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Die Corona-Sommerwelle

Christian Wiedermann

Die Corona-Infektionszahlen steigen auch in Südtirol. Wie gefährlich sind die Sommer-Varianten Flirt- und die KP.3? Und wie zuverlässig sind die alten Tests bei den neuen Varianten?

von Artur Oberhofer

Der zur Zeit berühmteste Patient ist Joe Biden. Der US-Präsident wurde positiv auf Corona getestet.

So wie in den USA steigen auch in Europa die Corona-Infektionszahlen wieder an. Dies bestätigt Christian Wiedermann, Forschungskoordinator des Südtiroler Instituts für Allgemeinmedizin und Public Health.

Corona und Sommer: Wie passt das zusammen?

Der derzeitige Anstieg der Corona-Zahlen sei auf mehrere Faktoren zurückzuführen, erklärt Christian Wiedermann.

Neue, ansteckendere Virusvarianten würden sich schneller verbreiten. „Viele Menschen haben ihren Impfschutz nicht aufgefrischt – das erhöht die Anfälligkeit“, weiß der Mediziner Wiedermann. Sommerliche Tätigkeiten und größere Veranstaltungen mit Menschenansammlungen förderten zudem die Verbreitung des Virus. „Wir erleben derzeit eine Corona-Sommerwelle. Ähnliche Entwicklungen wurden in anderen Regionen beobachtet, wo Sommeraktivitäten und Reisen die Ausbreitung fördern. Auch in Südtirol tragen diese Faktoren zur Zunahme der Corona-Infektionen bei“, sagt Christian Wiedermann.

Die kollektive Gleichgültigkeit

Trotz steigender Fallzahlen sei das öffentliche Interesse an Corona schwach ausgeprägt. „Nach über drei Jahren Pandemie sind viele Menschen diesbezüglich müde und betrachten das Virus als Teil des normalen Alltags. Diese Normalisierung führt dazu, dass die Bedrohung weniger ernst genommen wird. Zudem hat die Verfügbarkeit von Impfstoffen und einer wirksamen Behandlung das Gefühl der Sicherheit erhöht, weshalb viele glauben, gut geschützt zu sein und ein geringes Risiko für eine schwere Erkrankung zu haben“, sagt Wiedermann.

Corona-Symptome im Sommer 2024

Seltsame Kopfschmerzen, Müdigkeit und Fieber können auf COVID-19 hinweisen, haben aber auch andere mögliche Ursachen. „Diese Symptome ähneln oft Erkältungs- und Grippeviren, sodass Hausärztinnen und Hausärzte abwägen, ob ein Corona-Test nötig ist“, erklärt Christian Wiedermann. „Paxlovid wäre ein wirksames Mittel für RisikopatientInnen in den ersten fünf Tagen der Infektion. Aber schon während der Corona-Pandemie wurde es nicht in gewünschtem Maße genutzt“, weiß Wiedermann. Auch Joe Biden wird mit Paxlovid behandelt.

Neue Corona-Varianten

In diesem Sommer zirkulieren mehrere neue COVID-19-Varianten, besonders die Flirt- und KP.3-Variante. „Die Flirt-Variante, erstmals in den USA identifiziert, verbreitet sich schnell weltweit und verursacht mildere bis moderate Symptome“, erläutert Wiedermann. Die KP.3-Variante zeigt eine hohe Übertragungsrate und ähnliche Symptome wie frühere Omikron-Varianten. Beide Varianten führen zu einem schnelleren Anstieg der Infektionszahlen. „Obwohl die Symptome oft mild bleiben, ist Wachsamkeit, insbesondere für Risikopatienten, wichtig“, unterstreicht Christian Wiedermann.

Zuverlässigkeit der Corona-Tests

Die Flirt- und die KP.3-Variante scheinen weniger gut von den aktuellen Antigen- Schnelltests erkannt zu werden, was zu einer höheren Anzahl falsch-negativer Ergebnisse führen kann. „Das heißt, dass eine Corona-Infektion trotz eines unauffälligen Testergebnisses vorliegen kann“, erklärt Christian Wiedermann. Dies mache vermehrte PCR-Tests notwendig, um genaue Diagnosen stellen zu können.

Impfschutz und Auffrischungen

Die durch Impfung und Infektion erworbene Immunabwehr aus den letzten Jahren biete weiterhin einen guten Schutz vor schweren COVID-19-Verläufen. „Auffrischungsimpfungen sind notwendig, um den Schutz aufrechtzuerhalten und zu optimieren, besonders für gefährdete Gruppen“, betont Wiedermann. Personen, deren letzte COVID-19-Impfung oder -Infektion mehr als sechs Monate zurückliegt, sollten sich angesichts der derzeitigen Sommerwelle schützen und ihre Impfung auffrischen lassen. COVID-19-Schutzimpfungen weiterhin möglich. Interessierte können sich an ihren Hausarzt wenden.

Prävention für den Sommer

„Bei Erkältungs- oder Grippesymptomen ist es wichtig, daheim zu bleiben und eine Maske zu tragen, wenn das Haus verlassen werden muss“, empfiehlt Crhistian Wiedermann. Masken sollten in geschlossenen und schlecht belüfteten Räumen sowie bei großen Menschenansammlungen genutzt werden. „Treffen im Freien oder in gut belüfteten Innenräumen reduzieren das Infektionsrisiko erheblich. Regelmäßiges Händewaschen und Desinfizieren sind einfache, aber effektive Maßnahmen zur Verringerung einer Infektion“, betont Wiedermann.

Langzeitfolgen nach einer Corona-Infektion

COVID-19 verändert das Immunsystem auch lange nach der Krankheit. Langzeitfolgen, auch bekannt als Long Covid, sind zu vermuten, wenn Symptome zwölf Wochen nach einer Corona-Infektion weiterhin bestehen oder neu auftreten. Schwere akute Infektionen, Vorerkrankungen und höheres Alter erhöhen das Risiko für Langzeitfolgen, erklärt Christian Wiedermann.  Eine aktuelle Studie der Medizinischen Universität Wien zeige, dass Menschen, die sich von COVID-19 erholt haben, noch Monate später weniger Immunzellen und andere Wachstumsfaktoren im Blut aufweisen. „Diese Veränderungen könnten erklären, warum einige Menschen LongCovid-Symptome haben. Die Forscherinnen und Forscher denken, dass das Virus das Knochenmark, das Immunzellen produziert, langfristig schädigen kann“, erklärt Wiedermann.

 

Laut Christian Wiedermann hat Südtirols Gesundheitssystem wichtige Lehren aus der Corona- Pandemie gezogen und Strukturen etabliert, um auf Gesundheitskrisen der (nahen) Zukunft schnell und effektiv reagieren zu können. Die derzeitige Ausbreitung des Vogelgrippevirus H5N1 auch unter Milchkühen in den USA erfordere ständige Wachsamkeit: „Bisher haben keine leichten Übertragungen von Mensch zu Mensch stattgefunden, aber veterinärmedizinische Kontrollen sind entscheidend, um eine weitere Verbreitung der Vogelgrippe zu verhindern“, erklärt Wiedermann. In der EU – und damit auch in Südtirol – seien hygienische Maßnahmen verstärkt worden, um die Ausbreitung des Virus unter Tieren zu kontrollieren und so das Mutationsrisiko und indirekt die Übertragungen auf den Menschen zu verhindern.

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