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Das Kaninchen muss sterben

Foto: lpa/Claudia Corrent

Dubiose Heilmethoden erleben seit Corona auch in Südtirol einen Boom. Die beiden Hausärzte Adolf Engl und Eugen Sleiter berichten von skurrilen Erfahrungen ihrer Patienten.

von Hanna Platzer

Händeauflegen, Pendeln, Kartenlegungen, Frequenztherapie und viele andere. Seit Corona steigt die Nachfrage nach „alternativen“ Heilmethoden, weil das Vertrauen in die Schulmedizin infolge der emotional geführten Impfdebatte offenbar eher gesunken als gestiegen ist.

Eine Tendenz war bereits vorher erkennbar, die deutschsprachigen Südtiroler hätten ein sehr hohes Interesse an Heilmethoden, welche sich mit der Kräuter- und Pflanzenwelt beschäftigen, erklärt der Dorf Tiroler Allgemeinmediziner Eugen Sleiter: „Ich denke, dies liegt daran, weil wir Südtiroler uns sehr stark mit der Natur verbunden fühlen und davon überzeigt sind, dass die Natur uns alles liefert, was wir zu einem gesunden Leben braucht.“

„Die Gesellschaft betrachtet die Medizin als autoritäre Instanz,“ erklärt der Brixner Hausarzt Adolf Engl, der auch Präsident des Instituts für Allgemeinmedizin ist. Daher neigten die Menschen dazu, sich eigenständig um ihre Gesundheit zu kümmern, sich nach alternativen Heilmethoden umzusehen oder Dr. Google zu Rate zu ziehen.

„Ich finde diese Skepsis teilweise einfach nur paradox. Denn in den letzten Jahren hat die wissenschaftliche Medizin einen enormen Fortschritt gemacht“, meint Engl.

Doch in der Realität, in der täglichen Praxis der beiden Hausärzte, zeigt sich ein anderes Bild. Sleiter und Engl werden seitens ihrer Patienten mit skurrilen Erzählungen aus der Welt der Quacksalberei konfrontiert.

„Eine Patientin von mir besuchte einen Heilpraktiker. Sie kam mit der Hoffnung zu ihm, dass er eine Therapiekonzept für ihre körperliche Beschwerde erstellt.  Dabei hat er sie gefragt, ob sie Haustiere halte. Ja Kaninchen, lautete ihre Antwort Daraufhin hat der Heilpraktiker zu ihr gesagt, sie habe die Kaninchen-Krankheit und müsse die Tiere töten. Denn nur so werde sie ihre Beschwerden los,“ erzählt Adolf Engl.

Als einen der Gründe für den Boom der dubiosen Heilmethoden sieht er die mangelnde Kommunikation mit den Ärzten, was wiederum mit der Überlastung der Krankenhäuser und ihres Personals zusammenhänge. „Als Arzt hat man heutzutage nicht genügend Zeit für seine Patienten“, sagt Eugen Sleiter. Zu den Qualitäten von vermeintlichen Heilern gehöre, dass sie ihren Klienten viel und lange zuhören. Diese fühlten sich verstanden und so entstehe ein Vertrauensverhältnis.

Sleiter berichtet von einer Patientin, die von einem Wunderheiler aufgefordert worden sei, ihm ein Foto von sich zu schicken. „Er hat dann anhand des Fotos eine Analyse gestartet und konnte der Patientin ihre angeblichen Problemfunktionen des Körpers schildern. Über ein spezielles Gerät hat er ihr als positiv beschriebene Schwingungen zugesendet, womit ihre Beschwerden geheilt werden sollten“, erinnert sich der Hausarzt.

Wenn eine schulmedizinische Behandlung keinen raschen Erfolg zeitigt und an ihre Grenzen stößt, sei der Weg zu einem Heilpraktiker oft nicht weit, weiß Sleiter. Wer unter einem starken Schmerz leidet, neige zu irrationalen Vorstellungen und unternehme alles, um den Schmerz zu beseitigen. Und hier kämen nicht wissenschaftlich erwiesene Heilmethoden ins Spiel.

Sleiter berichtet von einer Patientin mit Arthrose, die sich an einen Heilpraktiker wandte. „Dieser hat ihr geraten, sich jeden Tag mit Butter einzureiben. So fließe die Butter in die Gelenke und mindere den Schmerz“, so der Hausarzt.

Besonders Menschen mit psychischen Krankheiten tendieren dazu, ihr mentales Problem in einer körperlichen Ursache zu suchen. Dadurch sei ihre Akzeptanz höher, sich von einem Nicht-Mediziner beraten zu lassen und sich beispielsweise Bachblüten verschreiben zu lassen. So würden psychische Beschwerden körperlich fassbar, berichtet sein Brixner Kollege Engl. Sogenannte Heilpraktiker arbeiteten beschwerde-orientiert, als an den „Problemstellen“ des Körpers.

