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Freispruch für den Vater

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Der 39-jährige Deutsche, dem vorgeworfen worden war, vor zwei Jahren seinen behinderten Sohn Leon in den Fluss geworfen zu haben, ist in Innsbruck überraschend freigesprochen worden. Einstimmig.

von Thomas Vikoler

Der Angeklagte verfolgt unter Tränen die Verkündigung des Urteils des Schwurgerichts, seine Frau springt herbei und umarmt ihn. „Er kann nun freien Fußes das Gericht verlassen“, fügt Richter Andreas Fleckl hinzu. Der Angeklagte war nach langwierigen Ermittlungen am 27. Februar in U-Haft genommen worden und ist nun strafrechtlich entlastet.

Das ist das, keineswegs erwartetbare Ende eines Strafprozesses am Innsbrucker Landesgericht, der für enormes Medieninteresse sorgte: Ein einstimmiger Freispruch für den 39-Jährigen, dessen sechsjähriger, schwer behinderten Sohn Leon im Sommer 2022 in der Kitzbüheler Ache in St. Johann in Tirol tot aufgefunden worden war. Dem Vater war vorgeworfen worden, den Bub in den Fluss gestoßen und anschließend einen auf ihn verübten Raubüberfall vorgetäuscht zu haben.

Die acht Geschworenen halten den gebürtigen für nicht schuldig im Sinne der Anklage. Warum der Vater vom Vorwurf der vorsätzlichen Tötung und Vortäuschung einer Straftat freigesprochen wurde, ist bisher nicht bekannt. Das Innsbrucker Schwurgericht legte keine Begründung vor.

Der Angeklagte hatte die vorgeworfene Tat stets vehement bestritten, u.a. bei seinem Auftritt am ersten von drei Prozesstagen.  Die Staatsanwaltschaft ging hingegen aufgrund von zahlreichen belastenden Indizien – u.a. die behauptete einstündige Ohnmacht, die Netz-Suche des Angeklagten nach dem entsprechenden Begriff im Internet und mehrere Widersprüche zum behaupteten Raubüberfall – von einer Schuld des 39-jährigen Vaters aus. Sie forderte in der gestrigen Schlussverhandlung seine Verurteilung in beiden Anklagepunkten. Nach der Rekonstruktion der Anklage hat der 39-Jährige seinen Sohn getötet, weil er der mit seiner schweren Behinderung verbundenen Probleme überdrüssig war.

Die Ehefrau des Tatverdächtigen hatte vor Gericht ausgesagt, dass ihr Mann niemals zu einem Mord an dem geliebten Sohn fähig gewesen wäre.

Die Staatsanwaltschaft Innsbruck muss nun entscheiden, ob sie Rechtsmittel gegen den Freispruch einlegt. Aus der Einstimmigkeit des Urteils lässt sich ableiten, dass das Innsbrucker Schwurgericht davon ausgeht, dass der Mord an Leon von einer anderen Person als der Vater verübt wurde. Dieser sagte am Donnerstag vor Gericht: „Der Täter läuft frei herum. Ich mache mir Vorwürfe, meinen Sohn nicht besser beschützt zu haben“.

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