Kaufverhalten im Wandel
Immer mehr Konsumenten achten auf ökologische und soziale Nachhaltigkeit. Aber Südtiroler Qualitätsprodukte sind vielen zu teuer.
von Nadia Tinkhauser
Südtirol bietet eine große Vielfalt an regionalen Qualitätsprodukten, die durch europäische Herkunftssiegel wie die „geschützte Ursprungsbezeichnung“ (g.U.) und die „geschützte geografische Angabe“ (g.g.A.) abgesichert sind. Die wichtigsten Absatzmärkte sind Italien und Deutschland, wobei vor allem Äpfel, Speck und Milchprodukte in diesen Ländern verkauft werden. Rund die Hälfte der Südtiroler Apfelproduktion geht nach Italien, während ein Fünftel in Deutschland abgesetzt wird. Beim Südtiroler Speck entfallen 70 Prozent des Absatzes auf Italien und 25 Prozent auf Deutschland. Die Milchprodukte hingegen werden fast ausschließlich in Italien verkauft, wobei ein Drittel in Südtirol verbleibt.
Dabei hat das Thema Nachhaltigkeit in den letzten Jahren sowohl in der Gesellschaft als auch in der Wirtschaftspolitik stark an Bedeutung gewonnen. Dies zeigt sich nicht nur in den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen, sondern auch in zahlreichen Regierungsstrategien, unter anderem in Italien und Deutschland. Verbraucher setzen sich zunehmend mit den ökologischen und sozialen Auswirkungen ihres Konsumverhaltens auseinander. Dies haben auch die Produzenten und Konsortien Südtiroler Qualitätsprodukte erkannt und entsprechende Nachhaltigkeitsstrategien entwickelt. Allerdings ist unklar, in welchem Maße Nachhaltigkeit tatsächlich eine Rolle bei den Kaufentscheidungen spielt und welche Aspekte den Konsumenten besonders wichtig sind. Ebenso offen ist die Frage nach der Zahlungsbereitschaft für nachhaltig produzierte Lebensmittel.
Um diese Fragen zu klären, führte das Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen (WIFO) auf Initiative der IDM Südtirol – Agrar eine repräsentative Umfrage in den Hauptabsatzmärkten für Südtiroler Qualitätsprodukte durch. „Die Umfrage wurde im vergangenen Dezember durchgeführt, und wir haben knapp 2.700 Haushalte in Deutschland und Italien befragt“, erläutert Jakob Bisignano, der für die Studien und Analysen des WIFO zuständig ist. Die Ergebnisse zeigen, dass fast die Hälfte der Befragten (49,2 Prozent) beim Kauf von Lebensmitteln häufig auf ökologische und soziale Nachhaltigkeit achtet.
Verdeutlicht wird, dass Konsumenten, die Südtiroler Qualitätsprodukte kennen oder kaufen, diese überwiegend mit gutem Geschmack und hoher Qualität verbinden. Eine umweltschonende Produktionsweise wird hingegen seltener mit diesen Produkten assoziiert, wobei italienische Verbraucher diesen Aspekt häufiger nennen als deutsche. Besonders im Zusammenhang mit Äpfeln ist Nachhaltigkeit den Konsumenten wichtig, gefolgt von Speck und Milchprodukten. Auffällig ist, dass Mozzarella in Italien stärker mit Nachhaltigkeit verbunden wird, was vermutlich mit dem höheren Konsum dieses Produkts in Italien zusammenhängt.
Wichtige Kriterien bei der Kaufentscheidung für Obst, Fleisch- und Milchprodukte sind der Schutz der eigenen Gesundheit und das Wohlergehen der Tiere. Auch Preis und Geschmack spielen eine wesentliche Rolle, während ökologische Faktoren wie Treibhausgasemissionen oder umweltfreundliche Verpackungen weniger berücksichtigt werden. Soziale Aspekte wie ein faires Einkommen für Landwirte oder die Herkunft aus der EU sind für die Kaufentscheidung kaum von Bedeutung.
Zudem empfindet nur etwa ein Viertel der Konsumenten die Preise für Südtiroler Produkte als angemessen. Sie finden, dass die Produkte zu viel kosten.
