Pixar-Cash
Okay, ich hab’s getan, hab mir den neuen Pixar-Renner „Alles steht Kopf 2“ mit allem Drum und Dran samt 3D in der Nachmittagsvorstellung gegeben.
Von Renate Mumelter
Das war eine besondere Erfahrung. Gleich beim Eingang erkannte ich mein Außenseiter-Dasein, war ich doch die einzige, die nur mit Eintrittskarte und 3D-Brille in der Hand in den Saal kam. Alle anderen balancierten neben Karte und Brille auch noch Nachos mit Soße bzw. Popcorn bzw. beides und einen großen Becher Cola zum Sitz. Nach einigen Medienpartnerschaftswerbungen wurde ich von der Leinwand willkommen geheißen, zweisprachig „willkommen im“ und „benvenuto al“. Von letzterem fühlte ich mich weniger angesprochen, ein neutrales „benvenuti“ hätte mir besser gefallen. Dann kamen die Notausgangsanweisungen, und danach ging’s mit den Trailern los, vorwiegend animierten, bunt, laut und hektisch.
Kopfstehn
Schließlich war’s soweit und nach dem Aufsetzen der 3D-Brille stand die Geschichte 90 Minuten lang Kopf, wieder bunt, laut, hektisch und 3D-aufdringlich. Erzählt wurde von Riley, einem Mädchen, das in Folge 1 noch 11 Jahre alt war, jetzt in Folge 2 aber 13 wird und damit angeblich voll in der Pubertät hängt. Und weil das Konzept dieser „Alles-steht-Kopf“-Filme Innenleben zeigen will, wird’s küchenpsychologisch turbulent.
Bereits in Folge 1 personalisierte „Inside Out“ Rileys Gefühle wie Freude, Wut, Trauer, Ekel oder Angst. Jetzt in der Pubertät gesellen sich neue Gefühlstypen dazu wie der Neid, die Peinlichkeit und vor allem der Zweifel. Sie sitzen an der Kommandozentrale und dirigieren Rileys Leben. Ooooookay. Viele auch ernster zu nehmende Rezensionen nennen diesen zweiten Inside-Out-Film „den besten und komplexesten Pixar-Film seit vielen Jahren.“ Mag sein.
Großäugig
Nach der Vorstellung war ich echt müde, weil erstens das anstrengende 3D hier überflüssiges Beiwerk ist, weil zweitens die Figuren ununterbrochen geplappert haben, weil drittens die übliche Pixar-Hektik grassierte und weil viertens – und das ist mein ästhetisches Problem – auch hier die Augen so riesengroß gezeichnet sind wie es in japanischen Mangas der Fall ist. Das dient angeblich dazu, Gefühle leichter darstellen zu können. Was ich nicht wusste: Kinder, die im realen Leben überdimensionierte Augen haben, können an einem Glaukom leiden – das hat jetzt nichts mit dem Film zu tun.
Nix für kleine Kinder
„Inside Out 2“ bzw. „Alles steht Kopf 2“ wird derzeit flächendeckend in allen Kinos gezeigt und schießt mit seinen Einspielergebnissen durch die Decke. Das mag wohl damit zu tun haben, dass die Verleihfirmen im Sommer mit Angeboten sparen. Außerdem wird der Film als einer für Groß und Klein vermarktet.
Ich persönlich ziehe für Kinder andere Filme – meist mit echten Menschen und mit mehr Tiefgang – vor. Tiefgang kann übrigens leicht sein und darf lachen.
Kleine Kinder sind in diesem Film, der dem Publikum eine Flut von Bildern, Worten, Tönen überstülpt und dann noch komplexe Einsichten zu haben vorgibt, überfordert.
Les Indésirables
bietet ganz andere Kost. In Ladj Lys Spielfilm geht es um ein unerwünschtes Wohnviertel mit unerwünschten Menschen in einem Vorort von Paris, um Fremdenfeindlichkeit, Wut, die daraus entsteht, die Versuche, dem entgegenzuwirken und das Engagement einzelner. Am Montag auch in Originalfassung im Filmclub.
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