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„Keine kreative Lösung“

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Die Grünen fordern in der Diskussion um die Goetheschule in Bozen einmal mehr die Einrichtung einer mehrsprachigen Schule.

Die Grünen stellen seit vielen Jahren in der Südtiroler Gesellschaft, vor allem in den Städten und in vielen Familien, den Wunsch nach einer zweisprachigen/mehrsprachigen Bildung der Kinder fest. Dies betreffe vor allem, aber nicht nur, italienische und „gemischte“ Familien. Also jene, in denen die Eltern verschiedensprachig sind oder in denen es einen mehrsprachigen Hintergrund gibt (Eltern, die bereits zweisprachig aufgewachsen sind, Eltern mit Migrationshintergrund, andere Situationen der Zwei- oder Mehrsprachigkeit).

Das traditionelle Südtiroler Schulsystem (mit Ausnahme des ladinischen Schulsystems) sieht eine sehr hohe Anzahl von Zweitsprachstunden vor. Und trotzdem verlassen die Jugendlichen die Schule nicht nur mit einem Niveau, das nicht allen diesen Stunden entspricht, sondern auch voller Scham und Angst in Bezug auf ihre zweite Sprache.

Angesichts dessen fragen sich die Grünen: „Wie ist das möglich? Trotz vieler Schulstunden, motivierter Lehrpersonen und hoffnungsvoller Familien schämen sich Jugendliche im Alter von 17 Jahren, die jeweils andere Sprache zu sprechen.“

Sie sehen eine klare Antwort darauf: „Auf der einen Seite gibt es eine potenziell zweisprachige Gesellschaft (und sie wirbt sogar damit, um Tourist:innen anzulocken!), auf der anderen Seite werden die Bildungswelten strikt getrennt. Das deutsche wissenschaftliche Gymnasium liegt in Bozen beispielsweise auf der einen Seite der Stadt, das italienische auf der anderen. Damit Schüler:innen ja nicht zufällig auf dem Schulhof oder im Labor aufeinandertreffen könnten. Erzählen wir Leuten im Ausland, dass die berühmte Südtiroler Autonomie so aussieht, glauben sie uns das nicht.“

Getrennte Schulen schaffen getrennte Welten, so sei die Zielsetzung der Politik vor vielen Jahren. Es gehe um den Erhalt der deutschen Sprache, die während des Faschismus und auch nach dem Ende des Faschismus so gefährdet war. Das Prinzip, dass eine Minderheitensprache bewahrt und geschützt werden muss, sei natürlich nach wie vor richtig, und die Schule ist der wichtigste Ort dafür.

„Aber das Schulsystem in seiner jetzigen Form reicht schon lange nicht mehr aus. Es wird allen anderen Bedürfnissen nicht mehr gerecht. Denn neben dem Schutz der deutschen Sprache haben sich, vor allem in den Städten, neue Bedürfnisse ergeben, hieß es. Zum Beispiel das der frühen Zweisprachigkeit. Davon versprechen sich viele Familien ein besseres Leben mit mehr Perspektiven für ihre Kinder“, meinen die Grünen Landtagsabgeordneten.

„Trotz des lauten Rufs nach einer Anpassung des Schulsystems an diese geänderten Bedürfnisse gibt sich die Politik der SVP und ihrer verschiedenen italienischen Partner leider keinen minimalen Ruck. Sie verschließen sich gegenüber jedem Versuch und jeder Forderung nach einer mehrsprachigen Schule. Denn das ist es, was gefordert wird. Zweisprachige Klassen, in denen neben den „muttersprachlichen“ Abteilungen auch deutsche und italienische Kinder gemeinsam lernen können. Die Grüne Landtagsfraktion hat sich eingehend mit dem Thema beschäftigt und hat seit 2014 einen Gesetzesentwurf parat, der alle 2 Jahre mit immer schwächeren Ausreden von der Mehrheit abgelehnt wird.

Das Problem ist: Wenn die Gesellschaft das eine will und die Politik das andere, dann sucht die Gesellschaft nach Auswegen. Und in der Tat sind wir längst bei der „Do-it-yourself“-Schule angekommen. Die Menschen melden ihre Kinder in der Schule der anderen Sprache an und damit entstehen oft paradoxe – und sicherlich schwierige – Situationen. Dann kommt es zu einer politisch-emotionalen Überladung, bei der die verschiedenen Rechtsparteien versuchen, die Verzweiflung der Familien (und jetzt auch der Schulen) für ihren eigenen politischen Vorteil auszunutzen.“

Zu den verschiedenen „Do-it-yourself“-Modellen kommt nun eine neue Variante hinzu. Die Goetheschule hat auf die Forderung nach einer gemeinsamen Schule mit Ausgrenzung geantwortet – unter großem Medienecho und Beifall der SVP-Spitzen.

Diese Episode sollte nicht als „kreative Lösung“ auf einem erfolgreichen Weg gefeiert werden. Sie ist nur ein weiteres Zeichen für einen falschen Weg und eine verweigerte Lösung.

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Kommentare (6)

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  • robby

    Es gibt in Südtirol ja die Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung. Gemäß dieser sollen die Kinder in die entsprechenden Schulen kommen. Dann wird auch ersichtlich ob diese Erklärung ernst gemeint ist.

