Große Vielfalt
Südtirols Landwirtschaft ist nach wie vor breit aufgestellt. Doch es gibt auch Krankheiten und Tiere die Sorgen bereiten. Die Zahlen dazu stehen im Agrar- und Forstbericht.
Südtirol, das Land der Fichten, des Lagrein, des Golden Delicious und der Rinder: Das ist die bekannte Variante der Land- und Forstwirtschaft in Südtirol. Aber es ist auch das Land der Erdbeeren, der Kartoffel und des Geflügels, der Forelle und der Blumen. „Die Landwirtschaft in Südtirol ist breit aufgestellt, es gibt eine große Arten- und Sortenvielfalt, dabei liegt der Fokus auf autochtonen Arten und Sorten“, sagt Land- und Forstwirtschaftslandesrat Luis Walcher. Über 200 Seiten dick ist der Agrar- und Forstbericht 2023, der am Freitag vorgestellt wurde. 2023 war ein gutes Jahr für die Milchwirtschaft – der Auszahlungspreis ist um 10 Cent auf 68 Cent pro kg angestiegen. Andererseits sind Kosten und Arbeitsaufwand hoch: Jährlich schließen etwa 100 Milchbauern ihren Stall. Die Apfelernte überstieg erstmals wieder eine Mio. Tonnen, auch im Weinbau wurde eine gute Ernte (511.000 dt) eingefahren, insgesamt wurden 328.943 Hektoliter Wein produziert. Auch die Viehwirtschaft vermeldet zufriedenstellende Auszahlungspreise.
Es gibt aber auch Sorgen: Die goldgelbe Vergilbung (Weinbau), die Kirschessigfliege (Beeren, Kernobst), die marmorierte Baumwanze (Obstbau), die Varroa-Milbe (Imkerei), invasive Pflanzenarten (zB. Götterbaum), Bär und Wolf und Borkenkäfer. „Der Borkenkäfer bereitet weiterhin Sorgen; im heurigen Jahr betrug die neu befallene Fläche 4000 Hektar, ein Drittel weniger als im Jahr zuvor. Es gibt Hoffnung, dass der Höhepunkt des Borkenkäferbefalls überwunden ist“, sagte Günther Unterthiner, Direktor der Landesabteilung Forstdienst. Monitoriert werden die Bewegungen der Großraubtiere. 2023 konnte die Anwesenheit von 3 Bären (M75, M84 und M107) nachgewiesen werden, zudem wurden 39 Wölfe genetisch erhoben, wahrscheinlich waren mindestens 78 Tiere in Südtirol unterwegs. Sie haben auch Schäden angerichtet – monetär ausgedrückt haben die Wölfe den zehnfachen Schaden der Bären angerichtet: Es wurden Entschädigungen von knapp 100.000 Euro (Wolf) bzw. etwa 8000 Euro (Bär) ausgezahlt. „Wir arbeiten auf allen Ebenen, um den Schutzstatus vor allem der Wölfe herabzusetzen. Das Land und die Landwirtinnen und Landwirte sind bemüht, ihre Hausaufgaben zu erledigen“, sagte Walcher.
Breit aufgestellt ist Südtirol im Bereich Gärtnereien. „Sie haben auf 70 Hektar 60 Mio. Blumen und Zierpflanzen gezüchtet, 23 Mio. Gemüsejungpflanzen, eine Mio. Sukkulenten und 2,7 Mio. Heilpflanzen“, berichtete Stefano Endrizzi, Verantwortlicher für den Pflanzenschutzdienst. Die Nischen dieses Sektors: Seerosen- und Wasserpflanzenzucht, Orchideenzucht und ein Bonsai-Züchter.
Der Fokus des Aquatischen Artenschutzzentrums liegt auf der Erhaltung der heimischen Fischarten, Hauptaufgabe ist die Marmorierte Forelle. „Die klassische Fischzucht birgt die Gefahr der Domestizierung und Hybridisierung und normale Zuchtfische sind nur begrenzt in der Natur überlebensfähig“, sagt Andreas Agreiter, stellvertretender Direktor der Agentur Landesdomäne. „Deshalb setzen wir auf genetische Begleituntersuchungen und innovative Haltungsmethoden, welche die natürlichen Lebensbedingungen der Wildfische simulieren.“ Nach intensiver Aufbauarbeit konnte im Herbst 2023 ein Meilenstein gesetzt werden: 150.000 im Aquatischen Artenschutzzentrum abgestreifte Eier. Daneben werden auch die Äsche und der Dohlenkrebs gefördert.
Aufgrund einer wissenschaftlichen Basis arbeiten die Landwirte und Landwirtinnen dank der Arbeit des Versuchszentrums Laimburg. „Wir können erste Erfolge bei der biologischen Bekämpfung der Kirschessigfliege vermelden“, sagte Michael Oberhuber, Direktor des Versuchszentrums Laimburg. Drei Jahre nach der ersten Freisetzung der Schlupfwespe sei bereits Ansiedlungspotential erkennbar – Ziel ist es, diesen Antagonisten des Schädlings anzusiedeln und der Natur die Regulierung der Kirschessigfliege zu überlassen.
Ebenfalls im Interesse der Landwirtschaft wird an der Freien Universität Bozen geforscht. Hannes Schuler von der Fakultät für Agrar- Umwelt- und Lebensmittelwissenschaften erläuterte den Stand des Forschungsprojekts zum Weißdornblattsauger, einem der wichtigsten Vektoren bei der Erkennung der Apfeltriebsucht.
„Die Nachfrage nach landwirtschaftlicher Aus- und Weiterbildung an den Fachschulen ist seit über zehn Jahren konstant hoch, etwa 1000 Schüler sind an einer der 9 Fachschulen für Landwirtschaft bzw. Hauswirtschaft und Ernährung eingeschrieben“, berichtete Paul Mair, Vize-Direktor der Landesberufsschulen.
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