Du befindest dich hier: Home » Gesellschaft » Die Flüchtlingsaufnahme

Die Flüchtlingsaufnahme

Die Bezirksgemeinschaft Eisacktal setzt das SAI-Programm fort: Zurzeit werden 25 Asylwerber in Villanders, Feldthurns und Lüsen betreut.

von Erna Egger

Die meisten Gemeinden in Südtirol haben das ursprünglich eingeführte SPRAR-Programm nicht mehr verlängert, die Bezirksgemeinschaft Eisacktal will es aber weiterhin fortführen: „Weil wir überzeugt sind, dass dieses SAI-Programm eines der wenigen staatsweiten Projekte ist, das zur wirklichen Integration von Flüchtlingen führen kann“, sagt Thomas Hellrigl, Direktor der Sozialdienste in der Bezirksgemeinschaft Eisacktal.

Der Ausschuss der Bezirksgemeinschaft Eisacktal hat in seiner jüngsten Sitzung das Ministerialdekret vom 1. Juli 2024 hinsichtlich der Finanzierung der Fortführung des SAI-Projekts für den Zeitraum 1. Juli 2024 bis 31. Dezember 2026 zur Kenntnis genommen.

Damit wurde der Beschluss gefasst, dass weiterhin Asylwerber aufgenommen werden.

Der Name des Projektes wurde mehrmals geändert: Ursprünglich wurde es mit SPRAR (Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati – Schutzsystem zugunsten von Asylantragstellern und Flüchtlingen) bezeichnet, dann erhielt das Programm die Bezeichnung SIPROIMI (Schutzsystem zugunsten von Inhabern internationalen Schutzes und unbegleiteten ausländischen Minderjährigen), jetzt wird es als SAI-Programm geführt.

Aufgebaut wurden die SPRAR-Programme nach der massenhaften Ankunft von Flüchtlingen in Lampedusa im Jahr 2013. Die italienische Regierung beschloss, die Anzahl der Flüchtlinge auf alle Provinzen, im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl aufzuteilen.

Gegen das Flüchtlingsaufnahmeprogramm gab es in Südtirol anfangs heftigen Widerstand: Die Gemeinden wurden nämlich vom Land gezwungen, sich am SPRAR-Programm zu beteiligen, anderenfalls drohte die Landesregierung mit einer Kürzung der Gemeindefinanzierung.

Mittlerweile wurde in den meisten Gemeinden das ursprünglich eingeführte Programm nicht mehr verlängert.

Nur mehr drei SAI-Projekte werden in Südtirol fortgeführt: Im Vinschgau werden Familien, in Meran Männer und Frauen und im Eisacktal nur Männer aufgenommen.

Die Bezirksgemeinschaft Eisacktal betreut dieses jetzt genannte SAI-Programm seit mittlerweile neun Jahren: Hierfür stehen vier Wohnungen, jeweils eine in Villanders, Feldthurns, Lüsen und Barbian, zur Verfügung. Während in ersteren drei Gemeinden insgesamt 25 Asylwerber untergebracht sind, steht die Wohnung in Barbian derzeit leer.

Die Flüchtlinge stammen vorwiegend aus afrikanischen Ländern und sind zwischen 18 und 45 Jahre alt.

„Wir könnten insgesamt 32 Asylwerber, die uns vom Regierungskommissar zugeteilt werden, aufnehmen“, erklärtHellrigl.

Er ist überzeugt: Diese Aufteilung auf die Gemeinden ist am zielführendsten. „Alle anderen Projekte, wie die Errichtung von Aufnahmezentren, wo die Flüchtlinge für einige Jahre bleiben müssen, machen wenig Sinn.“

Die Skepsis der Ortsbevölkerung sei mittlerweile großteils geschwunden, sagt er.

Es gibt kaum Probleme mit den Asylbewerbern. „Auch weil sie in den Gemeinden kaum wahrgenommen werden: Sie verlassen am Morgen die Struktur, um zur Arbeit zu gehen oder fahren nach Brixen zu den Sprachkursen, und kehren erst abends wieder in die Einrichtungen zurück.“

Natürlich gab es auch Asylanten, die sich dem System nicht angepasst haben und im Dorf auffällig wurden, räumt Hellrigl ein. „Vor zwei Jahren hatten wir Schwierigkeiten mit einem Bewohner in Feldthurns. Dieser wurde dann vom Projekt ausgeschlossen, womit sich das Problem gelöst hat“, sagt Hellrigl.

Es gibt aber auch beeindruckende Lebensgeschichten: „Einige Flüchtlinge haben eine sehr dramatische Flucht geschafft. Mit viel Fleiß haben sie hier eine Arbeit gefunden und der Arbeitgeber hat ihnen auch eine Unterkunft besorgt.“

Ein Team, das sich aus einem Koordinator und vier spezialisierten Sozialfachkräften der Bezirksgemeinschaft zusammensetzt, koordiniert die Umsetzung der Integrationsprojekte. In Villanders wird das Team von einer Freiwilligengruppe unterstützt. Sie sorgen u.a. für die Gewährleistung von individuellen Begleit- und Förderprogrammen; von Sprachkursen, interkulturellen Mediationsangeboten und Rechtsberatungsangeboten für die Flüchtlinge; von sozialen Inklusions- und Freizeitaktivitäten der Flüchtlinge sowie von Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten der Flüchtlinge.

Die Dauer des Aufenthalts in den Einrichtungen ist unterschiedlich: „Es gibt Fälle, die bereits nach ein paar Wochen freiwillig das Weite suchen, weil sie mit dem System nicht zurechtkommen. Andere sind bis zu eineinhalb Jahren bei uns, abhängig von der Dauer des Asylverfahrens“, schildert der Direktor.

Sobald die Flüchtlinge eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten haben, müssen sie die Struktur innerhalb von 30 Tagenverlassen, sofern sie einen negativen Bescheid erhalten, müssen sie sofort aus der Einrichtung ausziehen.

Hellrigl zieht eine positive Bilanz: „Die Betroffenen werden gut begleitet: Sofern die Asylwerber die Sprachkurse besucht haben und eine Arbeit gefunden haben – was bei den meisten unserer Betreuten der Fall ist – haben sie sehr gute Chancen, hier Fuß zu fassen. Das größte Problem bleibt die Wohnsituation, zumal es fast unmöglich ist, eine bezahlbare Wohnung zu finden.“

Die Bezirksgemeinschaft hat in den vergangenen Jahren 300 Flüchtlinge betreut. Besonders die Verrechnung der Kosten mit dem Staat ist verwaltungstechnisch ein großer Aufwand.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen