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„Wir zerstören viel Gutes“

Bischof Ivo Muser

Bischof Ivo Muser stellte am Samstag in seinem Grundsatzreferat bei der Pastoraltagung 2024 drei Wegweiser für die Zukunft der Kirche in Südtirol auf: den Mut zur Reduktion, die Akzeptanz des Unvollkommenen und die Offenheit für alle. Er warnte vor den Gefahren von Überlastung, Perfektionismus und Abgrenzung und forderte die Kirche auf, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Freude am Evangelium und die Beziehung zu den Menschen.

Bischof Ivo Muser eröffnete sein Referat mit der Aufforderung, die christliche Botschaft aus Freude und nicht nur aus Pflicht zu leben. Er erinnerte an Papst Franziskus‘ Worte „Todos, todos, todos!“ beim Weltjugendtag 2023, die den Auftrag Jesu aufgreifen, alle Menschen mit dem Evangelium zu erreichen. Muser betonte: „Wo die Freude am Evangelium unser Handeln prägt, da gelingt Verkündigung, da werden Beziehungen heil.“

Drei Wegweiser

Als zentrale Orientierungspunkte für die Zukunft der Kirche führte Muser drei wichtige Wegweiser an, um die Herausforderungen der heutigen Zeit zu meistern: Zunächst betonte er den Mut zur Reduktion. Es bestehe die Gefahr, dass die Kirche sich in zu vielen Projekten und Aufgaben verliere. Statt alles überall anzubieten und Traditionen stur zu bewahren, gehe es darum, das Wesentliche zu fokussieren: die Freude am Evangelium und die Beziehung zu den Menschen. Es sei entscheidend, zu erkennen, was wirklich zählt, und unnötige Überlastung zu vermeiden.

Die zweite Gefahr sei ein übertriebener Perfektionismus, der in der Kirche oft dazu führe, dass die Freude an der gemeinsamen Verkündigung verloren gehe.

Hier sei die Akzeptanz des Unvollkommenen der Schlüssel. Perfektion sei nicht nötig, um das Evangelium zu verkünden. „Wie viel Gutes zerstören wir durch exzessive Kritik, durch kleinliche Regeltreue und verbissene Skrupel“, sagte der Bischof.

Gott sei im Fragment gegenwärtig, und es gelte, auch unvollkommene Schritte im Glauben zuzulassen. Muser erinnerte daran, dass die Liebe Gottes das Unvollkommene vollendet und Kritik oder zu viel Regeltreue den Geist der Freude ersticken könnten.

Die dritte Gefahr, vor der Muser warnte, sei die Versuchung, sich angesichts des Bedeutungsverlusts der Kirche in der Gesellschaft in Abgrenzung und Polarisierung zurückzuziehen. Stattdessen brauche die Kirche eine Offenheit für alle Menschen. Es dürfe kein „wir gegen die anderen“ geben. Jeder Mensch sei Gottes geliebtes Geschöpf, und die Aufgabe der Kirche sei es, Brücken zu bauen, statt Mauern zu errichten.

Mensch im Mittelpunkt

Muser hob hervor, dass Evangelisierung vor allem durch Beziehungen geschieht. „Die erste Verkündigung besteht darin, dass ich Gott im Gegenüber erkenne und seine Liebe annehme,“ sagte er. Die Kirche dürfe sich nicht in organisatorischen Aufgaben verlieren, sondern müsse den Menschen in den Mittelpunkt stellen.

Zum Abschluss betonte Muser, dass alle pastoralen Bemühungen darauf ausgerichtet sein sollten, dass die Frohe Botschaft die Menschen erreicht. Die Gegenwart Gottes sei in jeder Beziehung spürbar, und die Kirche sei dazu aufgerufen, diese Freude in die Welt zu tragen. „Mit Jesus Christus kommt immer – und immer wieder – die Freude,“ beendete Muser seine Überlegungen.

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