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Der Lebensretter  

Christian Pinggera mit den Landeshauptleuten Mattle und Kompatscher (Foto: Land Tirol/Sedlak)

Christian Pinggera wurde am vergangenen 15. August in Innsbruck mit der Lebensretter-Medaille des Landes Tirol ausgezeichnet. Der 56-jährige Biobauer aus Algund über seinen selbstlosen Einsatz im September 2023.

 von Karin Gamper

„Das Ganze hätte auch ungut ausgehen können, aber ich habe damals nicht allzu lange nachgedacht und gehandelt“.

Das sagt Christian Pinggera aus Algund, wenn er auf den 29. September vergangenen Jahres zurückblickt. An jenem Freitag rettete er einer 60-jährigen Frau das Leben, indem er ihren Sprung aus zehn Metern Höhe mit seinem Körper abfederte. Für den selbstlosen Einsatz wurde der 56-jährige Bauer vom Schnalshuberhof in Oberplars am Hohen Frauentag in Innsbruck mit der Lebensrettermedaille des Landes Tirol ausgezeichnet. Aus Südtirol haben auch Franz Gruber aus Natz-Schabs, Peter Oberrauch aus Tisens sowie Franz und Manuel Pillon eine Medaille für Verdienste zur Rettung eines Menschenlebens erhalten.

Christian Pinggera ist seit 38 Jahren aktives Mitglied im Zug Plars der FF Algund. Als solches wurde er auch am frühen Nachmittag des 23. September 2023 zu einem delikaten Einsatz gerufen. Eine Frau in psychischem Ausnahmezustand stand in zehn Metern Höhe auf dem Südportal des zweiten Tunnels der Vinschgauer Straße und machte Anstalten, sich in die Tiefe zu stürzen.

Christian Pinggera erinnert sich:

„Wir waren zu dritt im Fahrzeug und wurden gebeten, ohne Blaulicht und Martinshorn anzufahren, da die Frau sehr aufgewühlt war. Die anderen Einsatzkräfte waren schon vor Ort. Es herrschte große Hektik. Der Lebensgefährte der Frau war auch dort und außer sich. Er schrie herum. Ich habe versucht ihn zu beruhigen und geschaut, dass die Feuerwehrautos außer Sichtweite geparkt werden. Auch haben wir den Feuerwehrhelm und die Jacke ausgezogen, um weniger uniformiert zu wirken.

Dann stand ich mit den anderen unter dem Tunnelbogen und habe mich gefragt: Wie kann ich helfen? Die Frau war eher korpulent, einen Sturz aus dieser Höhe hätte sie nicht erlebt. Ich aber stand mit leeren Händen dort, ohne Sprungtuch, das erst angefordert werden musste. Ich habe deshalb versucht mit der Frau zu sprechen, doch sie reagierte nicht. Die Kameraden haben inzwischen außer Sichtweite der Frau ein Sprungtuch organisiert und es für den Einsatz bereit gemacht. Als die Kameraden jedoch um die Ecke kamen um das Sprungtuch zu platzieren, passierte es: Die Frau sprang plötzlich. Ich bin in ihre Falllinie gesprungen und habe meinen Körper angespannt, um den Sprung abzufedern.

Die Frau hat mich im richtigen Winkel mit den Fußen am Brustkorb getroffen, sodass mein Körper tatsächlich ihren Aufprall abgemildert hat. Sie hat sich beide Beine gebrochen, den Sturz aber überlebt. Ich selbst wurde einige Meter rückwärts geschleudert und war im ersten Augenblick etwas benommen. Im Krankenhaus wurde ich untersucht, konnte aber wieder nach Hause. Ich hatte lediglich ein leichtes Schleudertraum erlitten.“

Wie sich herausstellte, waren die 60-jährige Frau und ihr Lebensgefährte – beide aus Österreich – auf der Heimreise vom Urlaub gewesen, als es zu dem Zwischenfall kam.

Kontakt zwischen der Frau und ihrem Lebensretter gab es seither keinen. „Ich habe ihn nicht gesucht und sie auch nicht“, so Pinggera. Er habe sich auch keinen Dank erwartet. „Ich habe das gemacht, weil ich helfen wollte“, sagt der Algunder.

Dass er sich persönlich in große Gefahr begeben hat, wurde ihm erst am Abend beim Schlafengehen bewusst. „Ich bin froh, dass alles gut ausgegangen ist“, sagt er.

Die Lebensretter-Medaille hat Christian Pinggera in der Hofburg in Innsbruck mit großem Stolz aus den Händen der Landeshauptleute von Tirol und Südtirol entgegen genommen. „Nicht nur für mich, sondern auch für meine Feuerwehrkameraden und für alle Freiwilligen,die unentgeltlich anderen Menschen helfen“, betont er. Die Ehrenurkunde hat Pinggera deshalb auch nicht selbst behalten, sondern in der Feuerwehrhalle ausgehängt.

 

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