Piras vs. Moser
Abwanderung junger Menschen: ASGB-Vize Alex Piras kritisiert den hds, laut dem die Politik für die Abwanderung hauptverantwortlich sei.
Alex Piras, Vizevorsitzender des ASGB, reagiert kritisch auf die jüngsten Aussagen von HDS-Präsident Philipp Moser, der die Politik als hauptverantwortlich dafür bezeichnet, Maßnahmen zu ergreifen, um die Kaufkraft in Südtirol zu sichern und die Abwanderung junger Menschen zu stoppen. Piras stellt klar, dass auch die Wirtschaft Verantwortung übernehmen muss und nicht nur die Politik gefordert ist.
„Die Abwanderung junger Menschen ist nicht allein der Politik zuzuschreiben,“ erklärt Alex Piras im Gegensatz zu Philipp Mosers Forderung.
„Es stimmt, dass die Wohnungspreise ein großes Problem sind, aber auch die niedrigen Löhne und unsicheren Arbeitsbedingungen in vielen Branchen tragen dazu bei, dass junge Menschen anderswo bessere Perspektiven suchen,“ betont er. Moser verweist auf den Fachkräftemangel und darauf, dass Südtirol überproportional viele junge Menschen verliert. Er fordert mehr bezahlbaren Wohnraum, damit das Land auch als Arbeitsort attraktiv bleibt. Piras ergänzt jedoch: „Viele junge Menschen sehen keine Zukunft in Südtirol, weil ihre Löhne kaum ausreichen, um die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten zu decken. Es ist auch die Aufgabe der Wirtschaft, attraktive Arbeitsplätze und angemessene Löhne anzubieten.“
Mosers Argumente zielen stark darauf ab, die Politik in die Pflicht zu nehmen, um die Kaufkraft zu stabilisieren. Doch Piras widerspricht: „Es ist zu einfach, die Verantwortung allein der Politik zuzuschieben. Die Unternehmen müssen ebenfalls Verantwortung übernehmen, indem sie die Kaufkraft ihrer Mitarbeiter sichern.“ Er betont, dass kollektive Lohnerhöhungen ein gerechter Anteil am erwirtschafteten Gewinn seien. „Die Arbeitnehmer schaffen den Mehrwert in den Betrieben, daher müssen diese auch mehr vom Gewinn umverteilen auf ihre Beschäftigten.“ Dies sei kein Geschenk der Wirtschaft, sondern eine notwendige Maßnahme zur Sicherung der Kaufkraft.
In Bezug auf Preissteigerungen hebt Piras hervor, dass viele Unternehmen die wirtschaftlichen Krisen der letzten Jahre genutzt haben, um ihre Preise willkürlich in die Höhe zu treiben. „Es ist nicht nur die Aufgabe der Politik, hier einzugreifen – die Unternehmen selbst tragen Verantwortung für die Preisentwicklung,“ so Piras. Besonders im Lebensmittelsektor hätten schon 2022 Maßnahmen gegen diese Preissteigerungen ergriffen werden müssen. „Die Unternehmen dürfen sich nicht hinter der Politik verstecken, sondern müssen ebenfalls zur Stabilisierung der Preise beitragen,“ fügt er hinzu.
Piras betont, dass das Argument, Lohnerhöhungen würden die Inflation ankurbeln, längst widerlegt ist. In den letzten Jahren habe sich gezeigt, dass es nicht die Lohnerhöhungen waren, die die Preise in die Höhe trieben, sondern Preiserhöhungen in verschiedenen Wirtschaftssektoren. „In Italien gab es kaum Lohnerhöhungen, und trotzdem sind die Preise massiv gestiegen,“ erklärt er. Dies beweise, dass nicht die Arbeitnehmer für die Inflation verantwortlich gemacht werden können. Vielmehr müsse die Wirtschaft zur Preisstabilität beitragen und willkürliche Erhöhungen vermeiden. „Es ist doch absurd, dass der Handel darüber klagt, dass weniger konsumiert wird, während er gleichzeitig die Preise erhöht und sich weigert, seine Angestellten kollektiv angemessen zu entlohnen,“ fügt Piras hinzu.
Bezüglich des Handelssektors stimmt Piras Moser zunächst zu: Ja, der Sektor wird sich in Zukunft an neue Technologien und den Onlinehandel anpassen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das ist offensichtlich. Doch für Piras trägt das niedrige Mindestlohnniveau im Verhältnis zu den hohen Lebenshaltungskosten auch wesentlich dazu bei, dass die Attraktivität des Handels für junge Menschen abnimmt.“ Dieses liegt nur knapp über dem staatlichen Durchschnitt und bietet jungen Menschen keinen Anreiz, im Handel zu arbeiten. „Ohne angemessene Löhne wird der Handel keine jungen Arbeitskräfte gewinnen können.“ Die Lösung liegt also nicht nur in digitalen Innovationen, sondern vor allem in fairen und attraktiven Gehältern.
Abschließend verweist Piras auf die bereits bestehenden Maßnahmen wie Steuererleichterungen und Beitragsbegünstigungen, die zur Stärkung der Kaufkraft beitragen. Er warnt, dass ein Rückzug dieser Maßnahmen die Lage der Arbeitnehmer weiter verschärfen würde. „Moser ignoriert dabei völlig, dass bereits politische Maßnahmen zur Unterstützung der Kaufkraft existieren, die dringend fortgeführt werden müssen,“ ergänzt Piras.
