Sport, Politik, Stahlwerke
Kaum zu glauben, aber mitten im August brechen spannende Kinozeiten an, und dies ganz abgesehen von den Open-Air-Angeboten.
von Renate Mumelter
Tatami
heißt die Matte, auf der sich Judokas messen, aber das wissen in olympischen Hoch-Zeiten eh alle. „Tatami“ heißt auch der Film, der jetzt ins Kino kommt und die politische Dimension von Sport zeigt.
Am Film ist schon politisch, dass ein Israeli und eine Iranierin für die Regie verantwortlich zeichnen. Regisseur Guy Nattiv bat die Schauspielerin Zahra Amir Ebrahimi nicht nur eine Rolle zu übernehmen sondern auch mit ihm zusammen Regie zu führen.
Die Iranierin Ebrahimi wurde durch Ali Abbasis „Holy Spider“ bekannt. Guy Nattivs letzter Film „Golda“ über die israelische Ministerpräsidentin Golda Meir war erst kürzlich zu sehen.
„Tatami“ wurde in der georgischen Hauptstadt Tiflis gedreht, genau zwischen Teheran und Tel Aviv. Man habe „unter dem Radar“ gearbeitet erzählt Nattiv in einem Interview mit epd-Film. Farsi und Hebräisch wurde aus Sicherheitsgründen nicht gesprochen.
Iran/Israel
In „Tatami“ stehen zwei Frauen im Mittelpunkt, die Trainerin Maryam und die Judoka Leila, die bei der Weltmeisterschaft vom iranischen Regime angewiesen wird, eine Verletzung vorzutäuschen, um nicht gegen eine Israelin kämpfen zu müssen. Sie weigert sich.
„Tatami“ ist zwar ein Spielfilm, nahm aber reale Fälle als Anregung. Beispielsweise jenen der Silbermedaillen-Fechterin, die ein Aushängeschild für den Iran war, bis sie beschloss, mit ihrem Trainer und Ehemann nicht zurückzukehren oder jenen eines Boxers, der den Iran verließ.
Gedreht wurde in schwarzweiß im engen 4:3-Format und eigentlich nur am Tatami. Das verleiht dem Film Kompaktheit und Konzentration.
Guy Nattiv sagt, er würde in Israel drehen „aber im jetzigen Klima möchte ich da nicht arbeiten. Wenn es einen Regierungswechsel gibt und vernünftigere Menschen das Sagen haben, würde ich mich dort wohler fühlen. Bis dahin drehe ich meine Filme in den USA oder in Europa.“
Palazzina Laf
Politisch geht es auch in Michele Riondinos „Palazzina Laf“ zu. Riondino ist wie Paola Cortellesi Schauspieler, und er hat wie sie mit seiner ersten Regiearbeit zu einem politischen Thema einen Coup gelandet. Der Film ist in den Ilva-Werken in Tarent angesiedelt und bezieht sich auf Reales. Riondino selbst stammt übrigens aus Tarent.
Es geht um die Stahlindustrie dort und um die Arbeiter in diesen Werken und darum wie sie behandelt wurden. Das Erzählte beruht auf dem von Alessandro Leogrande recherchierten Buch „Fumo sulla città“. In den Hauptrollen sind Elio Germano und Michele Riondino zu sehen. Ein Spielfilm, der aufrüttelt und dazu einlädt, genau hinzuschauen.
Isabelle Huppert
zeigt in „Madame Sidonie in Japan“ was sie kann, und das rechtfertigt eventuell einen Kinobesuch, auch wenn ich sagen muss, dass es für mich derzeit nur einen europäischen Japanfilm gibt, der mich begeistert – Wim Wenders‘ „Perfect Days“. Der wird übrigens am 29. August im Kino im Freien bei der Teßmann in Bozen noch einmal zu sehen sein – ich hoffe sehr auf günstiges Wetter. Einen guten Einblick in japanische Lebensart gaben letzthin auch ein paar der Filme von Beka&Lemoine, die zwar vordergründig auf die Architektur schauen aber genauso viel von den Menschen erzählen, die in ihr leben. Madame Sidonie spielt sehr getragen zwischen Verneigungen, Kirschblüten und Geistern, die nicht loslassen wollen und bleibt hart an der Grenze zu Klischees.
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