  • equalizer

    Es muss uns schon bewusst sein, dass die deutsche Schule für die hier lebende Minderheit im Autonomiestatut (Art.19) festgeschrieben worden ist. Dieses Recht darf zwecks langfristiger Erhaltung unserer Volksgruppe nicht gefährdet werden und muss oberste Priorität haben!.
    Nun hat sich die Gesellschaftsstruktur in den 30 letzten Jahren maßgeblich verändert. Dem muss Rechnung getragen werden, aber nicht auf Kosten der Qualität unserer deutschen Schulen! Deshalb sollten die Verantwortlichen festlegen, wieviele anderssprachige Kinder eine Klasse verträgt, ohne dass der normale Unterricht beeinträchigt wird.

    • foerschtna

      Sie haben absolut recht, allerdings ist dieser Ansatz vor allem in vielen Grundschulklassen mittlerweile praktisch nicht mehr durchführbar, da dort der Anteil der anderssprachigen Schüler oftmals auch deutlich über 50% liegt. Somit verbleiben im Grunde genommen nur noch zwei Alternativen: Entweder man führt gesonderte Klassen für Schüler ein, die keine unserer beiden Landessprachen ausreichend beherrschen, oder man sorgt mit verpflichtenden Sprachkursen, auch nachmittags und in den Ferien, dafür, dass sie deutsch und/oder italienisch erlernen. Wäre zwar auch eine wesentliche Aufgabe der jeweiligen Eltern, diese beherrschen aber leider of selbst nicht unsere Landessprachen. Die Situation ist leider nun mal so, wie sie ist. Und wird auch in den kommenden Jahren nicht besser werden, um es vorsichtig auszudrücken.

  • foerschtna

    Die Grünen reden wie immer am Thema vorbei. Was heißt „mehrsprachiger Unterricht“ ? Unterricht auf arabisch, albanisch und paschtun ? Es geht um die Bildung unserer Kinder, und wenn in vielen Grundschulklassen mittlerweile mehr als die Hälfte der Kinder weder deutsch noch italienisch können, ist das nicht nur für die ein Problem, sondern vor allem auch für die einheimische Minderheit in den Grundschulen. Die Qualität des Unterrichts wird zwangsläufig darunter leiden. Nicht umsonst sind in den Pisastudien mittlerweile fast ausschließlich Länder aus dem südostasiatischen Raum auf den ersten Rängen, vor allem Westeuropa fällt hier kontinuierlich zurück, was für die wirtschaftliche Zukunft Europas noch verheerende Folgen nach sich ziehen wird. Die unkontrollierte Massenzuwanderung, vor allem der letzten 10 Jahre, hat ihre Spuren halt nicht nur in der Kriminalitätsstatistik, sondern auch in unserem Bildungssystem hinterlassen. Und kurzfristig wird man da auch zu keiner vernünftigen Lösung kommen. Fördern und Fordern, vor allem was das Erlernen zumindest einer unserer Landessprachen betrifft, ist sicher ein richtiger Ansatz, allerdings muss das auch konsequent eingefordert werden. Wenn Sprachförderkurse, welche von uns Steuerzahlern bezahlt werden, nicht oder nur halbherzig angenommen werden, muss ganz klar gesagt werden: Ihr seid nicht willens, unsere Sprache zu lernen und unser Gesellschaftsmodell zu akzeptieren, also geht bitte wieder in euer Heimatland zurück.

  • placeboeffekt

    „ Damit Schüler:innen ja nicht zufällig auf dem Schulhof oder im Labor aufeinandertreffen könnten. Erzählen wir Leuten im Ausland, dass die berühmte Südtiroler Autonomie so aussieht, glauben sie uns das nicht.““

    So einen Unsinn verzapft ihr im Ausland, Grüne?
    Ein Lyzeum befindet sich in der Fagenstrasse , das andere in der Rovigo Straße , also weder am Bahnhof, nicht am Flughafen, nicht bei Sigmundskron.

    Geometrie und allgemeine Mathematik sind an euch spurlos vorbeigerauscht.
    Ach ja , sind ja alles Instrumente des Patriarchats und des Kolonialismus und stören nur.

  • artimar

    Sowohl die dt./lad. Minderheitenschulen als auch jene der Titularnation sind in Südtirol selbstverständlich mehrsprachige Schulen mit einer zweiten Unterrichtssprache. Zudem hat es noch Fremdsprachen-Unterricht.
    Minderheitenschule im Allgemeinen aber, ebenso wie jene in Südtirol, die völkerrechtlich Teil des Schutzübereinkommens im Rahmen des Pariser Friedensvertrages von 1946 ist, ist jedoch keine Sprachenschule. Das sind zwei völlig unterschiedliche Dinge.
    Angesichts der Miss- und Übelstände gerade in Bozen, wo es bereits Klasse(n) ohne dt. Schüler-innen, Deutsch als Bildungsstranfer auf Substandard-Niveau hat und Eltern, ihre Kinder tagtäglich bis nach Eppan … bringen (müssen), gilt es zu (politisch) zu handeln. Denn Kinder einer zu schützenden Minderheit haben ein Recht auf Bildung in ihrer Erstsprache. Deshalb hat es ja die völkerrechtlich sogar eigens geschützte (dt.) Minderheitenschule in Südtirol.

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