Nicht außer Acht zu lassen bei diesem Versprechen einer Besserung ist der Placeboeffekt. Wenn ein Heilpraktiker seinen Klienten einrede, dass sich das Krankheitsbild dank seiner Therapie bessere, könne es durchaus dazu kommen, dass die Beschwerden nachlassen, sagt Engl. „Dies kann ich mir sehr gut vorstellen, denn der Placebo-Effekt ist wissenschaftlich nachweisbar, wirkt aber natürlich nicht bei jedem Patienten.“

Nach den Erfahrungen von Eugen Sleiter gehört es zu den Maschen von Heilpraktikern, ihren Kunden neue Hoffnung zu geben und ihnen zu sagen, was sie hören wollen. Eine Manipulation, die es ihnen möglich mache, teure Honorare und unnütze Medikamente unterzujubeln.

„Ein Patient berichtete, dass es einen Heilpraktiker gebe, der für seine Behandlung Blitze zwischen seinen Händen hervorzaubere. Die Kunden, welche sich während dieser Aktion im Raum befinden, würden in einen Ausnahmezustand geraten und so geheilt werden“, erzählt Sleiter.
Die Ratschläge und Therapieempfehlungen sogenannter Wunderheiler können zuweilen auch gefährlich für ihre Kunden werden. „Ein Heilpraktiker hat einem Patienten von mir empfohlen, seine lebensnotwendigen Medikamente abzusetzen und jeden Tag einen Wundertee zu trinken. Er befolgte den Rat und landete schlussendlich in einem sehr kritischen Zustand im Krankenhaus,“ so der Dorf Tiroler Hausarzt.

Quacksalberei mit hohem Lebensrisiko.

Sleiter und Engl grenzen diese entschieden von der sogenannten Komplementärmedizin ab, also ergänzende Heilmethoden zum Therapiekonzept eines Facharztes. Gemeint sind hier alternativmedizinische Methoden wie Homöopathie, Akkupunktur und traditionelle chinesische Medizin. Laut Sleiter können diese auch Vorteile für die Patienten mit sich bringen, indem sie sich intensiv mit ihrem Krankenbild auseinandersetzen.

Und es gibt in Bezug auf alternative Heilmethoden auch einen umgekehrten Weg. Personen, die bei einem Heilpraktiker waren, dessen Ratschläge aber nichts bewirkten, kehren zu ihrem Hausarzt zurück. Sleiter geht davon aus, dass ein mehr oder stabiler Prozentsatz der Bevölkerung eine Affinität zu Heilmethoden ohne wissenschaftlichen Wirkungsnachweis hat.

„Wenn sich jedoch unsere Gesundheitssystem kontinuierlich verschlechtert, die Probleme wie Ärztemangel, lange Wartezeiten und fehlende Kommunikation nicht behoben werden, wird der Zulauf zu ihnen sogar ansteigen“, ist Sleiter überzeugt.

Als Quacksalber bezeichnet man im Volksmund solche Personen, die ohne die nötige Qualifikation und Befugnis ihre heilkundlichen Dienste anbieten bzw. auf dubiose Heilmittel- und Methoden zurückgreifen. Ein anderer Begriff dafür lautet Kurpfuscher.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (32)

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  • asd

    Fürher wurden die Leute mit ihrem Tee usw. 30 – 45 Jahre alt. Heute 70 – 85 Jahre. Das sagt alles.

    • meintag

      Und wenn das persönliche Ego von 100 Jahren ausgeht, eine Krebsdiagnose aber doch nur 75 Jahre zulässt ist auch die Schulmedizin schuld. Loslassen ist dann eher für den nahen Verwandten das Problem als für den/die alte Person.

  • lissi81

    „In den letzten Jahren hat die wissenschaftliche Medizin enorme Fortschritte gemacht“. Das stimmt sehr wohl, aber unsere Südtiroler Sanitätseinheit, die sicher nicht! Für eine Dermatologische Visite im Krankenhaus Brixen wartet man aktuell ein Jahr! Geschweige denn für eine Physiotherapie!
    Ich würde zwar nie die verschriebene Therapie meines Hausarztes einfach so absetzen und mein Haustier dafür töten, kann aber eine Person mit extremen Schmerzen ecc. verstehen daß sie nach jedem Strohhalm greift um sich Besserung bzw. Linderung zu verschaffen.

  • robby

    Ich finde das Wirken dieser Quacksalber wertvoll. Die Kosten für die Sanität sinken und Wohnraum wird frei.

  • placeboeffekt

    Es wird hier nicht sehr gründlich zwischen reiner Quacksalberei, wie Homöopathie und Handauflegen, und Naturheilkunde, welche durchaus für bestimmte Leiden ihre Berechtigung hat, unterschieden.