Die Umfrage zeigt auch, dass 70 Prozent der italienischen und 79 Prozent der deutschen Verbraucher bereit sind, für nachhaltige Produkte mehr zu zahlen. Allerdings wären nur drei Prozent der Befragten bereit, Preissteigerungen von 50 Prozent oder mehr zu akzeptieren. Konsumenten mit geringerer Zahlungsbereitschaft legen mehr Wert auf Geschmack und Preis, während Konsumenten mit höherer Zahlungsbereitschaft Nachhaltigkeitsaspekte stärker gewichten.
„Die Produzenten und Konsortien der Südtiroler Qualitätsprodukte haben bereits viele Maßnahmen in Richtung Nachhaltigkeit ergriffen und planen weitere Schritte. Da den Konsumenten besonders das Wohlergehen der Tiere und der Gesundheitsschutz wichtig sind, sollten diese Aspekte in der Vermarktung stärker hervorgehoben werden“, kommentiert Michl Ebner, Präsident der Handelskammer Bozen, die Ergebnisse der Studie. Bisignano ergänzt: „Es gibt bereits einige Initiativen der Konsortien, wie etwa ‚Sustainapple‘, ‚Unsere Milch. Unsere Zukunft‘ oder die Bemühungen des Speckkonsortiums, die Tierwohlstandards zu erhöhen.Wenn solche Maßnahmen ergriffen werden, müssen sie auch kommuniziert werden.“
Wie sich die Bedeutung nachhaltige Produkte in der Zukunft entwickelt, bleibt offen. „Nachhaltigkeit spielt aktuell für mindestens die Hälfte der Verbraucher eine wichtige Rolle. Da das Thema auch in den Medien stark präsent ist, könnte es weiterhin einen großen Einfluss auf die Konsumentscheidungen haben. Über die Zukunft können wir jedoch nur spekulieren“, so Bisignano.
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Kommentare (7)
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brutus
„…immer mehr Konsumenten achten auf ökologische und soziale Nachhaltigkeit!“
…kaufen aber das Billigprodukt!
…schließlich muss noch Handy, Auto und Urlaub finanziert werden!
andreas
Müssen die Leute eigentlich dich fragen, für was es sinnvoll ist ihr Geld auszugeben?
Oder meinst halt ungefragt, dass du es ihnen erklären musst?
kitt
Sollten mal die öffentlichen anfangen, billig Milch ecc.kaufen nur weil sie beim Wettbewerb gewinnen und hoteliere im gross Handel, Rindfleisch um 9 Euro usw.
andreas
Es sollte allgemein bekannt sein, dass diese Studien recht unnütz sind, da sich die Antwort in der Umfrage nicht im Kaufverhalten widerspiegelt.
Das Problem der Südtiroler „Qualitätsprodukte“ ist halt, dass z.B. der Wein aus Südtirol übertrieben teuer ist und Wein aus Trient, mit ähnlicher Qualität, die Hälfte kostet und aus dem Veneto teilweise ein Viertel.
Äpfel aus den ehemaligen Sumpfgebieten Südtirols sind jetzt auch nicht wirklich von höchster Qualität.
Auch ist es manchmal etwas eigenartig, wie viel ein Bauer mit 3 Schweinen Speck verkaufen kann und dass 5 Hennen so viele Eier legen. Von Kastanien oder Honig gar nicht zu reden.
Die Milchgenossenschaften kaufen Milch auch zu, wo sie diese dann einsetzen, bleibt ihr Geheimnis.
„Nachhaltigkeit“, eigentlich ein selten dämliches Schlagwort, muss man sich auch leisten können und bei den Preisen, welche manche aufrufen, können sie das Zeug gerne behalten, z.B. die € 7,50/kg für die Marillen, wo nur die oberen 4 gut sind.
schwarzesschaf
Du hast vergessen die trauben werden mit 2/3 trauben vom italienischen Bauernfreund aus lombardei gepantscht äh verschnitten, und als südtiroler wein verkauft alles legal. Das selbe beim sauerkraut frage mich immer wo in Vinschgau diese ganzen Krautköpfe angebaut werden und dann noch seperat verkauft werden.
foerschtna
Das Hemd sitzt halt näher als der Rock. Oder um Bert Brecht zu bemühen: Zuerst kommt das Fressen, und dann die Moral.
ostern
Speck mit Schweinen aus Holland oder Deutschland sind auch nicht zu vergessen.