„Das Wir-Gefühl stärken“
Um ihr (verstaubtes) Image aufzufrischen und mehr BürgerInnen für die Sozialpolitik zu begeistern, haben die SVP-ArbeitnehmerInnen einen Coach engagiert. Das Ergebnis: Ein neuer Name und eine moderne Marke müssen her.
von Matthias Kofler
Es ist ungewöhnlich, dass eine politische Bewegung einen Coach anheuert, um an ihrem (Selbst-)Nild zu arbeiten. Die SVP-ArbeitnehmerInnen haben genau das getan. „Das Thema stand seit den Landtagswahlen im Raum, als wir beschlossen, diesen Reorganisationsprozess zu starten“, berichtet die Vorsitzende Magdalena Amhof. Es wurden zwei zentrale Fragen gestellt: „Wo stehen wir als sozialer Flügel der Südtiroler Volkspartei? Und welche Spuren wollen wir hinterlassen?“
Alle waren sich einig, dass eine Veränderung notwendig ist. Der Name „ArbeitnehmerInnen“ wirke nicht mehr zeitgemäß, meint deren Chefin. Eine neue Vision, eine überarbeitete Wertedefinition und neue Schwerpunkte seien erforderlich, um als entscheidende Stimme innerhalb der (wackligen) 18er-Mehrheit im Landtag zu agieren, findet Magdalena Amhof, die in der Landesregierung das Ressort „Arbeit, Personal und Europa“ betreut.
Die Kickoff-Veranstaltung zur Neuausrichtung fand am 1. Juni statt und markierte den Beginn einer wichtigen Phase für die sozialpolitische Ausrichtung der Partei. Der intensive Prozess erstreckte sich über fünf Workshoptage, wo jeweils von 14:30 bis 18:30 Uhr durchgetüftelt wurde. Ursprünglich waren 40 Sitzungen geplant, aber man entschied sich schnell für eine intensivere, aber konzentrierte Arbeitsweise. „Es war eine intensive und wertvolle Arbeit, die unsere Kommunikation und unser Wir-Gefühl gestärkt hat“, erinnert sich Amhof. Die Coaches gaben nur Anleitungen und ließen die Mitglieder aktiv mitarbeiten, was laut der Vorsitzenden zu „heftigen, aber fairen Diskussionen“ führte.
Der Workshop wurde von Anna Maria Pircher Friedrich geleitet, einer international gefragten Trainerin und Coach aus Südtirol. Pircher ist Lehrbeauftragte an der Universität St. Gallen berät seit über 30 Jahren Führungskräfte aus Wirtschaft, Schulen und Krankenhäusern im Bereich der Persönlichkeits- und Unternehmensentwicklung. Ihr zur Seite stand Andrea Klammer.
Eine zehnköpfige Taskforce wird nun die erarbeiteten Vorschläge in konkrete Maßnahmen umsetzen: „Die Landtagswahlen haben gezeigt, dass wir etwas ändern müssen, und das tun wir jetzt“, sagt Amhof. „Unser Ziel ist es, mit einem klaren Profil die BürgerInnen wieder mehr für den sozialpolitischen Flügel der Südtiroler Volkspartei zu begeistern.“
Während der Workshoptage wurde intensiv an den Grundwerten Freiheit, soziale Gerechtigkeit und Solidarität gearbeitet, die seit fast 50 Jahren das Fundament des SVP-Arbeitnehmerflügels bilden. Rund 25 Mitglieder des Landessozialausschusses und zahlreiche FunktionärInnen beteiligten sich aktiv an den Diskussionen und entwickelten neue Leitlinien.
„Politisches Engagement ist heute keine Selbstverständlichkeit. Wir stehen täglich vor neuen Herausforderungen, die innovative Lösungen und ein starkes Fundament verlangen. Mit dieser Neuausrichtung wollen wir sicherstellen, dass unsere politische Arbeit sichtbarer und klarer wird“, sagt Amhof.
Die Ergebnisse des Prozesses werden in den kommenden Monaten in die politische Arbeit einfließen. Es wurden bereits Themen wie würdiges und leistbares Wohnen und Leben, die Offenlegung und Bekämpfung offensichtlicher und versteckter sozialer Ungerechtigkeit und angemessene Löhne unter besonderer Berücksichtigung der hohen Lebenshaltungskosten in Südtirol identifiziert. Hierzu sollen konkrete Maßnahmen ausgearbeitet werden, mit denen die ArbeitnehmerInnen in die Landesregierung bzw. in den Landtag gehen wollen. Besonders akut sei der Bereich Wohnen, zu dem man noch vor Herbst, wenn die Behandlung des Sammelgesetzes im Landtag ansteht, SVP-Leitung und -Ausschuss ein Positionspapier mit Forderungen vorlegen wolle, betont Amhof.
Eine wichtige Erkenntnis aus dem Coaching lautet: Der Begriff „ArbeitnehmerInnen“ ist nicht mehr zeitgemäß. „Wir brauchen eine neue Marke und eine neue Art der Kommunikation, ohne unsere Werte zu verwässern“, weiß die Vorsitzende. Die Taskforce soll hierzu bis Oktober Vorschläge erarbeiten. „Wir wollen unsere Zielgruppe erweitern und Menschen ansprechen, die der bisherige Name abgeschreckt haben könnte“, sagt Amhof. Das Ziel sei, als Sozialflügel stark aufzutreten und die Menschen für die Sozialpolitik zu begeistern.
Nun gilt es, diese Leitlinien umzusetzen und die WählerInnen bei den Gemeindewahlen im kommenden Jahr zu überzeugen.
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