„Wie ein Rattenfänger“
Wie der Streit um die „Sonderklasse“ an der Goethe-Schule das Verhältnis zwischen Landeshauptmann Arno Kompatscher und SVP-Obmann Dieter Steger belastet.
von Matthias Kofler
Nach der Sitzung der Landesregierung war Landeshauptmann Arno Kompatscher sichtlich bemüht, die Situation nicht weiter zu eskalieren. Er betonte, dass das Problem der Sprachvermittlung an Schulen nicht nur gefühlt, sondern real sei, da die Welt komplexer geworden sei. Im Zusammenhang mit der gescheiterten Einrichtung einer „Sonderklasse“ für nicht-deutschsprachige SchülerInnen an der Bozner Goethe-Schule hatten die Freiheitlichen für Freitag einen Koalitionsgipfel einberufen. Kompatscher erklärte, dies sei ihr gutes Recht, da es im Koalitionsabkommen vorgesehen sei. „Wir müssen seriös und nicht aus dem Bauch heraus arbeiten und nach rechtlich umsetzbaren Lösungen suchen, damit alle Kinder unsere Sprachen gut erlernen können“, sagte er.
In der Sitzung der SVP-Leitung am vergangenen Freitag brachte Kompatscher dieselbe Haltung zum Ausdruck und machte deutlich, dass er die Vorgehensweise von Neo-Obmann Dieter Steger nicht billigte. Steger, der als harmoniebedürftig gilt, behauptete, zu keinem Zeitpunkt Sonderklassen gefordert zu haben – eine Aussage, die Verwunderung unter einigen Sitzungsteilnehmern auslöste. Senatorin Julia Unterberger fragte: „Warum sitzen wir dann heute hier und diskutieren darüber?“ Auf RAI Südtirol hatte Steger nach Bekanntwerden der Vorgänge an der Goethe-Schule erklärt, dass hier „keine Wissenschaft, sondern nur Hausverstand“ erforderlich sei. Für Kompatscher, der auf gesetzeskonforme Maßnahmen drängt – eine Aufteilung der SchülerInnen nach Sprachkenntnissen wäre das nicht – wirkte dies wie ein populistischer Seitenhieb: „Es entsteht der Eindruck, wir als Landesregierung seien abgehoben und nicht nah genug am Volk“, wiederholte er einen landläufigen Vorwurf, der ihn immer wieder hart trifft.
Auch andere SVP-Granden wie Vize-LH Rosmarie Pamer, Bildungslandesrat Philipp Achammer und Julia Unterberger äußerten ihren Unmut über das ungeschickte Vorgehen Stegers. Die Botschaft: Der Obmann sollte bei so sensiblen Themen zunächst Rücksprache mit den Verantwortlichen halten und die rechtliche Machbarkeit der Vorschläge prüfen, anstatt wie ein Rattenfänger einfache Lösungen zu propagieren, nur um dem medialen und öffentlichen Druck gerecht zu werden. „Indem du wie ein Oppositionsführer gesprochen hast, bist du dem LH und dem zuständigen Landesrat in den Rücken gefallen“, erklärte Unterberger. Ihre Tochter, die Meraner Vizebürgermeisterin Katharina Zeller, mahnte an, dass im Zusammenhang mit dem Sprachunterricht auch der Integrationsaspekt berücksichtigt werden müsse. In ihrer Stadt habe sich durch Ausgrenzung und Ghettobildung das Phänomen der Gangs verschärft.
Ob sich das Verhältnis zwischen Obmann und LH durch den Fall Goethe langfristig verschlechtert hat, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.
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