    Problematisch wird es wenn man das meint, mit kräuterchen bräuchte man keine Impfung gegen Tetanus oder Diphterie.

  • 2xnachgedacht

    schon allein die schlagzeile zieht den gesamten artikel ins lächerliche…. faktenbasierender u objektiver journalismus ist was anderes. trotzdem danke für den lacher und den menüvorschlag 😉

    • heracleummantegazziani

      Wenn man wie manche Kleinkarierte nur den Titel liest und dann drauflos komentiert schon. Sonst nicht.

      • 2xnachgedacht

        @hera
        zu ihrer info… sie wissen es eh… hab den artikel gelesen… und ob ich kariert bin, oder nicht-interessiert sie eh nicht… … bin mittlerweile zur überzeugung gekommen, daß sie eine oder einer der neuen schwarzwesten oder hemden sind…damit beende ich unsere eh nicht ganz konfliktfreie diskussion-hab besseres zu tun, als mich mit selbsternannten göttern ,digital zu streiten.

  • summer1

    Den beiden Ärzten und der Journalistin sei empfohlen, nur einen Blick in die Wikipedia zu werfen, um zu wissen, dass sie mit Sprache offenbar nicht umgehen können, denn wie sonst erklärt sich, dass sie die klassische Medizin abwertend als Schulmedizin bezeichnen?
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Schulmedizin

    • andreas

      Schulmedizin ist ein gebräuchlicher und verständlicher Begriff.
      Aber du kannst ihn aber überlesen und einen dir genehmeren Begriff verwenden, dann brauchst wenigstens nicht so eine an den Haaren herbeigezogene Kritik schreiben.

      • summer1

        Anderle
        Deutsche Sprache, schwere Sprache. Ofgenbar fühlst du dich sehr angesprochen von meiner Kritik, weil du dich genötigt sieht, daraut eingehen zu müssen.
        Weil es also genauso für dich und deinen sprachlichen Mängeln gilt, musst du wohl Ausreden bei den Haaren herbeiziehen.
        Was kann ich dafür, dass nicht du, sondern ich den Ausdruckfehler der Journalistin und der beiden Hausärzte gefunden habe und nicht du? Das schmerzt deinem Ego, stimmts?

        • andreas

          Ich fühle mich zwar nicht angesprochen, da mir relativ egal ist, was die für einen Begriff verwenden, ich wollte dir eigentlich nur mitteilen, dass du ein nerviger Depp bist.
          Manchmal sind Beweggründe nun mal recht banal… 😉

          • summer1

            Anderle
            Schlechte Ausrede, zumal du dich erneut gedrängt fühlst zu antworten.
            Der Begriff Depp sei dir nachgesehen, zumal er deinen Gefühlszustand belegt und mir recht gibt.

    • heracleummantegazziani

      Der Begriff Schulmedizin ist nicht abwertend. Schulmedizin bezeichnet die an Universitäten und ihnen gleichgestellten wissenschaftlichen Hochschulen in aller Welt gelehrte und allgemein anerkannte Medizin. Was soll daran abwertend sein. Klassische Medizin ist ein total falscher Begriff.

  • besserwisser

    die santitäsbetriebe sind ein paradebeispiel an ineffizienz.

  • nemesis

    Alles Ok ?.
    Bemerkenswert was heute in der Sanität geleistet wird besonders in Südtirol.
    Enorm viele Freizeit Unfälle auch durch Touristen Bergtouren, Skifahren, Mountainbike, Motorrad Unfälle dann noch Alkoholiker immer älter Menschen mit gesundheitlichen Problemen und das für alle ?.
    Persönlich würde ich einige Gesetze ein wenig verändern Grund Eigenschuld.
    Naturheilkunde ?, wozu eigentlich besser auf Ernährung achten Stress und Alkohol vermeiden auch ein Spaziergang im Wald finde ich auch nicht schlecht.
    Negativ finde ich einige Leistungen und die machmal lange Wartezeiten in der Sanität, würde man Eigenschuld auch bestrafen zahlen machen wahrscheinlich wäre das System weniger überlastet und auch gerechter.
    Aber mal nachdenken was war vor 50/100 Jahren Sanität sehr schlecht im vergleich zu heute ?, hallo denkt mal nach.

  • brutus

    …was für eine Schundschlagzeile!
    „Kaninchen muss sterben“!
    …weggeben hätte nicht gereicht!
    …es muss eine rituelle Hinrichtung sein!

  • sellwoll

    „sie habe die Kaninchen-Krankheit und müsse die Tiere töten“

    haha!! 😀

  • 2xnachgedacht

    @sellwoll
    theoretisch möglich… siehe vogelgrippe, schweinepest, rinderwahn usw.

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