Ablenkungen.

Die Herausforderung bestehe daher nicht nur darin, die Schüler von der Nutzung von Smartphones abzuhalten, sondern auch in der praktischen Durchsetzung des Verbots, so der Bildungsdirektor. Dennoch zeigt sich Tschenett optimistisch: „Bereits jetzt gibt es Schulen, die ein generelles Verbot von Handys im Schulgebäude handhaben. Natürlich ist die Kontrolle schwierig und wird auch immer schwierig bleiben, aber es ist ein wichtiger Schritt, um Ablenkungen zu minimieren“, verspricht er.

Ein weiterer möglicher Ansatz zur Durchsetzung eines solchen Verbots sieht Gustav Tschenett in der Anpassung der Schulordnungen: „In diesen sollte klar festgelegt werden, dass die Nutzung von Handys im Unterricht nicht gestattet ist, und Verstöße gegen diese Regelung müssen vorgesehen sein.“ Dabei sei es entscheidend, dass bei wiederholten Verstößen auch die Erziehungsberechtigten informiert werden. „Die Eltern können so selbst entscheiden, ob sie ihren Kindern – insbesondere im Grundschulalter – das Handy in der Schule mitgeben oder nicht.“

Wichtig ist Tschenett jedoch die Unterscheidung zwischen Smartphones und anderen technischen Geräten. Während er ein striktes Verbot von Smartphones für sinnvoll hält, spricht er sich gegen ein generelles Verbot technischer Hilfsmittel aus. „Andere elektronische Geräte sollten nicht verboten werden, weil diese in der Regel von Schulen bereitgestellt werden und konkret für den Unterricht dienen“, schließt der Bildungsdirektor ab.

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