„Die Wirtschaft darf nicht länger die Verantwortung auf die Politik abschieben,“ schließt Piras. „Wenn wir die Abwanderung stoppen und die Kaufkraft sichern wollen, müssen alle Akteure – sowohl Politik als auch Wirtschaft – ihren Beitrag leisten.“
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Kommentare (7)
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meinemeinung
es sind nicht die Verkäufer/innen die das Land verlassen, es sind die, dies sichs leisten können.
Ein Studium im Ausland mit Landesbeiträge für fast jeden (der andere hat soviel selber) Jungen Mensch in Südtirol , egal wo, Wien, Zürich, München oder gar in den USA.
Die suchen sich einen Nebenjob und gewöhnen sich an das Stadt leben das es in Südtirol nicht gibt. Möglichkeiten nach dem Studium eine Arbeit zu finden als Praktikant oder Uniabgänger ist bei uns fast unmöglich, so sucht sich der /diese Junge eine Arbeit im Ausland und lebt dort weil meistens noch eine Bekanntschaft (Frau/Mann) dazu kommt.
Vom Gehalt und Lebenshaltungskosten wird da meisten nicht gesprochen
artimar
Man redet von Abwanderung ins Ausland. Für mehrsprachige Südtiroler-innen sind Innsbruck, Wien, München… genauso wenig Ausland wie Mailand.
Im Zuge der europäische Integration gilt es wohl von Binnenmigration zu sprechen. hat. Das mehrsprachige Südtirol hat hier ja einen Wettbewerbsvorteil. Andererseits hat es zur Folge, dass der Prozess der Minorisierung der dt./lad. Bevölkerung in Südtirol noch mehr zunimmt.
Insbesondere junge Menschen nutzen immer mehr die Chance. auch weil nicht nur die Wirtschaft, sondern auch Verwaltungen es bis heute offenbar immer noch nicht verstanden, dass es längst einen (globalen) Wettbewerb um (hochqualifizierte) Fachkräfte gibt. Andernorts kontaktiert man seit langem schon bereits sehr früh junge Menschen (z.B. auch auf Bildungsmessen) und macht ihnen attraktive europäische Integration hat. Dazu gehört eben nicht nur der freie Austauch von Waren und Dienstleistungen, sondern auch die Mobilität der Personen. Das mehrsprachige Südtirol hat hier ja einen Wettbewerbsvorteil.
Warum sollten insbesondere junge Menschen nicht die Chance nutzen?
Nur Betriebe, aber auch Universitäten, Verwaltungen in Italien, auch das Südtirol, haben es bis heute offenbar immer noch nicht verstanden, dass es längst einen Wettbewerb um (hochqualifizierte) Fachkräfte gibt. Andernorts kontaktiert man seit langem schon bereits sehr früh junge Menschen und macht ihnen attraktive Angebote.
sougeatsnet
Ich möchte auch sagen, dass die Landesbeitäge für das Studium einmal besser waren. Lohnabhängige schneiden da bei der EEVE schlechter ab als Selbständige. Das Problem des nicht Zurückkehrens hat auch mit den sehr schlecht bezahlten Praktikas zu tun. Im Ausland wird man da viel besser behandelt, die Löhne sind erheblich höher und die Lebenshaltungskosten niedriger. Frühr waren dies nur einzelne, derzeit bleiben. von Maturaklassen die Hälfte nach dem Studium im Ausland. Das Hauptproblem ist, dass diese Leute rechnen können und verstehen, dass sie bei den derzeitigen Löhnen sich keine verünftigen Wohnungen mehr leisten können. Wer will schon Kredite mit Laufzeiten von 30-40 Jahren aufnehmen? Freizeitangebote gibt es bei uns viele, das meiste aber für unsere Touristen. Für die Einheimischen bleiben da nur Brotsamen. Und da wundert man sich, dass unsere Jungen Alternativen suchen.
artimar
Freizeitangebote werden untergeordnet vielleicht auch eine Rolle spielen. Entscheidender ist aber wohl anderes.
Man kennt es in den USA bereits seit langem. In GB, BRD … kennt man es auch. Angehenden Studierenden oder Studierenden werden von Unternehmen individuell angepasste attraktive berufliche Angebote, Pakete gemacht. So können sich allein auf ihren Werdegang konzentrieren. Oft gibt es zudem Kooperationsverträge zwischen Universität und Unternehmen.
artimar
In Südtirol hinkt man meist 20-30 Jahre den Entwicklungen hinterher und arbeitet sich dann ab bzw. man wurstelt herum. Und das in der Realität des 21. Jahrhunderts.
dn
Politik und Wirtschaft arbeiten gemeinsam am Untergang Südtirols, mit großer Unterstützung durch den Staat.
meintag
Es ist Immer wieder traurig zu sehen wenn sowohl unsere Politiker als auch die Wirtschaft nur von alten bis älteren Personen ihre Auftritte in der Öffentlichkeit hinaustragen. Gebt den Jüngeren und Jungen die Hand und macht einen Schritt zurück.