„Keine kreative Lösung“

Foto: 123RF.com
Die Grünen fordern in der Diskussion um die Goetheschule in Bozen einmal mehr die Einrichtung einer mehrsprachigen Schule.
Die Grünen stellen seit vielen Jahren in der Südtiroler Gesellschaft, vor allem in den Städten und in vielen Familien, den Wunsch nach einer zweisprachigen/mehrsprachigen Bildung der Kinder fest. Dies betreffe vor allem, aber nicht nur, italienische und „gemischte“ Familien. Also jene, in denen die Eltern verschiedensprachig sind oder in denen es einen mehrsprachigen Hintergrund gibt (Eltern, die bereits zweisprachig aufgewachsen sind, Eltern mit Migrationshintergrund, andere Situationen der Zwei- oder Mehrsprachigkeit).
Das traditionelle Südtiroler Schulsystem (mit Ausnahme des ladinischen Schulsystems) sieht eine sehr hohe Anzahl von Zweitsprachstunden vor. Und trotzdem verlassen die Jugendlichen die Schule nicht nur mit einem Niveau, das nicht allen diesen Stunden entspricht, sondern auch voller Scham und Angst in Bezug auf ihre zweite Sprache.
Angesichts dessen fragen sich die Grünen: „Wie ist das möglich? Trotz vieler Schulstunden, motivierter Lehrpersonen und hoffnungsvoller Familien schämen sich Jugendliche im Alter von 17 Jahren, die jeweils andere Sprache zu sprechen.“
Sie sehen eine klare Antwort darauf: „Auf der einen Seite gibt es eine potenziell zweisprachige Gesellschaft (und sie wirbt sogar damit, um Tourist:innen anzulocken!), auf der anderen Seite werden die Bildungswelten strikt getrennt. Das deutsche wissenschaftliche Gymnasium liegt in Bozen beispielsweise auf der einen Seite der Stadt, das italienische auf der anderen. Damit Schüler:innen ja nicht zufällig auf dem Schulhof oder im Labor aufeinandertreffen könnten. Erzählen wir Leuten im Ausland, dass die berühmte Südtiroler Autonomie so aussieht, glauben sie uns das nicht.“
Getrennte Schulen schaffen getrennte Welten, so sei die Zielsetzung der Politik vor vielen Jahren. Es gehe um den Erhalt der deutschen Sprache, die während des Faschismus und auch nach dem Ende des Faschismus so gefährdet war. Das Prinzip, dass eine Minderheitensprache bewahrt und geschützt werden muss, sei natürlich nach wie vor richtig, und die Schule ist der wichtigste Ort dafür.
„Aber das Schulsystem in seiner jetzigen Form reicht schon lange nicht mehr aus. Es wird allen anderen Bedürfnissen nicht mehr gerecht. Denn neben dem Schutz der deutschen Sprache haben sich, vor allem in den Städten, neue Bedürfnisse ergeben, hieß es. Zum Beispiel das der frühen Zweisprachigkeit. Davon versprechen sich viele Familien ein besseres Leben mit mehr Perspektiven für ihre Kinder“, meinen die Grünen Landtagsabgeordneten.
„Trotz des lauten Rufs nach einer Anpassung des Schulsystems an diese geänderten Bedürfnisse gibt sich die Politik der SVP und ihrer verschiedenen italienischen Partner leider keinen minimalen Ruck. Sie verschließen sich gegenüber jedem Versuch und jeder Forderung nach einer mehrsprachigen Schule. Denn das ist es, was gefordert wird. Zweisprachige Klassen, in denen neben den „muttersprachlichen“ Abteilungen auch deutsche und italienische Kinder gemeinsam lernen können. Die Grüne Landtagsfraktion hat sich eingehend mit dem Thema beschäftigt und hat seit 2014 einen Gesetzesentwurf parat, der alle 2 Jahre mit immer schwächeren Ausreden von der Mehrheit abgelehnt wird.
Das Problem ist: Wenn die Gesellschaft das eine will und die Politik das andere, dann sucht die Gesellschaft nach Auswegen. Und in der Tat sind wir längst bei der „Do-it-yourself“-Schule angekommen. Die Menschen melden ihre Kinder in der Schule der anderen Sprache an und damit entstehen oft paradoxe – und sicherlich schwierige – Situationen. Dann kommt es zu einer politisch-emotionalen Überladung, bei der die verschiedenen Rechtsparteien versuchen, die Verzweiflung der Familien (und jetzt auch der Schulen) für ihren eigenen politischen Vorteil auszunutzen.“
Zu den verschiedenen „Do-it-yourself“-Modellen kommt nun eine neue Variante hinzu. Die Goetheschule hat auf die Forderung nach einer gemeinsamen Schule mit Ausgrenzung geantwortet – unter großem Medienecho und Beifall der SVP-Spitzen.
Diese Episode sollte nicht als „kreative Lösung“ auf einem erfolgreichen Weg gefeiert werden. Sie ist nur ein weiteres Zeichen für einen falschen Weg und eine verweigerte Lösung.
Kommentare (6)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Du musst dich EINLOGGEN um die Kommentare zu lesen.