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„Das ist nicht tragbar“

 

Foto: HGV

Völlig überraschend zog sich die Fachgewerkschaft CGIL kurz vor der Unterzeichnung des Zusatzvertrages für den Tourismussektor zurück. Sie äußert heftige Kritik, vor allem gegen die befristeten Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter.

von Christian Frank

Am Donnerstag lud der HGV feierlich zur gestern erfolgten Unterzeichnung des territorialen Kollektivvertrages für den Tourismussektor ein. In der Einladung wurden noch alle Gewerkschaften als unterzeichnende Anwesende genannt. Im letzten Moment jedoch zog sich die Fachgewerkschaft Filcams CGIL überraschend zurück. Der Zusatzvertrag betrifft rund 43.000 Mitarbeiter im gastronomischen Bereich und im Sektor der Hotellerie. Zusätzlich zum nationalen Lohnelement sieht der territoriale Vertrag einen Zusatz von 150 Euro brutto vor. Das ist eine Erhöhung von 50 Euro zum vorherigen territorialen Lohnelement. Während sich die restlichen Fachgewerkschaften mit der Vereinbarung zufrieden zeigen, übt CGIL herbe Kritik.

„Die Vertragsbedingungen sind für uns nicht tragbar, wir mussten die Reißleine ziehen“, so die CGIL-Funktionärin Antonella Costanzo. Hauptkritikpunkt, welcher den Rückzug motivierte, ist die Vielzahl an befristeten Arbeitsverträge, die in der Hotellerie und Gastronomie vorherrschen.

„Die Arbeitsverhältnisse müssen unbedingt sicherer werden. In Südtirol dauern die Saisonen neun bis zehn Monate. Das kann man nicht mehr als ein begrenztes Arbeitsverhältnis betrachten“, lamentiert Costanzo.

Der Gewerkschafterin zufolge braucht es vor allem in Zeiten wie diesen sichere Arbeitsverhältnisse, diese würden jedoch durch befristete Verträge nicht gegeben sein.

„Wir bewegen uns hier am Rande der rechtlichen Korrektheit. Den Arbeitnehmern werden grundlegende Sicherheiten nicht zugesprochen“, erklärt Costanzo und bedauert, dass es so weit kommen musste.

„Es gibt durchaus positive Aspekte in diesem Vertrag, und wir als Gewerkschaft haben maßgeblich zu diesen Aspekten beigetragen.“

Für die Gewerkschaft reicht es jedoch nicht aus, lediglich das Lohnelement zu verbessern: „Auf einem Arbeitsmarkt, auf dem die Löhne netto oder ‚schwarz‘ ausgehandelt werden und auf dem eine instabile Beschäftigungslage herrscht, reicht es nicht aus, über Geld zu reden. Sicherheit ist nicht käuflich.“

Costanzo sieht es als eine anachronistische Handhabe, das Augenmerk im Klima des derzeitigen Arbeitsmarktes weiterhin auf befristete Arbeitsverträge zu richten.

Von den 43.000 vom Zusatzvertrag betroffenen Mitarbeitern befinden sich 30.000 in einem befristeten Arbeitsverhältnis. Für Costanzo auch eine Belastung für den Sozialstaat und den Immobilienmarkt: „Diese Menschen müssen nach Ende jeder Saison für zwei oder drei Monate Arbeitslosengeld beantragen. Auch für den Immobilienmarkt sind solche prekären Arbeitsverhältnisse nicht wünschenswert, da für derlei Investitionen schlichtweg die Sicherheit fehlt.“

Laut Costanzo hat der HGV während der Verhandlungen mehrfach betont, dass von ihnen durchaus die Bereitschaft besteht, unbefristete Arbeitsverhältnisse zu schaffen, es jedoch nicht von den Arbeitnehmern gewollt ist.
„Das ist nicht mehr als eine Farce und kaum glaubhaft“, kommentiert die Gewerkschafterin. „Die Arbeitnehmer wünschen sich sehr wohl Stabilität und Sicherheit.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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