Fahren ohne Fahrer
Das Südtiroler Transportunternehmen Gruber Logistics beteiligt sich an einem von der EU geförderten Projekt zur Entwicklung des automatisierten Warentransports.
von Tobias Egger
Am Traum des automatisierten Güterverkehrs wird weiterhin gearbeitet – und mit dabei ist eine Transportfirma aus Südtirol, Gruber Logistics. Durch ein Projekt namens MODI soll diese Vision Realität werden, indem die Hürden der Inbetriebnahme neuer Technologien mit entsprechenden Testverfahren aus dem Weg geräumt werden. Ob der Schwertransport in Zukunft wirklich selbstständig ablaufen wird, wird sich zeigen.
MODI ist ein grenzüberschreitendes Leuchtturmprojekt der Europäischen Union, welches das Ziel verfolgt, innovative automatisierte Technologien im Bereich Logistik einzubringen. Umgesetzt wird es über die Non-Profit-Organisation CCAM (Connected, Cooperative & Automated Mobility), welche in Partnerschaft mit der EU die Entwicklung neuer nachhaltiger und automatisierter Mobilität fördert.
Hinter dem 42-wöchigen EU-Projekt steckt ein knapp 28 Millionen Euro großes Budget, wovon rund 23 Millionen Euro von der EU zur Verfügung gestellt werden.
Die Initiative vereint insgesamt 34 Partner, sprich Organisationen und Unternehmen, aus acht Ländern. Unter den industriellen Partnern finden sich neben Gruber Logistics große internationale Unternehmen wie Volvo, DAF oder der schwedische Hersteller Einride, welcher sich auf intelligente elektrische Transportfahrzeuge spezialisiert. Darüber hinaus beteiligen sich öffentliche Partner wie die Stadt Hamburg, Hafenanlagen, Hafenbetriebsgesellschaften, Industrienetzwerke, Forschungszentren, Universitäten und verschiedene Behörden an MODI.
Erste konkrete Testdaten ergeben sich aus den kürzlich abgeschlossenen Fahrten auf dem CCAM-Korridor von Rotterdam nach Oslo. Bei dieser Testfahrt war Gruber Logistics, ein international tätiges Transportunternehmen aus Auer dabei, welches zwischen dem 10. und 14. Juni einen Referenztest auf der 3400 Kilometer langen Strecke durchführte und dabei Infrastrukturen verschiedener Länder durchquerte.
Gruber Logistics kooperierte mit dem niederländischen Nutzfahrzeughersteller DAF und den Forschungsorganisationen Q-Free sowie SINTEF. Bisher fahren die Lkws nicht autonom, wie Ettore Gualandi, Projektmanager für Innovation bei Gruber Logistics im Gespräch mit der TAGESZEITUNG erklärt: „Bislang wurde eine Reihe von Tests zur Datenerfassung und zur Definition von Szenarien mit einem herkömmlichen Lkw mit Fahrer durchgeführt.“
Der neu auf den Markt gebrachte DAF-Lkw wurde mit dem neuesten Fahrerassistenzsystem (ADAS) und modernsten Sensoren ausgestattet. Dazu gehören Kameras zur Aufzeichnung relevanter Daten während des Transports, welche die Firma Q-Free, die als Expertin im Bereich Maut- und Verkehrsmanagement gilt, bereitstellt. Das in Norwegen stationierte Forschungsinstitut SINTEF arbeitet nun daran, zu beurteilen, ob die Qualität der Daten auf der definierten Strecke für das zukünftige automatisierte Fahren der Stufe 4 ausreicht. Diese Stufe bedeutet einen hohen Automatisierungsgrad mit einem System, das in der Lage ist, die Kontrolle über das Fahrzeug dauerhaft zu übernehmen, wobei der Fahrer nur dann einspringen muss, wenn das System ausfällt. „Die autonomen Funktionen werden derzeit entwickelt und die ersten Vorführungen werden Mitte 2025 stattfinden“, so Ettore Gualandi.
Die Testfahrzeuge mussten Herausforderungen wie die Fahrt von der Autobahn ins Stadtzentrum, das Überqueren von Kreuzungen oder die Einfahrt in Sperrgebiete wie Häfen bewältigen. Trotzdem werden laut dem Spezialisten für Innovation und Projekte beim MODI-Projekt keine Schwerfahrzeuge für den Innenstadtraum entwickelt, zumal dafür ein technologisch fortgeschritteneres Umfeld nötig wäre.
„Das komplexe europäische System zu automatisieren, ist durch die Konfrontation mit verschiedenen Infrastrukturen herausfordernd. Straßenschilder, Sprachen, Mautsysteme, Geschwindigkeitsbegrenzungen und Straßenverkehrsgesetze sind nur einige der Unterschiede, denen man bei diesen grenzüberschreitenden Fahrten begegnet und die eine Anpassung des Fahrzeugverhaltens erfordern“, erklärt Gualandi. Mit dem Aufkommen des automatisierten Fahrens werden solche Anpassungen ohne menschliches Zutun erfolgen müssen.
Die Teilnahme an MODI sei Teil der kontinuierlichen Investitionen in Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die Gruber Logistics vornimmt. „Innovation ist ein Pfeiler der Unternehmensstrategie. Die Vorreiterrolle bei innovativen Technologien und Lösungen ermöglicht es, den Fortschritt zu beherrschen und konkrete innovative Lösungen auf den Markt zu bringen“, sagt Gualandi. Laut ihm ist das Projekt ein Erfolg, wodurch das Unternehmen lernt, die Technologie in Zukunft effizient nutzen.
Außerdem nimmt Gruber Logistics am im Juni gestarteten EU-Projekt AUTOSUP (AUTOnomous Multimodal SUPply Chains) teil, welches die Prozessautomatisierung in multimodalen Lieferketten erforscht und die Digitalisierung und Automatisierung der Logistikbranche einschließlich emissionsfreien Güterverkehrs fördert.
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